Kapitel 61

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Abrupt aus ihren Träumen gerissen, sprang Flammenstern auf, als sich die Krallen in ihren Pelz bohrten. Ihr Fell sträubte sich. Noch schlaftrunken versuchte sie, die Angreifer abzuschütteln, was ihr aber nicht gelang. Sie blinzelte mehrfach. Was war hier nur los? Und wieso hörte sie nirgends Kampfgeräusche, wenn sie doch angegriffen wurden? Träumte sie etwa noch?

Immer noch blinzelnd warf sie sich auf den Rücken, um die Angreifer unter sich zu erdrücken. Wer wagte es, sie im Schlaf anzugreifen? Mehrere Stimmen quiekten auf und die Krallen verschwanden aus ihrem Fell. Als sie mit dem Rücken auf ihrem Nest landete, spürte sie zu ihrer Verwunderung keine Körper unter sich. Die Angreifer mussten schnell sein. „Willst du uns etwa umbringen?", protestierte eine helle Stimme, die Flammenstern unglaublich vertraut vorkam. Ahornpfote? Auf einmal wurde ihr klar, was hier vor sich ging. Schnurrend rappelte sie sich auf. Es war wohl doch kein Angriff.

Ihr Blick klärte sich endlich und sie konnte Glutpfote, Winterpfote, Wasserpfote und Ahornpfote entdecken, die angriffsbereit neben ihrem Nest kauerten. Der rote Kater zuckte mit der Schwanzspitze und die vier sprangen mit ausgefahrenen Krallen auf sie zu. „Was soll das?" Ohne zu antworten, stürzten sie sich gleichzeitig auf sie. Überrumpelt stolperte Flammenstern zurück. Gerade als sie ihr Gewicht wieder ausbalancieren wollte, sprang Wasserpfote auf ihren Rücken. Sie verlor ihr Gleichgewicht und viel um. Unsanft landete sie auf der harten Erde. Noch bevor sie wieder aufstehen konnte, sprangen Glutpfote, Winterpfote und Ahornpfote auf sie und nagelten sie so fest.

Was zum SternenClan ging mit ihnen vor?

Auch Wasserpfote kletterte wieder auf ihren Rücken, sie war bei ihrem Fall hinuntergefallen. „Könntet ihr vielleicht von mir runtergehen?", miaute sie etwas genervt. Sie verstand wirklich nicht, was hier passierte.

Wie die flammenfarbene Anführerin so bewegungslos am Boden lag, konnte sie sich endlich umsehen. Sie befand sich neben ihrem Nest am Rand der Lichtung zwischen den Brombeersträuchern. Es war noch recht dunkel, durch ein paar Löcher im Blätterdach konnte sie erkennen, dass die Sonne gerade erst aufging. In den Nestern, die am Rand der Lichtung verstreut waren, lagen Katzen, die teilweise schliefen, teilweise wach waren. Trotzdem machte keiner ihrer Clangefährten Anstalten, Flammenstern zu helfen.

Die Pfoten einer der Schüler drückten ihr unangenehm gegen die Rippen, um wen es sich handelte, konnte sie aber nicht sehen. Die vier saßen dichtgedrängt auf ihr und immer wieder rutschten sie von ihr hinunter. Trotzdem ergab sich für die Kätzin keine Möglichkeit aufzustehen, ohne ihre Jungen zu verletzen.

Auf einmal erschien Staubwolkes Kopf über ihr und sie atmete erleichtert aus. „Könntest du ihnen vielleicht sagen, dass sie von mir runtergehen sollen?", bat sie ihren Stellvertreter, der sich belustigt schnurrend hinsetzte. „Ja kann ich machen", miaute er mit zuckenden Schnurrhaaren. Dann wandte er sich den vieren zu. „Sehr schön gemacht. Ihr dürft noch eine Runde schlafen, bevor das Training losgeht." Nach diesen Worten sprangen die Schüler von Flammenstern hinunter und trotteten zu ihren Nestern auf der anderen Seite der Lichtung.

„Habt ihr ihr verwirrtes Gesicht gesehen? Ich wette, mit unserer Taktik hätten wir den ganzen SchattenClan besiegen können, noch während sie schlafen!", verkündete Winterpfote stolz. „Aber ich glaube nicht, dass sich SchattenClan-Krieger nicht gewehrt hätten, wenn wir sie auf den Boden gedrückt hätten! Das hat sie nur nicht getan, um uns nicht zu verletzen!"

Die Anführerin setzte sich auf, und begann sich ihr Fell zu säubern und zu glätten. „Was war das gerade eben?", murmelte sie, während sie etwas Dreck aus ihrem Schulterfell zupfte. Der schildpattfarbene Zweite Anführer gähnte, bevor er mit amüsiert blitzenden Augen antwortete: „Eine Trainingseinheit der etwas anderen Sorte."

Mit peitschendem Schweif sprang sie auf, als sie das hörte. Staubwolke zuckte überrascht zurück. „Bist du mäusehirnig, oder was? Ihnen hätte etwas passieren können! Ich hätte ihnen etwas antun können! Das hätte ich dir nie verzeiht!", fauchte sie. Ihr Bruder wirkte einen Moment verwirrt, dann miaute er mit besänftigender Stimme: „Deshalb habe ich ja dich als Opfer ausgewählt. Du würdest ihnen nie etwas antun. Nicht einmal ausversehen." Zu einem anderen Zeitpunkt wäre sie wohl stolz auf das Vertrauen gewesen, dass der Kater ihr entgegenbrachte, doch jetzt machte sie es nur noch wütender. „Ich hätte sie beinahe unter mir zerquetscht! Und das nennst du nichts antun?" Staubwolke atmete tief ein und brummte beschwichtigend: „Du kannst sie nicht vor jeder Gefahr beschützen. Wir sind Clankatzen. Nur wenige von uns erreichen ein hohes Alter. Es zählt doch viel mehr, dass wir die Zeit die wir haben sinnvoll nutzen..." Fuchsteufelswild fuhr Flammenstern ihren Bruder an: „Wenn sie sterben ist das also sinnvoll? Was redest du denn für einen Fuchsdung?" Der Kater legte die Ohren an. Er wirkte beleidigt, aber ihr war das egal. Sie konnte nicht zulassen, dass ihr Bruder, ihr Stellvertreter, es als sinnvoll betrachtete Schüler sterben zu lassen. „Lass mich doch mal ausreden. Das habe ich überhaupt nicht gemeint! Was ich sagen wollte, bevor du mich so unglaublich freundlich unterbrochen hast, war, ähm... siehst du, jetzt hast du mich rausgebracht... ach ja genau... dass wir die Zeit die wir haben sinnvoll nutzen sollen. Wir sollten für unseren Clan leben, jagen und kämpfen. Doch das Kämpfen müssen wir lernen und das Lernen birgt nun mal Gefahren. Aber das ist unumgänglich und das kannst du auch nicht ändern."

Auch wenn sie immer noch sauer war, leuchtete das Flammenstern ein. Sie hatte wohl voreilige Schlüsse gezogen. Sie setzte sich wieder und blickte beschämt zu Boden. Während ihres Streits war wohl der ganze Clan wach geworden und die Katzen standen nun in Grüppchen um sie herum verteilt. Na toll. „Da hast du wohl Recht", murmelte sie und Staubwolke seufzte. „Aber du hattest auch Recht. Du hättest dich schrecklich gefühlt, wenn du selbst für eine Verletzung deiner Jungen verantwortlich wärst, das kann ich verstehen." Flammenstern nickte, froh, dass er selbst seinen Fehler auch erkannt hatte.

Sie blickte sich auf der Lichtung um und entdeckte Regenpelz, der sich ganz in der Nähe mit Memory und Polarlicht unterhielt. Ihr Gefährte hatte seit Tagen kaum mit ihr geredet. Die orangerote Kätzin konnte sich noch genau an den Grund erinnern. Regenpelz war der Meinung, auch er hätte einen Tod verschuldet. So wie sie Klingenpelz' Tod verursacht hatte. Er könnte noch Leben. Seine Jungen beim Training beobachten... Sie vertrieb die trübseligen Gedanken aus ihrem Kopf. Dieses Problem war unlösbar, aber Regenpelz konnte sie helfen. Aber dazu, musste sie erst einmal wissen, wen er indirekt getötet haben sollte.

Sie trottete zu den drei Katzen, die über irgendetwas diskutierten. „Regenpelz? Könnte ich mit dir reden?" Stumm nickte der dunkelgraue Kater. „Ich schätze ich weiß, worum es geht?" Nun war es an ihr zu nicken. „Lass uns das besser draußen bereden", brummte er und trottete zum Ausgang zwischen den Brombeersträuchern. Flammenstern folgte ihrem Gefährten. Weiter hinten hörte sie, wie Staubwolke Patrouillen einteilte. Sie schlüpfte durch die Zweige und lief hinter Regenpelz her zum Fluss, wo sie sich zwischen dem Schilf nieder ließen. Nebel waberte über die Wiese, doch die Strahlen der Sonne durchbrachen ihn schon immer wieder.

Flammenstern entschloss sich, nicht um die warme Maus zu reden und gleich die Frage zu stellen, die sie so beschäftigte: „Wen glaubst du umgebracht zu haben?" Regenpelz seufzte tief. „Das wird dir nicht gefallen", brummte er mit hängenden Schultern, die Augen auf ein Blatt fixiert, das im Fluss trieb. Seltsamerweise überraschte Flammenstern diese Antwort nicht. Der Kreis der Möglichkeiten war nicht sehr groß: Seine Mutter Glanzfell, die ehemalige Heilerin Rußpelz, Weidenpfote, Lärchenjunges und Buchenjunges, die Rauchfells Junge gewesen waren, eine der Ältesten Goldblüte oder Tupfenschweif... oder Schlammfell.

Regenpelz holte tief Luft. SternenClan bitte. Bitte lass es nicht Schlammfell sein.

„Ich bin Schuld an Schlammfells Tod!"

Widmung an den, der weiß, wessen Wiedergeburt Lilienjunges ist. (das ist echt schwer... und fies :D Jeder der mitmachen will hat drei Versuche) Tipp: Sie sind beide weiblich

Warrior Cats - Die Tochter des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt