Amaya starrte Emin mit offenem Mund an.
,,Ich dachte die Römer hätten alles geplündert und zerstört."
Emin dachte an die Bilder der zerstörten Stadt zurück, die er besucht hatte. Selbst aus den teuren luxuriösen Villen, die von der Oberschicht Armeniens bewohnt wurden, waren nur noch zerfallene Ruinen übrig, die nun den Ratten ein neues zu Hause boten.
Die Stadt war tot, genauso wie ihre Einwohner.
,,Ja das haben sie.", antwortete er schließlich leise. ,,Du wirst nicht zurück können, aber du hast genügend Geld um ein neues Leben zu beginnen."
Amaya floss langsam eine Träne ihre zarte Wange herunter.
,,Ich kann nicht. Ich bin eine Sklavin.".
Wie aussichtslos ihre Lage schien...
,,Du kannst dich frei kaufen."
Amaya schüttelte den Kopf.
,,Ich muss mindestens 20 Jahre alt sein, um mich freikaufen zu können." -
,,Manche Herren lassen ihre Sklaven früher gehen."
Traurig schaute sie ihm in die Augen: ,,Du kennst meine Herrin nicht, Emin. Selbst wenn sie mich freilassen würde, könnte ich ihr zutrauen, dass sie die Freilassung widerrufen würde. Dann würde mein Eigentum automatisch ihr gehören."
Emin schien langsam zu verstehen.
,,Und was hast du jetzt vor?".
Amaya sah zu wie die kalten Regentropfen die Zeltwand herunter liefen und im nassen Boden versickerten.
,,Ich weiß es nicht. Ich werde Nila fragen. Bis dahin behältst du es für dich, Emin. Keiner darf es erfahren. Bis ich mein Eigentum übernehmen kann, möchte ich dass du es verwaltest. Ich vertraue dir. Vater vertraute dir...".
Sie nahm seine Hand und er nickte.
,,Wann treffen wir uns wieder, damit du mir sagen kannst, was das Gespräch ergeben hat?" - ,,Hier auf dem Marktplatz in einer Woche."
,,Gut. Ich werde morgens hier sein. Aber Amaya,- denk daran: Du bist sehr viel mehr wert, als dass deine Herrin dir einredet."
Sie umarmten sich zum Abschied und so schnell wie Emin gekommen war, verschwand er auch wieder in der Menschenmenge.
Amaya blickte ihm nach und merkte erst jetzt, wo er weg war, wie kalt es in dem Zelt war.
Sie ging wieder zu Terra.
Es war Zeit wieder zurück zu gehen.
Immernoch saß sie mit Tristan am Tisch umgeben von immer mehr Römern, doch diesmal würde Amaya nicht locker lassen.
,,Herrin Terra, wir müssen los. Sonst sind wir nicht rechzeitig zu Hause, bevor die Sonne aufgeht."
Zu ihrem Staunen nickte Terra ohne Widerworte und stand auf.
,,Ich habe sowiso keine Lust mehr."
Amaya folgte Terra nach draußen. Der Regen war stärker geworden und Terra blieb am Zeltausgang stehen.
,,Seit wann regnet es?!" - ,,Seit ungefähr einer Stunde, Herrin. Es ist seitdem nur stärker geworden."
Angst blitze in Terras Augen auf: ,,Wir können nicht warten, sonst kommen wir zu spät nach Hause!".
Sie ging aus dem Zelt und zu ihrem Pferd.
,,Vielleicht ist es zu gefährlich jetzt zurück zu reiten und wir sollten erstmal hier bleiben?".
Amaya folgte ihr und war schon völlig durchnässt, als sie ebenfalls beim Pferd ankam.
,,Nein wir müssen zurück!", Terra schwang sich auf das Pferd und Amaya ergriff gehorsam die Zügel.Sie konnte kaum nach vorne schauen und der Regen prasselte auf sie ein. Die Waldwege waren matschig und nur mit Mühe zog Amaya das sträubende Pferd hinter sich her.
Sie hatten noch nicht einmal die Hälfte des Rückweges geschafft und die Kräfte verließen Amaya schon. Sie zitterte am ganzen Körper und die Bilder verschwommen immer wieder vor ihren Augen.
Sie blieb stehen. Jetzt bloß nicht ohnmächtig werden.
,,Wieso bleibst du stehen? Geh weiter!", ungeduldig und ebenfalls durchnässt, saß Terra auf dem Pferd und sah Amaya böse an.
,,Ich kann nicht mehr.", Amaya rollten Tränen über ihre Wangen und sie wischte sich die klebenden Haare aus dem Gesicht.
,,Du musst! Los geh weiter!".
Amaya gehorchte und setzte einen wackeligen Schritt vor den Anderen.
Sie rutschte aus und viel mit einem erstickten Aufschrei in den Matsch. Mühevoll richtete sie sich wieder auf und ging weiter. Das Fieber stieg und ihr Kopf drohte zu zerbrechen. Dann merkte sie wie ihre Augenränder sich zusammen zogen und wie die Dunkelheit sie einhüllte.
'Gott hilf uns' schrie sie in Gedanken, bevor ihre Beine nachgaben und sie zusammenbrach.Terra betete zu allen möglichen Göttern.
Was für eine dumme Idee es gewesen war, alleine zu dem Fest zu gehen!
Amaya sah schwach aus und Lucas Worte fielen ihr wieder ein.
Sie hielt erneut an. Gerade wollte Terra sie drängen weiter zu gehen, als sie plötzlich fiel und auf dem dreckigen Boden liegen blieb. Terra erschrak und stieg schnell vom Pferd. Sie blieb neben Amaya stehen und hob ihren Kopf an. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Mund leicht geöffnet.
Was hatte sie getan?
,,Amaya!", sie schlug leicht gegen ihre Wange, doch Amaya reagierte nicht.
Terra bakam Angst. ,,Ich hole Hilfe. Hörst du? Alles wird gut!".
Sie sprach auch sich Mut mit diesen Worten zu und rannte dann zurück zum Pferd.
Ohne nachzudenken stieß sie die Steigbügel in den Bauch des Pferdes und galoppierte durch die Nacht.
Die Bäume zogen blitzschnell an ihr vorbei und der Regen wurde immer stärker, bis Terra nichts mehr sehen konnte. Sie sprang vom Pferd und rannte die letzten Meter zu ihren Haus.
Die Lichter waren aus, die Vorhänge zugezogen. Keiner hatte etwas gemerkt.
Sollte sie Amaya liegen lassen und vorgeben sie wäre weggelaufen? Dann würde sie keinen Ärger bekommen.
Und sie wäre eine Mörderin, wenn sie es jetzt schon nicht war.
Sie eilte die Treppen herauf und schlug wild gegen die Eingangstür.
Eine verschlafene Sklavin mit einer Kerze in der Hand, öffnete diese langsam und Terra stürmte in das Haus.
Schnell rannte sie den Flur entlang zu Lucas Zimmer und stieß seine Zimmertür auf.
Er fuhr erschrocken hoch und starrte seine durchnässte Schwester mit müden Augen an, die begann wild auf ihn einzureden.

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Amaya: Eine Sklavin Rom's
Romance(abgeschlossen) Amaya war einst eine einflussreiche Frau in ihrem Land bis dieses von den Römern erobert wurde. Nun muss sie sich in der Rolle einer unbedeutenden Sklavin zurecht finden und ihr neues Leben akzeptieren. Dabei schwebt sie ständig in L...