Besorgt lief Flammenstern an dem Rand der Lichtung auf und ab. Neben ihr wuchsen dichte Heidelbeersträucher in die Höhe und die ledrigen, behaarten Blätter strichen über ihr flammenfarbenes Fell, das vor Anspannung aufgestellt war. Als sie die umgestürzte Buche am Ende der Senke erreichte drehte sie sich wieder um und lief bis zum Eingang, vorbei am Heidelbeerbusch. Die herabhängenden Weidenblätter strichen über ihre Ohren, am liebsten hätte sie in diesem Moment nach ihnen geschlagen. Sie tigerte nun schon die ganze Nacht immer zwischen dem umgestürzten Baum und der Weide hin und her. Anfangs hatte Bienenfell sie beobachtet, nun aber hatte sich die gelbbraune Kriegerin auf eine der knorrigsten Wurzeln des großen Eichenbaumes in der Mitte der Senke gesetzt um Wache zu halten. Nicht weit von ihr entfernt kauerte Rottupf neben Keks und Apfel. Dem Welpen ging es anscheinend einigermaßen gut, aber die ehemalige Stammeskätzin war noch nicht über den Berg, wie Rottupf kurz zuvor verkündet hatte. Irgendwann, nachdem Rabensturm und Ahornpfote losgezogen waren, um den FeuerClan zu suchen und herzubringen, hatte sie aufgehört zu stöhnen, aber ihr Atem ging noch immer flach und keuchend. Auch wenn Bienenfell mehrmals auf die Anweisung der Heilerin hin losgezogen war, um Kräuter zu holen, war sie immer mit recht wenig Ausbeute zurückgekehrt. Die Kriegerin hatte von Kräutern ungefähr so viel Ahnung wie Igel vom Fliegen, doch Flammenstern selbst hatte auch so gut wie nichts gefunden, als sie es selbst versucht hatte. Es war stockdunkel gewesen und die Gerüche von Kräutern hatten es einfach nicht geschafft den Holunder zu überbieten, dessen Duft tief in ihrer Nase hing.
Noch immer wusste Rottupf nicht, woher die Verletzungen der Kätzin und des Welpen kamen. Sie mussten, nachdem ihnen das angetan worden war, noch geschwommen und davor noch durch Katzenminze gekrochen sein, was doch sehr verwunderlich war. Die einzigen Gerüche die sie bisher erkennen konnten waren Blut, Minze, Donnerweg und ihr natürlicher Geruch. Und das war wahrlich nicht sehr aussagekräftig. Katzenminze gab es im Zweibeinerort zu Massen. Der Donnerweg war nur ein weiteres Zeichen dafür, dass Zweibeiner ihre Pfoten im Spiel gehabt haben könnten. Flammenstern schnaubte genervt auf und fuhr ihre Krallen aus, nur um sie einen Herzschlag später wieder einzufahren.
Die flammenfarbene Anführerin erreichte die junge Trauerweide ein weiteres Mal und dachte ernsthaft darüber nach die störenden Äste abzubeißen. Wenigstens würde dann vielleicht die Leere in ihrem Magen verschwinden, auch wenn es nicht sehr verlockend war, Blätter zu fressen. Sie ließ von der Idee ab und wandte sich wieder um, um auf die umgestürzte Buche zuzutrotten. Ihre Ballen schmerzten, als würde sie abwechselnd über Igel und brennende Erde laufen. Blut sickerte aus ihnen und auch wenn es gut getan hätte sich endlich einmal in Ruhe hinzusetzen, schaffte Flammenstern es nicht länger als ein paar Herzschläge zu sitzen. Wenn sie nicht irgendetwas tat, dann würde sie noch vor Anspannung durchdrehen. Sie konnte einfach nicht verstehen, was der SternenClan gegen ihren Clan hatte. Erst starb ihre Tochter Tüpfeljunges noch vor ihrem ersten Atemzug, danach überlebte Rehfarn die Geburt ihrer Jungen nicht. Klingenpelz durfte nicht einmal einen Sonnenaufgang lang Krieger sein, Rennpelz, Düstersturm und Kämpferherz wurden von Hunden so stark verletzt, dass alle drei Kandidaten für den Ältestenbau wurden, später ertrank Steinpfote und nun schwankte auch noch Apfel auf der Schwelle des Todes. So viele Schicksalsschläge hatte ein einziger Clan bisher nur zu Zeiten von Tigerstern aushalten müssen! Doch der FeuerClan hatte keinen solchen bedrohlichen Feind. Viel eher wendete sich alles und jeder gegen sie. Und dann war da noch die Prophezeiung, von der Rottupf ihr vor einigen Sonnenaufgängen erzählt hatte und die sie bisher mehr oder weniger erfolgreich unterdrückt hatte. „Die dunklen Monster kehren zurück. Fünf weitere Leben zerreißen sie in Stück.“ Was konnte das denn nur bedeuten? Die Sonne ging bald auf, Flammenstern zerbrach sich den Kopf nun schon seit Mondhoch darüber.
Sie war müde, erschöpft, hungrig, angespannt, besorgt und langsam wurde sie auch immer reizbarer. Wenn das noch etwas so weiter gehen würde, würde sie noch irgendetwas tun oder sagen, dass sie bereuen würde. Sie war die Anführerin des FeuerClans, sie musste sich zusammenreißen, sagte sie sich. Doch langsam wurde das immer schwerer.

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Warrior Cats - Die Tochter des Feuers
Fanfiction"Der See wird sterben. Zu dritt werdet ihr zu den Wolken gehen und Feuer sein. Nur so kannst du die Clans retten." Eine Prophezeiung kann das Leben einer Katze für immer verändern. Das hatte Flammenblüte schon als Junges von ihrem Vater Feuerstern g...