~Kapitel 3~

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Nila saß die ganze Nacht neben Amayas Bett. Der hoffnungslose Blick des Arztes hatte für sich gesprochen. Er glaubte nicht dass seine Patientin wieder gesund werden würde...
War dies alles vielleicht wirklich verschwendete Zeit? Tränen stiegen in ihr auf. Die ganze Anstrengungen und Mühen der letzten Wochen, hatten ihr stark zugesetzt. Sie musste jetzt auch an sich denken.
Nila nahm Amayas Hand in ihre. Ihre Hand war warm, ihr Brustkorb hebte und senkte sich. Wieso wachst du nicht auf?
Sie küsste sie auf die Stirn und erhob sich um schlafen zu gehen. Morgen früh würde sie wieder nach ihr sehen.
Nila wollte gerade die Tür öffnen, als sie plötzlich ein Stöhnen hinter sich hörte.
Sie drehte sich abrupt um und lief zu Amaya. Sie hatte ihre Augen zusammengepresst und ihren Mund schmerzhaft verzogen. Ihr Kopf bewegte sich langsam von der Einen zur anderen Seite. ,,Ich bin hier. Alles ist gut. Kannst du mich hören, Amaya?", Nilas Herz raste vor Aufregung und die Hoffnung war wieder da.
Dann öffnete sie langsam ihre blauen Augen und schaute in den Raum. ,,Gott sei Dank!", Nila konnte ihre Freudestränen nicht zurück halten. ,,Emin!", schrie sie gleich daraufhin und strich Amaya die Haare aus dem Gesicht.
Außer Atem kam Emin angerannt und schlug die Tür auf. Ein Lächeln zog sich über seinen Mund, als er Amaya erblickte, die zu der Tür herüber sah. Er ging zu den beiden Frauen, legte eine Hand auf Nilas Schulter und nahm mit der Anderen Amayas Hand. ,,Kannst du uns hören, Amaya?", fragte er dann mit aufgeregter Stimme. ,,Ja."
Es war eine leise, raue Antwort die schwer über Amayas Lippen kam, doch sie erwärmte Nilas Herz. ,,Hast du Schmerzen?", fragte Emin weiter. ,,Mein Bein." Besorgt schaute Nila von Amaya zu Emin: ,,Hol den Arzt." - ,,Er kommt übermorgen. Es ist normal nach so einer großen Verletzung und es ist ein gutes Zeichen, dass du dein Bein spürst, Amaya." Sie schloss wieder ihre Augen. ,,Ich sollte Tod sein. Wie bin ich hierher gekommen?". Nila und Emin wechselten einen Blick und Nila ergriff das Wort als Erste: ,,Das ist eine lange Geschichte. Du solltest jetzt erstmal etwas essen. Ich bringe dir etwas."
Als Nila jedoch mit der Suppe zurück kam, saß Emin neben ihrem Bett und hielt seinen Zeigefinger vor seine Lippen.
Amaya war wieder eingeschlafen.

Der Arzt kam wie versprochen. Er war sichtlich überrascht über die großen Neuigkeiten und freute sich, seiner Patientin endlich persönlich gegenüber stehen zu können. Amaya war wach, als er ihr Zimmer betrat. Sie hatte etwas mehr Kraft gewonnen und das Sprechen fiel ihr mittlerweile etwas leichter.
,,Guten Morgen, Amaya. Wie geht es Ihnen?", seine höfliche Anrede war ihr nicht entgangen. ,,Ich werde deine Wunde nochmal untersuchen. Emin hat mit bereits gesagt dass Sie Ihr Bein spüren?" - ,,Ja."
Der Arzt half ihr sich aufzusetzen und löste den Verband. Amaya konnte nicht auf die hässliche,tiefe, blutige Narbe schauen, die sich über ihr ganzes Bein zog. ,,Das sieht sehr gut aus. Keine Infektion und die Wunde macht gute Fortschritte.", der Arzt tupfte sie ab und legte einen neuen Verband an. Amaya schaute dabei aus Nilas Fenster. Die Narbe an ihrem Bein, wäre nicht die Einzige die sie immer an ihre grausame Vergangenheit erinnern würde. Auch an ihrem Bauch und Oberkörper waren Narben geblieben. Die Flecken und Schrammen in ihrem Gesicht jedoch, waren kaum noch zu sehen. Nur eine Narbe hinter dem Ohr, die sich am Hals und über den Rücken zog, war geblieben.
Sehnsuchtsvoll schaute sie zu dem Horizont. Irgendwo hinter diesen Bäumen, stand Lucas Haus. Wie konnte er so nah und doch so fern sein?
Amaya wusste dass niemand erfahren durfte, dass sie noch am Leben ist.
Die Tür wurde geöffnet und Emin kam herein. ,,Wie sieht es aus, Doktor?", fragte er. ,,Erstaunlich gut. Ich denke in einer Woche werden Sie aufbrechen können."
So bald schon? Emin hatte Amaya von ihrem Fluchtplan berichtet. Sie würden zurück reisen in ihre Heimat und von vorne beginnen. Amaya hatte genug Geld für einen Neuanfang und das wäre am besten möglichst weit entfernt. Warum nur konnte sie sich nicht darauf freuen?
,,Sehr gut. Danke für alles, Doktor."
Die Männer reichten sich zum Abschied die Hände. ,,Falls etwas ist, rufen Sie mich ruhig. Aber ich denke sie ist bereit."
Nein, Amaya war noch nicht bereit. Sie würde niemals bereit sein das Land zu verlassen, indem der Mann lebte, den sie liebte und der sie für Tod hielt.
Andererseits...- vielleicht war es auch besser so?

Der Arzt schloss die Tür hinter sich und Amaya spürte Emins Blick auf sich, sodass sie ihn anschaute: ,,Was ist?" - ,,Dasselbe habe ich mich auch gerade gefragt." Er kam auf sie zu und setzte sich ihr gegenüber. ,,Du wirkst so bedrückt." Amaya schaute auf ihre Hände. ,,Es ist nichts. Ich bin nur aufgeregt. Das ist alles." Emin nickte verständlich: ,,Wenn wir hier erst einmal raus sind, wird alles besser."
Er drückte kurz Amayas Hand und ging ebenfalls. Sie ließ sich zurück in ihr Bett fallen und starrte an die Decke.
Luca hätte sie schon bald vergessen und würde eine Römerin heiraten und mit ihr glücklich werden. Es wäre das Beste für ihn. Doch dieser Gedanke versetzte Amaya einen Stich in ihr Herz...

Amaya: Eine Sklavin Rom'sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt