~Kapitel 18~

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Luca kam erst aus der Stadt zurück, als es schon dunkel war. Seit über einer Woche suchte er jetzt schon nach Amayas Gott. Irgendwo musste er doch stehen! Seine Gedanken plagten ihn und sein Kopf schmerzte, als er sich endlich schlafen legte. Er hatte die Bewohner gefragt, doch keiner kannte die Statue. Wenn ihr Gott wirklich so mächtig war, wie Amaya immer gesagt hatte, hätte er so eine große Statue haben müssen, dass Luca gar nicht lange hätte nach ihr suchen brauchen. Ärgerlich wältzte er sich von einer Seite des Bettes auf die Andere. Vielleicht fürchteten sie sich, weil er ein Römer war und sagten deswegen nichts? Feiglinge! Amaya stand zu ihrem Glauben bis zum Tod. Luca stand auf. Es hatte keinen Sinn. Er konnte sowieso nicht schlafen. Er nahm einen Becher Wasser und ging auf den Balkon. Die Sterne funkelten an dem klaren Himmel und der Mond erhellte die Nacht. Alles schien so friedlich zu sein...
Wo ist er? Wo ist dein Gott, Amaya?
Stille. Nur ein leises Windrauschen. Luca seufzte auf. ,,Wenn es dich gibt, dann zeig dich!", Luca ging wieder rein und warf wütend den Becher gegen die Wand. Nichts... was hatte er auch anderes erwartet?
Dann klopfte es an seiner Tür. ,,Ja."
Die Tür ging auf und Selma streckte ihren Kopf herein. ,,Ich wollte nur schauen, ob alles in Ordnung ist, Herr. Ich habe ein lautes Geräusch gehört." - ,,Ja. Alles ist gut." Selma hatte den Becher und die Pfütze mit dem Wasser auf dem Marmorboden jedoch bereits entdeckt. Sie kam in sein Zimmer und kniete sich auf den Boden, um es auf zu wischen. ,,Entschuldige. Ich war nur aufgebracht." Selma schaute ihn fragend an. ,,Ich suche die Statue von diesem Christen Gott.", Luca setzte sich müde auf sein Bett und fuhr sich durch seine zerzausten Haare. ,,Da können Sie lange suchen.", Selma wrang das nasse Handtuch über einer Schüssel aus. ,,Wie meinst du das?", Lucas Herz schlug schneller. Selma zuckte mit den Achseln: ,,Es gibt keine Statue." Keine Statue? Auch nicht in Amayas Heimatland? ,,Du kennst diesen Gott?", neue Hoffnung keimte in Luca auf.
,,Nein. Nicht wirklich. Ich habe viel von ihm gehört. Meine Herrin hat mir von ihm erzählt." Der neue Eigentümer ist also verheiratet?
,,Was genau?", Luca war nun wieder hellwach. Selma stand unsicher auf. Die Pfütze war aufgewischt. ,,Dass es keine Statue von ihm gibt und er nicht hier auf der Erde in einem Tempel wohnt. Ich habe es selbst nicht genau verstanden."
Luca sah sie lange an. Was verschwieg sie ihm? Sie war nervös und schaute immer wieder zur Tür hinüber, so als wolle sie schnell wieder verschwinden.
,,Deine Herrin ist also eine Christin?", wenn das stimmte würde er bei dem Essen morgen Abend selbst mit ihr sprechen. Sie würde ihm sicherlich mehr über ihren Gott erzählen können, als dieses Sklavenmädchen. Selma sagte nichts. Das brauchte sie auch nicht. Luca nickte und deutete zur Tür. Selma durfte gehen. Die Erleichterung war ihr anzusehen. Mit schnellen Schritten eilte sie zur Tür und verschwand aus seinem Zimmer. Luca schüttelte nachdenklich den Kopf und legte sich wieder ins Bett. Diesmal war er nach kurzer Zeit eingeschlafen.

Als er am nächsten Tag aufwachte, war es bereits Nachmittag. Er zog die Vorhänge zur Seite und wurde sofort von der hellen Sonne geblendet. Verschlafen kniff er die Augen zusammen und ging ins Bad. In wenigen Stunden war es soweit. Er würde den neuen Eigentümer kennenlernen und hoffentlich durch seine Frau, etwas mehr über Amayas Gott erfahren. Nach einem Bad zog Luca sich etwas frisches an und wurde kurz darauf schon von einem Sklaven abgeholt, der ihn in den Speisesaal brachte.
Luca sah sich aufmerksam in der Villa um, als sie dorthin gingen. Sie gingen über einen langen Flur, bis sie zu einer großen Bogentreppe kamen. Bis hierher kannte er den Weg, doch er hatte es nicht gewagt sich alleine mehr in der Villa umzusehen. Sie gingen die weiße Marmortreppe hinunter und an der Eingangstür vorbei, in einen großen Raum. Obwohl es schon spät war, war der Raum hell, durch die vielen Kerzen und Lichter. In einer Ecke befanden sich mehrere, elegante Sofas. Ihr goldener Korpus war fein geschwungen und mit zarten Schnitzereien geschmückt und grüne Pflanzen ließen den Raum frischer wirken. Feste Säulen stützten die oberen Etagen und teilten gleichzeitig den großen Raum.
Der Sklave blieb stehen und Luca ging weiter zu dem Esstisch, an dem bereits einige Gäste saßen. Sie unterhielten sich aufgeregt und manche hatten bereits einen Wein zu viel. Luca setzte sich neben den alten Mann, den er bereits am ersten Tag kennengelernt hatte. Er nickte Luca zu und konzentrierte sich wieder auf irgendwelche Papiere. Viele von den Geschäftsmännern kannte Luca durch seinen Vater. Er begrüßte sie freundlich und sie sahen ihn ehrfürchtig und auch ein wenig enttäuscht an. Wahrscheinlich sahen sie ihre Chancen sinken, jetzt wo das Laterensis Unternehmen auch Interesse zeigte. Luca ließ sich einen Becher Wein einschänken und hörte halb dem alten Mann zu, der über irgendwelche steigende Preise sprach.
Plötzlich spürte er eine kalte Hand auf seiner Schulter. Er drehte sich um und sah zu einer jungen Frau hinauf, die verführerisch zu ihm herunter lächelte.
Mit langsamen Bewegungen nahm sie neben ihm Platz und legte ihre Hand auf seinen muskulösen Unterarm.
Aurelia!
,,So sieht man sich also wieder Römer.", sie lächelte ihn an und ihre Augen schienen ihn durchdringen zu wollen.
,,Eigentlich müsste ich dir ja böse sein... Du hast uns einfach in Syrien sitzen lassen. Was für ein Zufall, dass mein Vater und du euch beide für dasselbe Geschäft interessiert." Sie war gerade mal eine Minute wieder da und schon nervte Luca ihr Gerede. Er nahm einen großen Schluck Wein.
,,Ich bin schon so neugierig auf den neuen Eigentümer! Er hat wirklich schon viel zu lange ein Geheimnis daraus gemacht.", als Aurelia sah, dass er ihr kaum zuhörte, spielte sie verführerisch mit ihren Haaren: ,,Vielleicht sieht er gut aus und hat Interesse an einer Heirat..." - ,,Ich glaube eher nicht."
Seine kalte Antwort ließ Aurelias Schultern sinken und sie ließ seinen Arm endlich los. Luca sah, dass er ihre Gefühle verletzt hatte und riss sich zusammen: ,,Soweit ich weiß, ist er bereits verheiratet."
Aurelia lächelte wieder und ihre Augen fingen wieder an zu strahlen: ,,Ist nicht schlimm." Sie sah ihn viel zu lange an, bis sie sich endlich abwandte, weil etwas anderes ihre Aufmerksamkeit erregte.
Ihre Kinnlade fuhr herunter und die Gespräche der anderen Geschäftsleute verstummten. Stille breitete sich im Raum aus und man hörte nur noch große, selbstsichere Schritte über den spiegelglatten Boden auf sie zu schreiten...

Amaya: Eine Sklavin Rom'sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt