Kapitel 47

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Ohne weiter darüber nachzudenken betrat Flammenstern den Donnerweg und rannte auf die Krieger zu. „Zweibeiner! Lauft!“, jaulte sie, aber die beiden beachteten sie nicht. Ihre Augen waren immer noch auf die Nase des Monsters gerichtet. Unter den Pfoten der flammenfarbenen Kätzin spürte sie den seltsam warmen, glatten Untergrund. Es waren nur zwei, vielleicht drei Schwanzlängen, bis sie die drei Katzen erreichte. Trotzdem kam es ihr vor, als würde sie eine Ewigkeit laufen, während sie den Zweibeiner beobachtete, der seine Hand nach Rabensturm ausstreckte. Gerade als Flammenstern sie erreichte, packte die fleischige Pfote des Zweibeiners Rabensturm am Nackenfell und der schwarze Kater jaulte verwirrt auf, wobei ihm Lavendeljunges aus dem Maul fiel und unsanft auf dem harten Boden aufkam, wobei es verwirrt quiekte. „Rabensturm!“ Geißel starrte fassungslos auf den Zweibeiner und den Kater, der jetzt fast eine Fuchslänge über ihm baumelte und strampelnd versuchte sich zu befreien.

Flammenstern half Lavendeljunges dabei sich aufzusetzen, dann miaute sie bestimmt: „Renn zu den Sträuchern zurück!“ Das weiße Junge mit der dunklen Tigerung nickte verstört und tappte davon. Erleichtert, dass die Kleine aus der Gefahr war, drehte sich die Anführerin zu dem Zweibeiner um, der nun versuchte Rabensturm in den Bauch seines Monsters zu verfrachten, aber der schwarze Kater wehrte sich wie ein wahrer Krieger und schlug dem Zweibeiner immer wieder seine Krallen in die felllose Pfote. „Lass mich runter du krähenfraßfressendes mäusehirniges Froschgesicht!“, fauchte er den Zweibeiner an, der ihn seinerseits anknurrte. Flammenstern rannte zu dem Zweibeiner, sprang in die Höhe und klammerte sich mit den Pfoten an seiner anderen Pfote fest um ihn davon abzuhalten Rabensturm mit sich zu nehmen. Wütend brüllend schüttelte dieser nun seine Pfote, aber die Kätzin lies sich nicht abschütteln und grub ihre Krallen tief in seine empfindliche Haut. Wild jaulte er auf und lies Rabensturm fallen, der geschickt auf allen Vieren landete und sich nach ihr umblickte. Flammenstern zog nun ihre Krallen ein, um sich ebenfalls auf den Donnerweg fallen zu lassen.

Gerade als ihre Ballen den harten Boden berührten, spürte sie plötzlich einen Schlag in ihre Seite. Verblüfft fauchte sie, als sie auch schon durch die Luft flog. Der Zweibeiner hatte mit seiner Hinterpfote nach ihr getreten, erkannte sie, als sie einen Blick in seine Richtung erhaschte. Alle Luft wurde aus ihrer Lunge gedrückt, als sie in der Mitte des Donnerwegs aufkam, etwa zwei Fuchslängen von dem Zweibeiner, seinem Monster, Rabensturm und Geißel, der immer noch vor sich hinstarrend da saß, entfernt. Ächzend schnappte sie nach Luft, als sie plötzlich ein weiteres Mal ein Quietschen hörte. Es war der einzige Ton, den sie hörte. Alle anderen Geräusche waren wie ausgeblendet.

Sie spürte einen Luftzug.

Schmerz durchzuckte sie.

Dann war alles schwarz.

Zitternd schnappte Flammenstern nach Luft. Frische Waldluft umgab sie. Langsam öffnete sie die Augen, als ein Grashalm in ihrer Nase kitzelte. Vor ihren Augen funkelten Sterne und sie wusste nicht, ob das vom Sonnenlicht oder von ihren Schmerzen herrührte. Ihr Bauch fühlte sich an, als hätten sie tausende Bienen gestochen und ihre Schulter, als hätte sie einen Ast in ihr stecken. Vorsichtig versuchte sie sich aufzusetzen, nur um gleich darauf wieder zu Boden zu fallen. „Wenn du ruhig liegen bleibst geht es schneller“, brummte auf einmal eine ernst wirkende stimme neben ihr. Die flammenfarbene Kätzin wollte sich aufsetzen um zu sehen, wer neben ihr war, doch sie konnte sich kaum bewegen. Außerdem war sie sich ziemlich sicher, dass sie mal wieder im SternenClan war, wo wohl kaum eine Bedrohung sein würde. „Bleib liegen, hab ich gesagt. Ich bin nur Gelbzahn“, schnurrte die Kätzin, die seltsamerweise sogar im SternenClan alt wirkte. „Was...?“ Gelbzahn unterbrach sie, als sie sich prüfend über sie beugte. „Du hast ein Leben verloren, Flammenstern.“

Die Augen der jungen Anführerin weiteten sich schockiert. „Mein…Clan?“ Die graue Heilerin beschnüffelte vorsichtig Flammensterns Schulter und Bauch, dann murmelte sie nach kurzem zögern: „Es geht allen gut. Sie haben deinen Körper schon in Sicherheit gebracht. Der Zweibeiner ist weg.“ Erleichtert atmete sie aus, woraufhin sie der Schmerz wie ein Blitz durchzuckte. „Ich sagte doch du sollst ruhig liegen bleiben!“, murrte Gelbzahn belustigt. „Ihr jungen Dinger seid immer so ungeduldig.“

Gelbzahn begann von ihrer Zeit als junge Katze zu erzählen und langsam entspannte sich Flammenstern. Ihr Clan war in Sicherheit. Sie hatte zwar ein Leben verloren, aber sie hatte ja noch acht weitere, also war das kein Grund zur Sorge.

„Nein du kannst nicht zu ihr Regenpelz!“, knurrte eine helle Stimme genervt. „Pass lieber auf deine Jungen auf, nicht dass sie noch auf den Donnerweg laufen!“ „Aber Rotpfote…!“ „Kein aber. Sie braucht Ruhe. Ihre Wunden verheilen schnell, sie hat also wahrscheinlich ein Leben verloren.“ Stille folgte und mehrere Schritte entfernten sich.

Flammenstern konnte über ihr das Zwitschern von Vögeln hören und ganz in der Nähe das Dröhnen der Monster, die über den Donnerweg rannten. Zweibeiner jaulten in der Ferne und auch ein Hund bellte. Etwas nördlich von ihr konnte sie Stimmen erkennen die leise untereinander tuschelten. „…weiter…“ „…Donnerweg“ Die Katzen ihres Clans waren aber zu weit weg, als das sie sie wirklich verstehen könnte. Auf einmal kamen Schritte näher und ein Schatten fiel auf ihr Gesicht. „Sie müsste schon längst wach sein…“, murmelte Rotpfote besorgt und beschnüffelte ihr Fell. „Ich bin wach“, murmelte Flammenstern benommen. Rotpfote schreckte zurück. „Kannst du mich nicht vorwarnen? Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt!“ Flammenstern schlug die Augen auf und blickte direkt in Rotpfotes ärgerliches Gesicht. „Tut mir leid“, brummte die Anführerin verwirrt. Langsam fragte sie sich wirklich, ob den Heilern beigebracht wurde sich von niemandem etwas sagen zu lassen und keinen übermäßigen Respekt vor Anführern zu zeigen.

„Du hast ein Leben verloren, oder?“, murmelte die junge Heilerschülerin mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen, während sie irgendeine Paste auf Flammensterns Schulter rieb. „Ja. Mein erstes.“ Kurz hielt die schwarz-weiß gescheckte Kätzin inne, dann nahm sie ein weiteres Blatt von einem Haufen, den Flammenstern vorher noch gar nicht bemerkt hatte.

Nach kurzer Zeit fühlte sich Flammenstern wieder besser und sie konnte aufstehen. Sofort kam der ganze Clan angerannt um sie als Heldin zu feiern und sich nach ihrer Gesundheit zu erkundigen. Nur Geißel stand etwas abseits und blickte beschämt zu Boden. Nachdem die Anführerin alle Fragen beantwortet und noch schnell ihren Jungen versichert hatte, dass sie so schnell nicht sterben würde, lief sie zu Geißel und sah ihm in seine eisblauen Augen. „Wieso?“, war ihr einziger Kommentar. „Ich…“ setzte er an, schien dann aber nicht weiter zu wissen. „Ich hatte Angst“, murmelte er dann kleinlaut. Flammenstern warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Ich wurde bei Zweibeinern groß. Ich habe schreckliche Angst vor ihnen.“ Die junge Anführerin wusste nicht wieso, aber sie wusste intuitiv, dass er die Wahrheit sagte. „Du willst uns durch einen Zweibeinerort führen, hast aber Angst vor Zweibeinern?“ Geißels Augen blitzten und sein Fell stellte sich auf, als er murmelte: „Ja. Das ist der Plan.“

Warrior Cats - Die Tochter des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt