Kapitel 12: Beerdigung

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Ich wachte etwa gegen sieben Uhr morgens auf. Die Sonne schien leicht durch den geschlossenen Vorhang und ich konnte die Vögel zwitschern hören. Im Grunde genommen war es ein traumhaft schöner Morgen, aber der Gedanke an die Beerdigung machte mich traurig. Ich stand auf und ging duschen. Das Wasser fühlte sich ungewöhnlich kalt an, aber ich war zu sehr mit den Gedanken woanders. Vor dem Spiegel überlegte ich wie ich mir die Haare machen sollte. Ich mochte sie gerne offen, aber meine Mum hat immer gesagt, dass mir eine Hochsteckfrisur gut steht, aber ich hatte mich immer strikt geweigert auch nur irgendwas mit meinen Haaren machen zu lassen. Ich entschied mich für eine Hochsteckfrisur, weil es Mum gefallen hätte. Ich zog mir erstmal eine Jogginghose an und nahm mir meinen Walkman und setzte mich auf den Balkon mit einem Bild meiner Mum. Ihr strahlendes Lächeln hatte ich von ihr. Der Garten sah sehr schön aus und der Wind lies die Ecken leicht erzittern. Noch nie hatte ich mich so einsam gefühlt. Ich weiß nicht wie lange ich so dasaß, aber nach einer halben Ewigkeit kam Draco in mein Zimmer. Im Schafanzug stand er an den Türrahmen gelehnt und man musste schon sagen, dass ihm die normalen, nicht nach hinten gegelten Haare gut standen. „Wie lange sitzt du schon da?" Ich wischte mir schnell die Tränen weg, bevor ich aufsah. „Weiß nicht.", murmelte ich. „Mutter möchte, dass du dich langsam fertig machst. In einer Stunde kommt dein Vater. Es ist übrigens schon zehn. Nur damit du das weißt." „Ja. Ich bin gleich unten." Er strich sich das Haar aus dem Gesicht und verließ den Raum. Ich seufze und zog mir das Kleid an. Weil ich die Schuhe nicht finden konnte, lief ich barfuß nach unten. „Ach da bist du ja Jane.", kam mir Narzissa gleich entgegen. „Das Kleid steht dir toll. Du musst aber noch etwas essen." „Ja mach ich gleich, aber ich muss vorher meine Schuhe finden.", sagte ich und gerade in dem Moment tauchte Dobby mit meinen Schuhen in der Hand auf. „Dobby hat die Schuhe gefunden Miss. Dobby dachte er sollte lieber noch den Schmutz von den Schuhen machen, weil sie unter einen staubigen Schrank gerutscht waren." „Danke Dobby.", sagte ich und nahm die Schuhe entgegen. „Ach so Mis. Malfoy. Ich wollte sie noch fragen, ob sie mir die Haare hochstecken würden, es war immer ein Wunsch meiner Mom, dass ich mir mal das Haar hochstecke, aber ich habe mich immer geweigert, deshalb würde ich das gerne heute machen. Natürlich nur wenn sie nichts dagegen haben.", fragte ich noch bevor Dracos Mutter aus dem Raum verschwinden konnte. „Aber gerne. Und du kannst mich Narzissa nennen, immerhin wohnst du jetzt hier und bist ja keine Angestellte oder ein Elf." „Danke.", antwortete ich und ich fand, dass so wie man hier über Elfen sprach, klang es als sein sie Ungeziefer. Dabei arbeiteten sie sehr hart. Bevor mir Narzissa die Haare machte, zwang sie mich etwas zu essen, obwohl ich keinen Hunger hatte und natürlich musste ich schon einen halben Liter Blut trinken. Während ich das tat, wurde ich mit angewiderten Blicken von Lucius und Draco überschüttet, was die Situation nicht gerade einfacher machte. Narzissa war die Einzige, die dafür Verständnis hatte.

Punkt Elf kam mein Vater um mich abzuholen. Lucius ließ ihn ins Haus, weil Narzissa noch mit den Haarnadeln kämpfte, weil sie meine Haare als etwas widerspenstig erwiesen. Als mein Vater mich sah, hob er erstaunt die Augenbrauen. „Ich dachte du hasst es dir auch nur einen Zopf zu machen und jetzt lässt du dir die Haare hochstecken?" „Es hätte Mum gefallen.", antwortete ich kurz und jetzt sah ich auch die Trauer in Dads Augen. Meine Eltern mochten zwar nie zugegeben haben, dass die etwas für einander empfanden, aber jetzt war wieder einer dieser Momente, wo ich ihnen das nicht abkaufte. „Fertig.", sagte Narzissa triumphierend und sah sich ihr Meisterweck noch einmal genau an. Ich stand auf und holte mit ein kleines schwarzes Jäckchen. Als ich zu meinem Vater ging, merkte ich wie ich von Draco beobachtet wurde und als ich ihn kurz ansah, wandte er den Blick ab. Vermutlich hatte er Angst, dass ich wieder solche roten Augen bekommen würde. Ich bedankte mich noch bei seiner Mutter für die Frisur und dann apparieten Dad und ich schon zum Friedhof. Dort angekommen, fanden wir Prof. Dumbledore, McGonagall und auch Hagrid vor, die auf der Bank vor dem Grab saßen. Wobei man erwähnen musste, dass Hagrid eine Bank für sich hatte und ich war sehr erstaunt, dass diese auch nicht zusammenbrach. Der Priester der die Rede hielt, war sichtlich über Hagrids Größe verwundert, sagte aber nicht. „Sind dann alle anwesend?", fragte er und mein Vater nickte zustimmend. Erst jetzt fiel mir auf, dass sonst keiner da war. Mum schien so vertieft in ihre Arbeit gewesen zu sein, dass sie nicht einmal enge Freunde hatte. Ich musste aber zugeben, dass ich diese kleine Runde hier sehr viel angenehmer fand, als wenn jetzt noch viele andere hier wären. Der Priester redete über Mums Leben und dass sie viel zu früh gestorben sein. Er sagte, dass sie an einer Krankheit gestorben sei, obwohl jeder der hier anwesenden die Wahrheit kannte. Aber man konnte ja schlecht einem Priester sagen, dass Vampire und der gleichen existierten. Die Rede war schön und ich war die Einzige, die nicht aufhören konnte zu weinen. Hagrid fing zwar auch an, hörte riss sich aber zusammen, als er merkte, dass er sehr laut weinte und McGonagall einen Stoß mit dem Ellenbogen in die Seite verpasste. Zum Schluss durften wir alle an ihr Grab und Rosenblätter, oder Erde über den Sarg streuen. Der Sarg war weiß, mit schönen goldenen Verzierungen, aber der Grabstein war einfach grau, ohne irgendwelche Muster. Als ich zum Sarg ging legte ich ein paar Rosenblätter auf den Sarg und auch ein Foto von Dad, Mum und mir, das wir an ihrem Geburtstag gemacht hatten. Zusätzlich packte ich noch einen Brief dazu, den ich geschrieben hatte. Ich hatte ihn kurz bevor ich von Draco geholt wurde geschrieben.

„ Hallo Mum,

ich schreibe dir diesen Brief, weil ich dir eigentlich noch so viel zu erzählen habe, dass zwanzig Pergamentrollen nicht ausreichen würden. Als erstes möchte ich mich für mein Verhalten entschuldigen, wie ich war, bevor ich zu Hannah in die Winkelgasse gegangen bin. Du hattest ja vollkommen recht, dass man nicht in die Nockturn Alley gehen soll und ich verspreche dir, dass ich das nicht gemacht habe und auch immer versuchen werde zu vermeiden, auch wenn ich zugeben muss, dass ich schon sehr gerne wissen würde, ob es dort wirklich so schlimm ist, oder nur blödes Gerede ist. Auf alle Fälle war es ein schöner Tag in der Winkelgasse. Hannah und ich haben viel gekauft, sogar schon unsere Schulbücher. Die arme Hannah hat Eltern, die nie da sind und deshalb sind ihre Ferien relativ langweilig. Ich bin froh, dass du immer da warst. Zwar war Dad nicht so oft da, aber ich denke jetzt wo du nicht mehr da bist, wird er mich öfter sehen, als in zwei Jahren zusammen.

Meine Welt ist ohne dich ganz schön aus dem Ruder gelaufen. Alle meinen, dass ich Glück hatte, dass ich nicht tot sei und auch kein Vampir, sondern nur ein Halbvampir sei, aber ich fühle mich grauenhaft. Ich bin jetzt jemand, der sich von dem Blut von anderen Lebewesen ernähren muss. Ich weiß, dass du Vegetarierin bist, deshalb ist es für dich wahrscheinlich am schlimmsten zu hören, dass ich in den letzten Tagen über zwei Liter Hirschblut getrunken habe. Aber Spaß bei Seite.

Ich vermisse dich. So wie noch nie zuvor und die Vorstellung, dass ich dich nie wieder umarmen kann, ich nie wieder deine Vorträge höre, wenn ich etwas Dummes gemacht habe und du mich nie wieder an meinem Geburtstag wecken wirst macht mich unendlich traurig und glaub mir Dad vermisst dich auch. Zwar hab ihr immer gesagt, dass ihr nicht ineinander verliebt seid, aber wenn ich ehrlich bin glaube ich das nicht. Ich liebe dich und vermisse dich. Wo auch immer du gerade bist. Ich hoffe du unterstützt mich und bist stolz auf mich.

Deine Tochter Jane"

Nach der Beerdigung wurde mir von allen noch Beileid gewünscht und ich blieb noch eine ganze Weile am Grab stehen. „Jane. Alles in Ordnung?", fragte mein Vater, als er mit mir zurück zu den Malfoys gehen wollte. „Ich vermisse sie.", flüsterte ich. Eine Weile lang sagte Dad nichts. „Ich denke sie vermisst dich auch.

Dann nahm er meinen Arm und zog mich sachte vom Grab weg.



Hexe, Halbblut, HalbvampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt