„Und Frostfell war wirklich Rabensturms Schwester?“ Rotpfotes Augen waren groß und rund, als sie darüber nachdachte. „Warum hat er das denn nie erzählt?“ Gelbpfote schien Flammenstern nicht wirklich zu glauben. „Sie sind keine Wurfgeschwister. Frostfell war schon Kriegerin, als Rabensturm geboren wurde. Sie standen sich nicht sehr nahe.“ Blaupfote warf dazuwischen: „Hatte sie noch irgendwelche Geschwister? Ich will ganz viel über meine Familie wissen!“ Flammenstern schnurrte amüsiert. Die Schüler und Jungen saßen vor ihr und wollten alle noch mehr Geschichten hören. Die Sonne ging gerade auf. Sie saßen ganz in der Nähe der Scheune unter einer alten Eiche. Regenpelz, Staubwolke, Graustreif und Millie waren auf die Jagd gegangen, weil sie es hier nicht mehr aushielten und der Clan außerdem Hunger hatte. Aus der Scheune erklangen immer noch Lauras Schmerzenslaute.
Nach einiger Zeit hatte es Flammenstern dort drinnen kaum noch ausgehalten. Es stand sehr schlecht um Laura und ihre Jungen. Bisher war eines auf die Welt gekommen. Lebendig. Aber fast vollkommen kraftlos. Herbst meinte, dass es mindestens noch zwei Junge geben würde. Aber ob sie es auch schafften, war unbekannt. Die flammenfarbene Kätzin versuchte sich selbst und auch die Jungen Katzen mit Geschichten abzulenken. Charly lag in der Nähe, aber er kannte keine Geschichte von den Clans, außer vielleicht seine ausgeschmückte Variante seiner Hilfe während der Reise zum Wassernest der Sonne.
Die Anführerin überlegte ein paar Augenblicke. Frostfell hatte meines Wissens drei Geschwister und einen Halbbruder. Ihre Schwester hieß Buntgesicht, ist aber vor vielen Blattwechseln von Tigerstern ermordet worden. Ihre Brüder heißen Rabensturm und Borkenpelz und leben beide noch. Ihr Halbbruder heißt Langschweif und ist ein blinder Ältester. Außerdem hatte sie noch vier weitere Junge. „Wir haben Geschwister?“, rief Blaupfote mit großen Augen dazwischen. „Halbgeschwister, aber ja. Rußpelz, Farnpelz, Lichtherz und Dornenkralle. Aber Rußpelz ist leider Tod. Sie war die Heilerin des DonnerClans vor meiner Schwester Blattsee.“ Die drei Schwestern schauten sich an. Flammenstern merkte, dass sie die Schülerinnen etwas überforderte mit dem vielen neuen Wissen. Streifenpfote meldete sich zu Wort: „Und was ist mit Fleckenschweif? Hatte sie noch Geschwister oder Junge?“
Froh über den Wechsel begann sie nachzudenken. „Fleckenschweif hatte nach meinem Wissen keine Geschwister. Sie war schon eine alte Kätzin, als mein Vater zum Clan kam, also weiß ich nicht so viel über sie, aber sie hatte drei Junge, die aber alle schon Tod sind. Löwenherz, Goldblüte und Schneejunges. Goldblüte hatte aber noch drei Junge namens Wieselpfote, Brombeerkralle und Bernsteinpelz. Brombeerkralle ist heute der Zweite Anführer des DonnerClan und Bernsteinpelz eine Kriegerin des SchattenClans.“ Kampfpfote blickte sie verwundert an. „Des SchattenClans? Wie kam es denn dazu?“ Flammenstern wollte gerade das Maul öffnen, um Bernsteinpelz Leben zu erläutern, als Herbst aus der Scheune gerannt kam. „Flammenstern! Flammenstern! Ich glaube, Laura stirbt!“ Alle Katzen zuckten zusammen. Die Anführerin sprang auf und bedeutete Charly mit einem Blick, auf die jungen Katzen acht zu geben.
Dann stürmte sie in die Scheune. Sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte, aber sie wusste, dass sie irgendetwas machen musste. Laura lag schwer atmend in der Kuhle im Stroh. An ihrem Bauch lagen zwei Junge. Rabensturm leckte ihr über die Stirn. Als er aufblickte, war sein Blick von Trauer und Hoffnungslosigkeit getrübt. Flammenstern kauerte sich neben die gesteifte Kätzin. „Es gibt ein Ritual. Es wird glücklicherweise nur selten verwendet. Mein Vater hat mir davon erzählt. Ich kann sie zu Kriegerin ernennen, damit sie mit einem Kriegernamen vor den SternenClan treten kann.“ Sie zögerte einen Moment. „Ich rufe meine Kriegerahnen an, auf diese Kätzin herabzuschauen. Sie hat das Gesetz der Krieger erlernt und ihr Leben gegeben, ohne je einen Clannamen erhalten zu haben.“ Sie hielt für einen Augenblick inne. Sie hatte sich schon lange einen Namen für die Kätzin überlegt. Sie hoffte wirklich, dass er ihr gefiel. „Ihr Name soll Rehfarn sein. Wir ehren ihre Entschlossenheit und ihr Durchhaltevermögen. Was auch immer jetzt passieren mag, der FeuerClan heißt sie als vollwertige Kriegerin willkommen.“ Rabensturms Augen glitzerten und er flüsterte: „Das ist ein wunderschöner Name. Er passt zu ihr. Danke, Flammenstern!“ Die Kätzin nickte nur. Sie wünschte, dass sie diesen Namen nicht heute hätte geben müssen, sondern an dem Tag, an dem Rehfarn das Jagen und Kämpfen gelernt hatte, wie sie es eigentlich vorhatte. Die gestreifte Kätzin schnappte röchelnd nach Luft. Die beiden schwarz-weißen Jungen an ihrem Bauch quiekten. Rehfarn zuckte. Einige Herzschläge machte sie keinen Mucks mehr und Flammenstern dachte schon, jetzt wäre sie tot. Aber dann schnappte sie ein weiteres Mal nach Luft. Sie jaulte auf. Ein weiteres Junges wurde geboren.
Es war nachtschwarz, wie ihr Vater. Sofort begann Herbst das Junge abzulecken. „Es ist auch eine Kätzin.“ Sie drückte mit der Pfote an Rehfarns Flanke und nickte dann. „Das war das letzte.“
Rehfarn öffnete die Augen und blickte liebevoll auf ihre Jungen herab. Dann schaute sie ihrem Gefährten in die Augen und schnurrte mit schwacher Stimme: „Das weiße mit den Schwarzen Beinen, wird Lilienjunges heißen. Das Schwarze Fliederjunges und das weiße mit der dunkleren Tigerung Lavendeljunges.“ Sie lächelte einen Augenblick. Dann wurde ihr Körper schlaff.
„Rahfarn! NEIN!“ Rabensturm beschnüffelte seine Gefährtin, in der Hoffnung, dass sie noch lebte, aber Flammenstern wusste es besser. Die Jungen begannen zu winseln. „Sie ist doch nicht tot, oder? Bitte, sag mir, dass sie noch lebt. Sie kann nicht tot sein!“ Rabensturm blickte panisch zwischen den drei Kätzinnen hin und her. „Es tut mir so leid, Rabensturm!“ Herbst ließ den Kopf hängen.
Flammenstern beschnüffelte die drei Jungen. Sie waren noch sehr klein, aber sie könnten es schaffen. Wenn sie Milch hätten. Aber wie sollten sie die bekommen? Flammenstern war die einzige Königin, die Milche hatte, beim FeuerClan, ihre eigenen Jungen waren zwar schon entwöhnt, aber sie musste Winterjunges und Wasserjunges säugen! Da konnte sie nicht auch noch Lavendeljunges, Fliederjunges und Lilienjunges haben! Das ging nicht. Bis Herbst warf, würde es noch einen Halbmond, vielleicht auch einen Mond dauern und bis dahin waren die drei längst verhungert.
„Komm, bringen wir die Jungen nach draußen. Ich werde sie vorerst zusammen mit Wasserjunges und Winterjunges säugen.“ Herbst nickte leicht benommen und packte Lavendeljunges am Nackenfell. Flammenstern nahm Lilienjunges und lief ihr hinterher. Draußen kämpften gerade Gelbjunges und Kampfjunges spielerisch um eine Maus, die wohl einer von ihnen gefangen hatte. Glutjunges, Ahornjunges, Wasserjunges, Winterjunges und Rotpfote lauschten gespannt einer von Charlys Geschichten. Streifenpfote und Blaupfote waren nirgends zu sehen, wahrscheinlich jagten sie. Ahornjunges sprang verknügt auf, als sie Herbst und ihre Mutter auf sie zukommen sah. „Sind das Lauras Junge? Geht es ihr gut?“ Die orangene Kätzin tappte schwanzwedelnd auf sie zu. Herbst setzte Lavendeljunges bei Charly ab und Flammenstern tat es ihr gleich. „Rehfarn ist Tod“, verkündete sie und sofort verstummten alle Katzen. „Ihre Jungen Lilienjunges, Fliederjunges und Lavendeljunges leben.“ Dann beugte sie sich zu den Jungen herunter und leckte sie ab. Herbst holte Fliederjunges und legte sie zu ihren Schwestern.
Traurig blickte Flammenstern in die Ferne zu dem Moor, das früher einmal das WindClan-Territorium gewesen war.
Konnte bei ihrem Clan denn keine Geburt ohne Tote verlaufen?
Ich hatte ursprünglich vor, Rehfarn viel länger leben zu lassen, aber das war jetzt von der Logik her nicht mehr möglich... Hoffe das macht euch nicht zu viel aus.
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Warrior Cats - Die Tochter des Feuers
Fanfiction"Der See wird sterben. Zu dritt werdet ihr zu den Wolken gehen und Feuer sein. Nur so kannst du die Clans retten." Eine Prophezeiung kann das Leben einer Katze für immer verändern. Das hatte Flammenblüte schon als Junges von ihrem Vater Feuerstern g...