Kapitel 15

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Es war tot. Ihr Junges war tot. Es hatte nicht einmal seinen ersten Atemzug tun dürfen. Warum tat der SternenClan ihr das an? Flammenblüte hatte ihren Clan verlassen, ihre Familie. Und alles nur um den Willen des SternenClans zu erfüllen und so dankte er es ihr? Er lies ihr Junges sterben? Einfach so, ohne Grund? Trauer über den Tod ihrer kleinen Tochter vermischte sich mit Wut. Eine leere Dunkelheit umfing sie, aber Flammenblüte wusste, dass sie träumte.

"BLAUSTERN! TÜPFELBLATT!", jaulte sie wütend, "ihr bewegt jetzt sofort eure krähenfraßfressenden Pfoten hier her in meinen Traum." Es war der Kätzin vollkommen egal, was der SternenClan von ihrer Anrede halten wollte. Sie hatten ihr Junges getötet! Tüpfeljunges hätte sie es genannt. Zu ehren der Kätzin, die ihren Vater so sehr geliebt hatte. Aber jetzt würde sie es sicherlich nicht mehr nach einer Katze benennen, die zuließ, dass ihre Tochter starb.

Die leere Dunkelheit wurde plötzlich von Nebel durchzogen und dann spürte Flammenblüte Stein unter ihren Pfoten. Sie befand sich auf einmal  in einer großen Höhle und Steine, die aussahen wie Zähne, wuchsen von der Decke und vom Boden. Auf dem steinigen Boden bildeten sich einige kleine Pfützen. Die flammenfarbene Kätzin schaute sich verwirrt um und stand langsam auf. Wo war sie hier gelandet? Es musste in den Bergen sein, denn am See gab es keine solch großen Höhlen.

Hinter einigen Felsen konnte sie plötzlich Stimmen hören und langsam schlich sie darauf zu. "Wenn wir eines ihrer Leben nehmen...", murmelte eine entfernt bekannte Stimme "Das geht nicht. Sonst würde Moosjunges heute auch noch leben", entgegnete eine andere, die ihr bekannter war, aufgebracht. "Sie ist so traurig und wütend", warf eine sehr vertraute Stimme ein. "Ich war auch traurig und wütend. Sie wird darüber hinweg kommen", antwortete die Kätzin, die auch davor schon gesprochen hatte. "Es hat keinen einzigen Tag gelebt", flüsterte eine andere. "Immer noch besser, als blind zu sein, wie Blattsees Junges, oder nicht?" "Es wird hier leben" 

Flammenblüte erkannte nach kurzem überlegen die Stimmen von Blaustern und Tüpfelblatt... und die von Schlammfell! Die vierte konnte sie aber nicht identifizieren. Vorsichtig blickte die Kätzin hinter den Felsen und schaute direkt in Schlammfells bernsteinfarbene Augen. "Flammenblüte" schnurrte er, kam hinter dem Felsen hervor und drückte seinen Kopf an ihre Schulter. "Schlammfell" miaute die Kätzin mit erstickter Stimme. Sie hatte nicht erwartet den Kater vor ihrem eigenen Tod noch einmal zu sehen. Er war ein SternenClan-Krieger, fiel ihr in diesem Moment ein. Er hatte zugelassen, dass Tüpfeljunges starb!

Sie schreckte vor ihm zurück. Der hellgraue Kater warf ihr einen traurigen Blick zu. Drei weitere Katzen waren hinter dem Felsen hervorgekommen: Eine schildpattfarbene, eine blaugraue und eine hellgraue Kriegerin. Verwundert erkannte Flammenblüte Federschweif neben Blaustern und Tüpfelblatt. In den Augen der vier SternenClan-Katzen konnte die flammenfarbene Königin aufrichtige Trauer lesen, aber das machte sie nicht weniger wütend. "Ihr habt meine Tochter sterben lassen", fauchte sie ungehalten. Tüpfelblatt warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. "Der SternenClan kann nichts am Tod einer Katze ändern und kann auch nicht entscheiden, wann es für eine Katze so weit ist sich uns anzuschließen." Die Erklärung der schildpattfarbenen Heilerinleuchtete der Kätzin zwar ein, aber sie war trotzdem unglaublich wütend und traurig. "Ihr müsst doch irgendetwas tun können", knurrte sie verzweifelt. Blaustern meldete sich räuspernd zu Wort. "Oh, glaub mir, Flammenblüte, das habe ich alles schon vor vielen Blattwechseln probiert. Meine Tochter Moosjunges musste sich auch viel zu früh dem SternenClan anschließen, aber man kann es nicht ändern!" Niedergeschlagen nickte Flammenblüte, ihre Kehle war wie zugeschnürt, es fiel ihr sogar schwer zu schlucken. "Könnt ihr nicht mein Leben für ihres geben?", bat sie vollkommen ernst. Wenn ihr Junges dafür leben dürfte, erschien ihr das als fairer Handel "Vielleicht...", begann Federschweif mit sanfter Stimme zu sprechen, aber Blaustern unterbrach sie. "Nein das geht nicht", fauchte sie die junge hellgraue an und fuhr ihr mit der Schwanzspitze über die Schnauze. 

"Was geht nicht?" Flammenblüte schöpfte etwas neuen Mut. Federschweif hatte irgendeine Idee gehabt, die ihr vielleicht helfen könnte. "Ich habe mich gefragt, ob man eines der Leben eines Anführers eintauschen könnte", miaute die Kätzin, die gestorben war, um den Stamm des eilenden Wassers zu retten. Das brachte die flammenfarbene Kätzin leider nicht weiter. Es war in den Bergen weit und breit kein Anführer mit neun Leben, geschweige denn einer, der bereit war ein Leben für Tüpfeljunges zu opfern. Blaustern miaute niedergeschlagen: "Wenn das wirklich gegangen wäre, hätte ich eines meiner Anführerleben für Moosjunges geopfert. Glaub mir. Es geht nicht"

Es geht nicht. Traurig nickte Flammenblüte ein weiteres mal. "Wird Tüpfeljunges denn in den SternenClan aufgenommen, wenn es noch nicht einmal seinen ersten Atemzug getan hat?", fragte sie hoffnungsvoll. Sie würde es nicht ertragen, wenn das Junge noch nicht einmal zum SternenClan dürfte. Es hatte ein Leben verdient! "Natürlich", schnurrten die vier Katzen gleichzeitig. Plötzlich begann Sternenstaub an der Decke der Höhle zu wirbeln und eine kleine Gestalt erschien. Eine kleine hellgraue Kätzin mit roten Tupfen erschien. Es war Tüpfeljunges! Überrascht schnappte Flammenblüte nach Luft. "Tüpfeljunges", hauchte sie erstaunt, sie wusste nicht, wann sie beschlossen hatte, ihrer Tochter doch diesen Namen zu geben. "Mami", miaute das Junge mit heller Stimme. Die Kätzin schluchtzte auf. Sie rannte auf ihre Tochter zu und leckte der Kleinen über den getupften Kopf. Hinter ihr waren auch die SternenClan-Katzen zu dem Jungen gelaufen.

"Flammenblüte, dein Traum endet bald, weil Ahornjunges und Glutjunges Hunger haben. Wir müssen noch schnell etwas mit dir bereden", miaute Blaustern. Flammenblüte setzte sich hin und drückte ihr winziges Junges gegen sich. "Gut. Fang an" miaute sie, während sie Tüpfeljunges liebevoll anschaute. "Ihr müsst so bald wie möglich weiter. Folge der letzten Reise", meinte Tüpfelblatt. Flammenblüte nickte, obwohl sie nicht wirklich wusste, wie sie der letzten Reise folgen sollte.

Federschweif und Schlammfell setzen sich neben Flammenblüte auf den steinigen Boden. Die beiden tauschten einen unsicheren Blick. Leise miaute Federschweif schließlich unsicher: "Ich würde sie aufziehen, Flammenblüte, und wie mein eigenes Junges lieben." "Und ich würde ihr helfen", ergänzte Schlammfell. Die Kätzin, die vollkommen überrumpelt war, wusste nicht, was sie davon halten sollte. Federschweif und Schlammfell wollten Tüpfeljunges adoptieren? Hieß das also, die beiden wollten Gefährten werden und ihr Junges aufziehen? Oder hatte sie das falsch verstanden? "Schlammfell, es ist okay, wenn du Federschweifs neuer Gefährte wirst. Schließlich habe ich auch Regenpelz genommen", miaute sie kurz entschlossen und Schlammfell senkte den Blick. Dann nickte er. "Es macht dir sicher nichts aus?", miaute Federschweif fragend, ihr schien die Situation mehr als peinlich zu sein. "Nein es ist okay. Ihr dürft Tüpfeljunges aufziehen. Behandelt sie wie eure eigene Tochter. Versprecht ihr mir das?" "JA", miauten die beiden einstimmig.

Langsam verblasste die Höhle um Flammenblüte herum und die SternenClan-Krieger lösten sich auf. "Ich werde immer über dich wachen Mami", jaulte die helle Stimme von Tüpfeljunges aus dem Hintergrund, dann löste sich der Traum auf.


Eine Nase stupste ihren Kopf an und Flammenblüte hörte mehrere besorgte Stimmen. "Wach auf, Flammenblüte. Bitte wach auf", flüsterte Regenpelz neben ihrem Ohr. Zögernd schlug sie die Augen auf, sah jedoch  nur Schatten. In der Höhle war es so dunkel, wie in tiefster Nacht. Wohlmöglich war es auch tiefste Nacht, schoss es Flammenblüte durch den Kopf. Als sich ihre Augen einigermaßen an das Licht gewöhnt hatten, konnte sie die Silhouetten von Regenpelz, Staubwolke, Herbst, Glutjunges und Ahornjunges und auch den von Tüpfeljunges totem Körper sehen. Ihre Trauer und Wut war aufgrund des Traumes sehr viel geringer. Ihre Tochter war beim SternenClan und  Federschweif und Schlammfell würden sich um sie kümmern, das war mehr, als sie sich erhoffen konnte.

Ihre beiden lebenden Jungen drückten sich an ihren Bauch und tranken gierig ihre Milch. Flammenblüte räusperte sich und sofort sahen sie Staubwolke, Regenpelz und Herbst an. "Darf ich euch meine Jungen vorstellen? Das sind Glutjunges, Ahornjunges und Tüpfeljunges", murmelte sie erschöpft. Der Reihe nach deutete sie mit ihrer Schwanzspitze auf die Kleinen. Überrascht schnappten die drei nach Luft und Staubwolke miaute vorsichtig "Flammenblüte. Tüpfeljunges ist tot." Die Augen der drei glitzerten. "Ich weiß, dass Tüpfeljunges tot ist du dummer Fellball" schnurrte sie. Jetzt starrten sie die drei nur noch fassungslos an, aber die flammenfarbene Königin ignorierte es. "Ich will, dass sie neben Federschweif begraben wird", fuhr sie mit ernster Stimme fort. "Geht es dir gut?" fragte Herbst wo Blätter fallen unsicher. "Ja, alles bestens."

Warrior Cats - Die Tochter des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt