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Allmählich wacht er auf. Vom vielen Weinen tun seine Augen weh. Langsam steht Legolas auf und verlässt die Halle. Er läuft durch die verlassenen Gänge und erreicht schließlich den Stall.
Drinnen wiehert ihm Arod zu, was ihn zum lächeln bringt. Er geht auf das Pferd zu und streichelt es liebevoll am Hals. Vor Arod muss Legolas seine Gefühle nicht verstecken, er kann sie ganz offen zeigen. Eine Träne läuft se8ne Wange hinunter, doch das stört ihn nicht. Wäre noch jemand ausser den Pferden hier, würde er sie sofort verbergen.
Plötzlich spürt Legolas, wie das andere Pferd leicht unruhig ist. Es hat den Blick starr auf die Tür gerichtet. Diese öffnet sich und Tauriel kommt herein. Sie scheint Legolas nicht zu bemerken und läuft direkt auf ihren Hengst zu. "Mellon nin Astaldo.", flüstert sie leise. Arod schnaubt leicht gegen Legolas' Rücken und zieht so Tauriels Aufmerksamkeit auf sie beide. Sie schaut hoch und sieht Legolas verwundert an. Dann sieht sie seine Tränen. "Legolas, du... weinst ja...", sagt sie leise. Langsam geht sie auf ihn zu. Als sie vor ihm steht, hebt sie zögerlich eine Hand, lässt diese jedoch wieder sinken.
Lange stehen sie sich so gegenüber. Keiner wagt es, etwas zu sagen. Die Stille, die sich ausgebreitet hat, ist drückend und doch irgendwie schön und friedlich. Schließlich bricht Tauriel die Stille und sagt: "Dich bedrückt etwas, mein guter Freund. Leigne es nicht, ich sehe es in deinen Augen. Komm mit mir und erzähle mir, was dich bedrückt." So läuft sie aus dem Stall und Legolas hat keine andere Wahl, als ihr zu folgen. Sie führt ihn durch die vielen Gängen, über Terassen und durch kleinere Hallen, bis sie auf einen Platz kommen, der Legolas unheimlich bekannt vorkommt. In der Mitte steht ein kleiner runder Tisch und außen rum stehen viele Stühle. Ja, Legolas ist sich sicher, dass dies der Ort war, wo die Gemeinschaft des Ringes gegründet wurde. Doch warum hat Tauriel ihn ausgerechnet hierher geführt?
"Wie wäre es, wenn du hier anfängst? Oder noch weiter zurück? Gundabat?", fragt sie ihn. Geschpckt sieht er sie an. "Woher...?" "Mellon, du hast mir von deiner Mutter erzählt. Und... von der Gemeinschaft des Ringes weiss ich auch. Doch das tut nichts zur Sache. Was liegt dir auf dem Herzen?" Und so beginnt Legolas zu erzählen: "Du weisst, dass meine Mutter starb, als ich sehr jung war. Mein Vater distanzierte sich und interessiert sich bis heute nicht für mich. Dann... bist du in mein Leben getreten und hast mich wieder aufgebaut. Doch mein Vater verbannte dich und hätte dich beinahe getötet. Ich will nicht wissen, was geschehen wäre, wenn ich nicht gekommen wäre... Dann bist du vor meinen Augen fast gestorben... wie du dann neben ihm gekniet hast, hat mich zerstört. Ich konnte dich nicht weinen sehen. Ich ging. Doch nicht zurück in den Düsterwald, sondern ziellos durch Mittelerde bin ich gereist. Dann kam die Zeit der Gemeinschaft des Ringes. In vielen Schlachten musste ich sehen, wie Freunde von mir starben. Tauriel, es hat mich kaputt gemacht. Ich fühle mich im Düsterwald nicht mehr wohl... Und doch muss ich noch einmal in meinem Leben dorthin. Mein Vater will nur mich als Thronerben, niemanden sonst.
... Früher wollte ich unbedingt König werden, doch jetzt denke ich darüber ganz anders. Ich weiss nicht, ob ich ihm diesen Gefallen machen kann. Vielleicht ist es wenn dann der einzige. Denn ich werde niemals heiraten oder gar Vater werden. Diese Entscheidung habe ich vor beinahe 50 Jahren getroffen. Und ich fürchte, niemand kann mich umstimmen... Ich habe mein eigentliches Leben schon nach der Schlacht der fünf Heere aufgegeben und habe nur nach außen hin einen fröhlichen lebhaften Elben gespielt. Doch diese Fassade ist nun entgültig gefallen, als du mich hast weinen sehen." Tauriel schweigt. Damit hat sie nicht gerechnet. Legolas tut ihr leid. Nach solchen Erlebnissen würde sie auch nicht mehr unbedingt leben wollen. Es macht sie traurig zu wissen, dass Legolas sein Leben egal ist. "Das tut mir so leid, Legolas... so leid..." Dann zieht sie ihn in eine Umarmung. Sie fasst den Entschluss, ihm von nun an zur Seite zu stehen.

Ruf des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt