Kapitel 65

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Kämpferherz' Flanken hoben sich nur noch unmerklich. Mehrmals hatte es bereits danach ausgesehen, als hätte es ganz aufgehört und der Kater wäre tot. Bisher hatte es sich glücklicherweise jedes Mal als Fehler herausgestellt. Blaupfote und Polarlicht lagen neben ihm und hielten ihn warm. In der Zwischenzeit hatte sich auch Regenpelz bei ihnen eingefunden. Nur von Düstersturm fehlte jede Spur. Flammenstern hoffte inständig, dass ihm nichts allzu schlimmes zugestoßen war, hatte aber gerade nicht die Möglichkeit jemanden auf die Suche zu schicken geschweige denn selbst nach dem schwarzen Kater zu suchen. Regenpelz und Staubwolke hielten Wache für den Fall, dass einer der Hunde so mäusehirnig war um wiederzukommen.

Der Gestank nach Tod hing in der Luft, soweit Flammenstern sehen konnte war alles verwüstet. Die zuvor so hübsche Wiese war blutgetränkt und überall lagen die leblosen Körper der Hunde. Einige lebten dem Anschein nach noch, waren aber nicht dazu in der Lage aufzustehen, was die junge Anführerin durch das Winseln und Jaulen der Tiere erkannte. Doch aus dem Wald kam den Hunden keine Hilfe zu. In einem Clan wären sofort alle auf die Suche nach Überlebenden gegangen, doch Hunde verspürten dieses Zusammenhaltsgefühl wohl nicht.

Die Sonne war nun schon etwas länger vollkommen aufgegangen und ging bereits auf Sonnenhoch zu. Trotz dem vielen Leid und Schmerz, das über der Wiese lag strahlte die Sonne wie an jedem anderen schönen Tag in der Blattfrische. Doch dieser Tag war nicht schön. Kämpferherz lag im Sterben und nur ein Wunder konnte ihn noch retten. Keiner ihrer Kämpfer war unbeschadet aus dem Kampf zurückgekehrt, alle trugen sie tiefe Wunden. Und Düstersturm war verschwunden. Von ihrem Clan fehlte jede Spur und sie konnte nur hoffen, dass die Katzen bald hier sein würden und dass niemandem etwas zugestoßen war. Das kein Hund an ihren Kriegern vorbei gekommen war. Sie wünschte nur, die FeuerClan-Katzen würden sich beeilen. Sie brauchte Rotpfote so schnell es ging. Es ging wirklich um Leben und Tod.

Auf einmal hörte sie eilige Schritte auf dem Kiesboden, der sich bei der kleinen Mauer neben der Einfassung des Flusses befand. Dort, wo die FeuerClan-Katzen vor gut einem Halbmond hergekommen waren. Memory und Geißel hatten die Katzen doch wieder dorthin geführt! Flammenstern spitzte interessiert die Ohren und wandte sich dem Fluss zu. Dort erschienen gerade zwei Gestalten. Sie erkannte Rabensturm, der eine weiß-graue Kätzin zu ihnen führte. Zuerst war die flammenfarbene Kätzin erleichtert, Rotpfote endlich kommen zu sehen, bis ihr klar wurde, dass es überhaupt nicht Rotpfote war. Rabensturm war mit Gelbpfote auf dem Weg zu ihnen. Aber was sollte das denn? Sie brauchten hier eine Heilerin und keine Schülerin!

Als die beiden sie erreichten, kauerte sich Gelbpfote sofort neben Kämpferherz nieder. „Kampfpfote!", flüsterte sie verzweifelt. Blaupfote warf ihrer Schwester einen aufmunternden Blick zu, doch Gelbpfote bemerkte es gar nicht. Währenddessen trottete Flammenstern zu ihrem ältesten Krieger und betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn. „Was machst du denn? Ich habe dich nach Rotpfote geschickt und du bringst mir ihre Schwester! Wie soll Kämpferherz denn jetzt noch gerettet werden?", murmelte sie durch zusammengebissene Zähne um ihn nicht anzufauchen. Es brachte Kämpferherz nichts, wenn sie sich jetzt auch noch mit seinem Mentor stritt. Rabensturm wirkte bestürzt und verwirrt. „Ich wollte ja Rotpfote mitbringen, aber es ging nicht", flüsterte er. Erschrocken riss Flammenstern die Augen auf. „Wieso? Ist ihr etwas zugestoßen?" Rabensturm schüttelte den Kopf und holte dann tief Luft. „Ihr nicht. Aber jemand anderen." Ihr Fell sträubte sich und sie miaute: „Wem? Was ist geschehen?"

Rabensturm warf seinem ehemaligen Schüler einen prüfenden Blick zu. Gelbpfote hatte begonnen ihm irgendein Kraut auf die Wunden zu schmieren. Ob sie wusste, was sie da tat? Plötzlich kam Flammenstern wieder in den Sinn, dass Gelbpfote ja Gelbzahns Wiedergeburt war. Wenn nicht Gelbpfote helfen konnte, wer denn dann?

„Zwei Hunde sind an uns vorbei gekommen. Sie haben die Katzen verfolgt und angegriffen. Im ersten Moment haben sie sie nicht bemerkt und Rennpelz... Er ist schwer verwundet, ihm fehlt ein Stück seines Hinterbeines und seines Schweifs. Laubsprenkel, Streifenpfote und Wasserpfote haben die Hunde dann verjagt und dabei alle in paar Kratzer davon getragen. Aber nichts Schlimmeres." Flammenstern hatte schweigend Rabensturms Bericht gelauscht. Sie hatte so sehr gehofft dass sie alle Hunde hatten aufhalten können, aber das hatte wohl nicht funktioniert. Insgesamt hatte ihr Clan nun also zwölf mehr oder weniger verwundete Katzen. Zwei davon waren schwer verletzt, von einem fehlte jede Spur und wie schlimm die restlichen Verletzungen waren, konnte noch nicht gesagt werden. Wenn das nicht mal eine nach Fuchsdung stinkende Bilanz war. Aber sie durfte sich jetzt nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ihr Clan würde das schaffen. Kämpferherz und Rennpelz würden das überleben!

„Rabensturm, Regenpelz! Ihr geht Düstersturm suchen. Staubwolke, du hältst weiter Wache. Ich muss noch schnell etwas schauen. Kämpferherz, du bleibst am Leben!", verkündete sie und ihre Clangefährten nickten zustimmend, vor allem bei ihrem letzten Satz. Ob Kämpferherz sie überhaupt gehört hatte, konnte sie nicht sagen. Da er nur noch ein Ohr hatte und bewusstlos war, glaubte sie aber nicht daran.

Die beiden Kater machten sich sofort auf den Weg, wobei beide humpelten. Doch darauf konnte nun keine Rücksicht genommen werden. Erst mussten sie Düstersturm finden.

Flammenstern lief zum Fluss, in dem sich die Sonne wunderbar spiegelte und schnüffelte. Irgendwo hier in der Nähe musste sie den Hundewelpen abgesetzt haben. Sie wollte nur schnell sicher gehen, dass es ihm gut ging, dann würde sie ihn alleine lassen. Sie konnte ihm nicht helfen. Sie konnte nur hoffen, dass dort im Wald noch irgendwo eine Mutter auf ihn wartete. Nach kurzer Zeit entdeckte sie die Stelle, an der sie den Kleinen abgesetzt hatte. Das Schilf war niedergedrückt und es gab Pfotenspuren von ihr und dem Welpen. Hier musste er sein. Flammenstern schnupperte und roch sofort den intensiven Hundegestank. Aber den Welpen entdeckte sie nirgends. Nachdem sie einige Farne zur Seite gedrückt hatte und ihn nicht entdecken konnte, seufzte sie niedergeschlagen. Er musste in den Fluss gefallen sein. Es tat ihr Leid für den jungen Hund, aber jetzt konnte sie ihm nicht mehr das Leben retten. Er war verschwunden.

Auf einmal schimmerte etwas Silbernes im Wasser. Ein Fisch! Wenn sie schon dem Welpen nicht helfen konnte, konnte sie wenigstens ihren verwundeten Freunden etwas zu fressen bringen. Sie überprüfte kurz, dass ihr Schatten auch nicht auf das Wasser fiel, dann schlug sie zu. Ihre Pfote berührte das Wasser und das Blut wurde aus ihrem Fell gespült, gleichzeitig erwischte sie den Fisch und schleuderte ihn schwungvoll aus dem Wasser ans Ufer. Dort blieb er zappelnd liegen und Flammenstern tötete ihn mit einem schnellen Biss.

Mit dem Fisch im Maul lief sie zurück zu ihren Clangefährten. Bitte, lass Kämpferherz noch am Leben sein! Schon von weitem entdeckte sie, dass Rabensturm und Regenpelz zurück waren. Zwischen ihnen lag ein regungsloser Körper. Sofort beschleunigte sie ihre Schritte. Das durfte jetzt doch nicht wahr sein! Düstersturm konnte doch nichts passiert sein!

Als sie die Katzen erreichte, stellte sie erleichtert fest, dass sowohl Kämpferherz als auch Düstersturm atmeten. Wenn das nicht mal ein gutes Zeichen war. „Was ist mit ihm passiert?", wollte sie wissen. Regenpelz erklärte mit leiser Stimme: „Es geht ihm soweit gut, er hat kaum schlimmere Verletzungen... aber..." Ihr Gefährte deutete mit dem Schweif auf Düstersturms Gesicht. Überrascht schnappte sie nach Luft. Das konnte jetzt doch nicht real sein! Düstersturms Gesicht war vollkommen zerkratzt. Aber nicht von Hundekrallen oder -zähnen. Sondern von Brombeerzweigen. Seine Schnauze war geschwollen und auch seine Augen sahen überhaupt nicht gut aus. Das eine war geschlossen und eine gelbe Flüssigkeit trat heraus. Das andere war offen. Wenn man es so nennen konnte, denn dort steckte ein Stück von einem Ast. Es war kaum noch etwas von dem Auge zu erkennen. Und dort würde wohl auch nie wieder etwas zu erkennen sein. Nach diesem einen Blick war Flammenstern eines klar: Düstersturm war blind. Und das würde er sehr wahrscheinlich auch bleiben.

Bin doch nochmal an WLAN gekommen ;) Wie findet ihr das Kapi? Gefällt euch eigentlich, was ich aus der „Besetzung" gemacht habe? Ich fand die Idee ganz gut, ich weiß ja nicht, wie ihr das seht.

Warrior Cats - Die Tochter des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt