Kapitel 52

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Sie rannten so schnell sie konnten, wichen Bäumen und Sträuchern aus. Untereinander riefen sie sich Warnungen zu, feuerten Forelle, Stein, Fels und Kiesel, die bei weitem nicht so schnell rennen konnten wie die anderen zu Höchstleistungen an. Vor Flammenstern rannte Schatten und wirbelte Staub und vertrocknete Blätter auf. Sie musste mehrmals blinzeln um die Sandkörner aus ihren Augen zu vertreiben, die ihr die Sicht erschwerten. Die Hunde kläfften. Das Geräusch wurde immer lauter. Sie kamen stetig näher und die flammenfarbene Kätzin konnte Äste hinter ihr Knacken hören. Ängstlich keuchten die Katzen, die in ihrer Nähe so schnell rannten, wie sie konnten.

Der Wind rauschte in den Ästen über der Katzengruppe, wehte ihnen entgegen und machte sie noch langsamer, da sie den Kopf tief halten und die Augen verengen mussten, damit sie durch den aufgewehten Staub überhaupt etwas sehen konnten.

Besorgt schaute Flammenstern sich immer wieder über ihre Schulter um, wo Blaupfote hinter ihr her stürmte. Die blaugraue Kätzin streckte sich immer weiter, trotzdem kam sie ihrer Mentorin kaum hinterher. Lange würde sie es sicherlich nicht mehr schaffen. Und auch Forelle und Kiesel fielen immer weiter zurück. Die beiden waren nicht in der Verfassung um sich so stark anzustrengen. Die Anführerin konnte schon die dunklen, hässlichen Hunde sehen, die mit triefenden Mäulern hinter ihnen herjagten. Lichtherz mit Narben durchzogenes Gesicht schlich sich in ihre Gedanken. Es musste etwas geschehen, sonst würde diese Nacht in einem Massaker enden! Urplötzlich erinnerte sie sich an eine der Geschichten, die ihr die Älteste Goldblüte einmal während ihrer Zeit als Schülerin erzählt hatte. Es ging um den Angriff der Hundemeute, bei dem Blaustern starb. Noch bevor bekannt war, dass es sich um Hunde handelte, war ein Schüler namens Wieselpfote von ihnen ermordet und die junge Lichtherz fast tödlich verwundet worden. Tigerstern hatte die Hunde dann auf die Fährte der Katzen bringen wollen und Buntgesicht, eine DonnerClan-Königin getötet. Zum Glück hatte es Feuersterns Patrouille bemerkt, so konnten die Katzen den Hunden entkommen, indem sie… Natürlich! Warum war ihr dieser Einfall nur nicht früher gekommen? „Klettert auf die Bäume!“, jaulte sie und übertönte so sogar das Gebell der Meute und den rauschenden Wind.

Für einen Moment schaute sie in mehrere perplexe Gesichter, bevor Grau sich umwandte, seinen Sohn Kiesel am Nackenfell packte und mit ihm im Maul baumelnd überraschend geschickt eine Linde ganz in der Nähe hinauf kletterte und sich auf einen der höher gelegenen Äste kauerte. Polar und Renner folgten seinem Beispiel, halfen Stein und Fels, zwar etwas ungeschickt aber erfolgreich, auf zwei Fichten zu klettern und krallten sich hoch oben im Geäst fest. Auch Blaupfote, Memory, Karpfen und Schatten taten es ihnen kurz darauf gleich, nachdem sie noch ein paar Fuchslängen weitergerannt waren um etwas Abstand zwischen sich und die Hunde zu bringen. Nun rannten nur noch Flammenstern und die Älteste Forelle, dicht gefolgt von der dunklen, kläffenden Meute, durch den Wald. „Schnell! Auf einen Baum!“ Ohne einen Kommentar sprang die alte schildpattfarbene Kätzin ab und kletterte geschickt, als hätte sie so etwas jeden Tag ihr ganzes Leben lang gemacht, eine riesige Buche hinauf. Für ihr alter war sie wirklich noch sehr gelenkig, stellte Flammenstern zu ihrer Verwunderung fest. Sie konnte aber nicht länger über Forelle nachdenken, da sie eine Horde dunkler Gestalten wie eine Welle auf sich zukommen sah. Mit großen Sprüngen setzte sie davon, schlug mehrmals Hacken und führte die kläffenden und keifenden Hunde von den Katzen ihres Clans weg, denn wenn sie gerade aus weiter gerannt wären, wären sie bestimmt bei ihren Clangefährten angekommen und dies wollte sie um nichts auf der Welt riskieren. Als die Meute schon so nah war, dass sie den heißen Atem und den umherfliegenden Sabber der Ungetüme in ihrem Nacken fühlen konnte, sprang sie, wendig wie sie war, eine Eiche hinauf, schlug ihre Krallen tief in die feste Rinde. Einer der größten unter den Hunden sprang ihr hinterher, wollte sie vom Baum herunterreißen. Schmerz durchzog ihren ganzen Körper wie ein Strahl, als das dunkle Tier seine Zähne in ihren Schweif grub. Wild fauchte sie. Zu ihrem Glück fiel der Hund wieder hinunter, ohne dass sie selbst auf den Boden fiel. Sie konnte sich gerade noch halten. Blut tropfte von ihrem Schweif – oder eher von dem, was davon übrig war. Als Flammenstern einen vorsichtigen Blick darauf warf, während sie sich weiter die Eiche hinaufhangelte, musste sie zu ihrem erschrecken feststellen, dass der Hund ihr die Schwanzspitze abgebissen hatte. Mühevoll rang sie nach Luft. Sie konnte froh sein, dass er so fest zugebissen hatte, sonst wäre sie wohl mit nach unten gerissen worden. Trotzdem konnte sie diese Feststellung nicht wirklich aufheitern. Ihr schöner, buschiger Schweif! Schlammfell hatte ihr einst zugeraunt, er würde wie Flammen hinter ihr herfliegen, wenn sie rannte. Und nun fehlte ein Stück davon. Wie sollte sie nur je wieder ihrem Clan Zeichen geben? Oder auch nur das Gleichgewicht halten?

Währenddessen jaulte und bellte die Meute unter ihr frustriert. Mehrmals sprangen einige der dunklen Tiere in die Luft, kamen aber nicht einmal in ihre Reichweite und ließen dann die Kiefer mit einem Knirschen aufeinander schlagen. Nach einiger Zeit trotteten sie davon, wieder tiefer in den Wald hinein. Flammenstern konnte nur hoffen, dass sich die Katzen noch nicht aus ihren Verstecken gewagt hatten. Sie selbst blieb noch einige Zeit zwischen den Ästen der Eiche kauern und blickte auf das von hier aus gut sichtbare Silbervlies. Was der DonnerClan wohl gerade machte? So gerne hätte sie einmal einen Blick auf Blattsees – nein Eichhornschweifs Junge geworfen. Bestimmt hätten sie wunderbar mit ihren eigenen gespielt. Vielleicht hatte sie ja bald wieder die Möglichkeit sich mit Blattsee im SternenClan zu treffen. Als sie an den SternenClan dachte kam ihr eine Idee. Würde ihre Schwanzspitze nicht nachwachsen, wenn sie ein Leben verlor? Normalerweise müsste das doch funktionieren, oder?

Flammenstern wurde je aus ihren Gedanken gerissen, als dunkle Gestalten über den Boden unter ihr huschten. Im ersten Moment dachte sie, die Hunde wären zurückgekehrt und fuhr drohend die Krallen aus, doch dann erkannte sie, dass diese viel größer wären. „Willst du die ganze Nacht da oben rum sitzen?“, miaute Regenpelz‘ Stimme plötzlich besorgt und bemüht amüsiert zugleich und ihr wurde klar, dass die Katzen ihres Clans gekommen waren um nach ihr zu suchen. Ob sie wohl von den Hunden wussten? Bestimmt, sonst wären sie schließlich nicht hier. Schnell kletterte die flammenfarbene Anführerin die dicke Eiche hinunter, etwa drei Schwanzlängen über dem Boden lies sie sich einfach fallen. Ungeschickt schwankend landete sie und wäre beinahe gestürzt, wenn Regenpelz nicht an ihre Seite geeilt wäre um sie zu stützen. Fluchend bemerkte sie, dass diese Gleichgewichtsschwankung wohl von ihrer fehlenden Schwanzspitze kam.

Als sie aufblickte schaute sie in die besorgten Gesichter von Regenpelz, Staubwolke und Kampfpfote. „Geht es dir gut?“ Ihr Bruder musterte sie eingehend. „Ja… naja. Mir fehlt ein Stück meines Schweifes, aber sonst geht es. Wir müssen die anderen finden.“ Ohne die Reaktion abzuwarten trottete sie voran in die Richtung, aus der sie gekommen war. „Müssen wir nicht! Sie sind schon längst bei unserem Nachtlager.“ Wie konnten die Katzen so schnell zu dem Lager kommen? Sie war doch nicht lange auf dem Baum gesessen, oder? „Wie lange habe ich gefehlt?“ Ungläubig verengte Regenpelz die Augen. „Die Sonne geht gleich auf. Wir haben dich ziemlich lange gesucht und dachten, diese schrecklichen Hunde hätten dich erwischt.“

Da niemand etwas dagegen hatte (wobei ich der festen überzeugung bin, dass sich einfach niemand getrat hat etwas zu sagen) werde ich nun wie gewohnt fortfahren. Also: Kapitel an den, der aufgepasst hat und noch weiß, wer Kampfpfotes und Streifensterns Eltern sind. (also Mutter und Vater!)

Warrior Cats - Die Tochter des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt