Kapitel 49

2.7K 164 33
                                    

Ihr Bauchfell streifte über den mit Kieselsteinen bedeckten, feuchten Untergrund. Zwei ihrer Pfoten traten immer wieder ins Wasser, die anderen beiden waren trocken. Über ihr entfaltete die Sonne gerade ihre ganze Kraft der Blattfrische. Mit erdrückender Standhaftigkeit ragte die aus Bruchsteinen bestehende Mauer neben Flammenstern auf und nicht selten hinten einige Efeuranken hinunter, an denen sie sich vorbeizwängen musste.

Vor ihr lief ein Großteil des FeuerClans, nur Staubwolke und seinen Schüler Streifenpfote befanden sich hinter ihr und unterhielten sich über die Schulter hinweg über die Vorteile verschiedener Jagdtechniken. Anfangs hatte sie sich noch an der Diskussion beteiligt, doch irgendwann hatte sie das Interesse verloren. Sie hing nun ihren Gedanken hinterher, versuchte sich alles, was sie über die Katzen wusste, deren Wiedergeburten Katzen ihres Clans waren, in Erinnerung zu rufen. Besonders eine Erkenntnis spukte ihr im Kopf herum, die ihr in der Nacht zuvor gekommen war. Blaustern und Eichenherz waren Gefährten, genau wie Gelbzahn und Fetzenstern. Und die Zuneigung, die zwischen Gelbpfote und Kampfpfote bestand, machte ihr Sorgen. Was, wenn die jungen Katzen gar nicht aussuchen konnten, wen sie zum Gefährten haben wollten, weil ihnen dies schon vorherbestimmt war? Sie wollte nicht glauben, dass der SternenClan dies zulassen würde. Es sollten doch die neuen Chancen sein, aber waren diese Chancen vielleicht von vornherein zum Scheitern verurteilt?

Flammenstern bog ab, als der Fluss und damit auch die Mauer, die zu ihrer Verwunderung auf einmal immer kleiner wurde, eine Biegung taten und lief prompt in Herbstblatt hinein, die vor ihr lief. „Entschuldigung“, brummte sie, aber die gescheckte Königin achtete gar nicht auf sie und blickte nur starr gerade aus. Verwundert hob die flammenfarbene Kätzin den Kopf und was sie nun sah, überraschte und erfreute sie so sehr, dass ihr das Maul offen stehen blieb und sich eine Fliege darin verirrte. Angewidert hustete sie.

Ein paar Fuchslängen vor ihnen lag ein Wald, in dessen Bäumen gerade die ersten Blätter der Blattfrische wuchsen. Der Fluss musste den Zweibeinerort verlassen haben, ohne dass Flammenstern es bemerkt hatte! Wie lang sie schon keinen richtigen Wald mehr gesehen hatte! Das Rauschen der Äste, das Zwitschern der Vögel und das Knistern kleiner Nagetiere auf dem dicht bewachsenen Boden schienen sie förmlich zu sich zu rufen. Sie sprang über das nunmehr kleine Mäuerchen hinweg auf eine mit Frühjahrsblumen bewachsene Wiese. So schnell sie konnte rannte sie an den Katzen des FeuerClans vorbei in den Wald hinein. Mehrere Ranken schlugen ihr ins Gesicht und Äste zerrten an ihrem Pelz, doch es war ihr egal. Ein Wald! Schon nach ein paar Schwanzlängen war sie nicht mehr in der Lage die Wiese oder ihre Clangefährten zu entdecken, was ihr aber nichts weiter ausmachte. Sie würden ihr schon folgen. Flammenstern trabte zum Fluss und trank gierig ein paar Schlucke des Wassers, in dem sie einen Blick auf etwas silbernes Erhaschen konnte. Ein Fisch! So einen hatte sie, seit sie dem Fluss gefolgt waren noch nicht entdecken können.

Da die orangene Anführerin keine sonderlich gute Jägerin von Fischen war, wandte sie sich ab und lies sich ins Jagdkauern fallen. Gleich neben dem Fluss wuchs eine Tanne, unter deren tief hängenden immergrünen Zweigen sie braunes Fell erkennen konnte. Vorsichtig näherte sie sich der Wühlmaus. Die Tannennadeln unter ihren Pfoten federten ihre Schritte und so hatte das Tierchen überhaupt keine Chance Flammenstern kommen zu hören. Als sie kaum noch eine Schwanzlänge von der Wühlmaus entfernt war, sprang sie ab, landete auf ihr und tötete sie mit einem schnellen Biss, während Flammenstern sie mit den Pfoten zu Boden drückte.

Mit der Wühlmaus im Maul baumelnd trottete sie zum FeuerClan zurück, der sich gleich vor dem Wald versammelt hatte. Inzwischen waren Wolken aufgezogen und verdeckten die Sonne gänzlich. Die Katzen riefen wild durcheinander, liefen unruhig hin und her. In der Hoffnung, dass während ihrer Abwesenheit nichts passiert war, eilte die Anführerin mit aufgestellten Ohren zu ihrem Clan. „Was ist los?“, fragte sie Rabensturm, der mit einem seltsamen Blick in den Wald starrte, nachdem sie die Wühlmaus fallen gelassen hatte. Als sie ihn ansprach sah er auf und schüttelte erst einmal den Kopf. „Herbst…blatt-sie bekommt ihre Jungen.“ Flammenstern nickte mit aufgerissenen Augen und wollte schon an dem schwarzen Kater vorbeilaufen, als dieser aufsprang und sich ihr in den Weg stellte. Seine gelben Augen leuchteten gefährlich und ihr lief ein Schauer über den Rücken. „Gibt es einen Grund, weshalb bisher bei jeder Geburt im FeuerClan etwas schiefgelaufen ist, Flammenstern?“ Verwirrt schüttelte sie den Kopf. „Nein… nicht das ich wüsste.“ Stumm nickte der schwarze Kater und ging davon zu Gelbpfote, die auf seine Töchter aufpasste.

Ein dichter Kreis aus diskutierenden Katzen hatte sich um Herbstblatt gebildet, die immer wieder unter Schmerzen aufjaulte. Die feuerfarbene Kätzin bedeutete Memory mit einem Zucken der Schwanzspitze sie vorbeizulassen, woraufhin die sandfarbene Kätzin sofort zurückwich.

Flammenstern trat zwischen Regenpelz und Geißel. Direkt zu ihren Pfoten lag Herbstblatt, die gerade ein weiteres Mal aufjaulte. „Was wird denn das hier?“, knurrte sie die umstehenden Katzen an. „Ihr steht hier einfach mäusehirnig herum, oder wie soll ich das sehen? Macht, dass ihr sie in den Wald schafft! Hier draußen ist sie nicht sicher und dann will ich, dass alle, die nicht bei der Geburt dabei sein müssen jagen oder trainieren oder irgendetwas anderes sinnvolles machen!“ Ohne zögern führten die Schüler und Krieger ihre Befehle aus. Staubwolke und Regenpelz trugen, unter Rotpfotes strenger Bewachung, Herbstblatt in den Wald. Nun blickte Flammenstern sich suchend nach Blaupfote um, die etwas abseits stand und sich mit Glutjunges unterhielt. „Blaupfote?“ Sofort stellte die blaugraue Kätzin die Ohren auf und drehte sich zu ihr um. Seite an Seite mit dem roten Kater kam Blaupfote auf sie zugetrottet. „Ja?“ „Ich hätte ein paar Aufgaben für den Clan. Kampfpfote und du, ihr werdet den Jungen ein paar Jagd- und Kampftechniken beibringen, Regenpelz wird euch unterstützen. Rabensturm, Geißel, Memory, Gelbpfote und Streifenpfote sollen jagen. Ich werde zusammen mit Rotpfote und Staubwolke bei Herbstblatt sein. Richte es bitte allen aus!“ Mit freudestrahlendem Gesicht nickte Blaupfote und rannte dann gleich davon, Glutjunges hinter ihr her.

Flammenstern lief in den Wald, immer Herbstblatts Schmerzensschreien hinterher, wodurch sie sie auch ziemlich schnell fand. Staubwolke und Regenpelz hatten die Kätzin in eine Kuhle, die von Ginstersträuchen umgeben wurde und mir Moos ausgepolstert war, gelegt. Der dunkelgraue Kater eilte gerade hinter Blaupfote her davon und lies einen schrecklich aufgewühlten Staubwolke zurück. Als der Schildpattkater seine Schwester entdeckte seufzte er erleichtert auf. „Ich dachte schon, ich müsste nun alleine mit Rotpfote bei ihren Schmerzen zuschauen!“ Angst lag in seinem Blick und er warf alle paar Herzschläge einen besorgten Blick zu seiner Gefährtin. „Das wird schon“, versuchte Flammenstern ihn aufzuheitern, doch sie wusste selbst, dass ihn das unmöglich beruhigen würde.

Rotpfote, die neben Herbstblatt kauerte zitterte am ganzen Körper. Die Anführerin setzte sich neben sie und blicke ihr kurze Zeit in die ängstlichen bernsteinfarbenen Augen. „Was ist los“, miaute sie sanft, woraufhin die Heilerschülerin trotzdem zusammenzuckte. „Sie ist die erste Katze, die ich wirklich behandeln muss. Und dann gleich so etwas! Ich weiß doch noch gar nicht genug, um ihr bei der Geburt zu helfen! Was, wenn ich etwas falsch mache?“ Ernst blickte Flammenstern sie an. „Du wirst nichts falsch machen. Du kannst das. Mach dir keine Sorgen, ich werde dir helfen!“ Unsicher nickte Rotpfote. Herbstblatt jaulte auf und ein Zittern lief durch ihren Körper. Die grauen Augen wurden ganz glasig und sowohl Rotpfote als auch Staubwolke zuckten zusammen. Das erste Junge wurde geboren. Da ihre beiden Clangefährten nur nutzlos dasaßen und geschockt auf Herbstblatt starrten, machte Flammenstern sich daran, das Junge trocken zu lecken. Es war ein kleiner, weiß-grauer Kater, der sofort anfing zu quieken, als sie ihn mit ihrer Zunge berührte. Vorsichtig legte die Kätzin ihn neben den Bauch seiner Mutter. „Ein kleiner Kater.“ Für einen Moment wurde Herbstblatts Sicht wieder klar und sie schnurrte schwach den Namen des Neugeborenen: „Mondjunges.“

Ein wunderschöner Name, dachte Flammenstern, als sie plötzlich Äste hinter sich knacken hörte. Kampfbereit sprang sie auf, drehte sich um, Staubwolke war sofort neben ihr. Aus dem Gebüsch brachen mehrere Katzen mit ausgefahrenen Krallen und aufgestellten Pelzen. „Angriff!“, jaulte die schneeweiße Kätzin an der Spitze, noch bevor Flammenstern überhaupt realisieren konnte, was vor sich ging.

Also ich hab mich noch nicht entschieden, welcher Name es werden soll, aber ich teile es euch bald mit ;)

Das Kapitel geht an den, der mir sagen kann, wessen wiedergeburt Mondjunges ist ;) Jeder darf zwei mal raten. Tipp: Die Fellfarbe stimmt nur so halb, dafür ist das Geschlecht aber richtig!

PS: Das angefügte Bild ist Herbstblatt, nur hat sie keine orangenen, sondern graue Augen :D

Warrior Cats - Die Tochter des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt