Eine Woche war bereits vergangen, als Luca Laterensis ihre Villa betreten hatte. Seitdem hatte Amaya kaum ihr Zimmer verlassen. Selma hatte ihr erzählt, dass Luca öfter in die Stadt ging. Erst dann nutze sie die Gelegenheit etwas frische Luft zu schnappen. In drei Tagen würde sie sich bei ihren Gästen vorstellen müssen. Geplant war ein großes Abendessen im Speisesaal und schon jetzt wurden die wichtigsten Entscheidungen und Vorbereitungen getroffen. Ihre Gäste waren nur das Beste gewohnt und erwarteten viel.
Gestern waren die letzten Gäste eingetroffen und nun beherbergte Amaya zwanzig, reiche Geschäftsmänner aus der ganzen Welt. Der Gedanke an das Essen beunruhigte sie und sie versuchte sich abzulenken. Doch ständig kamen Fragen zu dem Essen, der Dekoration und ihrem Kleid, sodass Amaya kaum noch einen anderen Gedanken im Kopf hatte. Gerade hatte sie wieder eine der vielen Fragen beantwortet und Emin verließ ihr Zimmer. Amaya massierte ihre Schläfe und ging zu ihrem Fenster. Luca hatte die Villa heute morgen schon verlassen und war noch nicht wieder zurück gekehrt. Amaya hoffte ihn kurz sehen zu können, wenn er zurück kam. Auch wenn es nur paar kurze Sekunden sein würden.
Erneut ein Klopfen an ihrer Tür.
Amaya verzog ihren Mund und atmete tief ein: ,,Herein." Selma kam mit ihrem Kleid zurück und strahlte über ihr ganzes Gesicht. ,,Es ist wunderschön!", sagte sie und reichte es ihrer Herrin. Amayas Finger fuhren über den seidenen Stoff. Ja das war es. Amaya ging zum Spiegel und hielt es vor ihren Körper. Ihre Mutter hatte ein ähnliches getragen, wenn ihr Vater wichtige Gäste empfangen hatte.
Amaya lächelte bei der Erinnerung an sie. Die Tunika war auffällig bestickt mit goldenen Verzierungen, die perfekt zu dem Blau und Weiß des Kleides passten. Ihre Augen kamen darin besonders schön zur Geltung. Doch sie würden sowiso nicht zu sehen sein. Amaya legte das Kleid auf ihr Bett und hob ihren Schleier hoch. Vor dem Spiegel blieb sie wieder stehen und setzte ihn auf. Der Schleier reichte vorne bis zu ihrer Schulter. Hinten war er etwas länger. Sie konnte alles um sich herum erkennen, wenn auch etwas unklar. Doch von außen konnte man ihr Gwsicht nicht sehen. Vielleicht erlaubte der Schleier einen kurzen Blick auf ein paar Konturen, wenn das Licht besonders fiel, doch ansonsten verbarg er ihr Gesicht und erfüllte damit seine Aufgabe. Selma schaute ihr nachdenklich zu. ,,Darf ich Sie etwas fragen?", überwand sie sich endlich.
,,Natürlich, Selma. Du musst nicht fragen.", Amaya nahm den Schleier wieder ab und legte ihn ordentlich auf ihr Bett. ,,Wieso der Schleier?".
Selma kam auf sie zu und legte ihre kleine Hand auf den Schleier. ,,Um unerkannt zu bleiben." - ,,Aber wieso?".
Amaya lächelte leicht. Wie konnte sie von Selma erwarten dass sie sich öffnete, wenn sie selbst so viele Geheimnisse in sich trug und vor ihr verborgen hielt?
Selma biss sich auf die Lippe. ,,Tut mir leid. Ich hätte nicht fragen sollen." - ,,Ich war auch eine Sklavin." Selmas Blick traf sie überrascht und Amaya zwang sich ruhig zu bleiben. Sie setzte sich hin und deutete Selma, sich ebenfalls zu setzen.
,,In Rom. Es ist nun schon einige Monate her. Bald schon zwei Jahre.", sie umspielte ihre Hände auf ihrem Schoß.
,,Meine erste Herrin hieß Nila. Sie war ein liebevoller Mensch." Selma folgte ihr aufmerksam und ihre Augen blickten neugierig zu ihr hinauf. ,,Dann kam ich zu einer anderen Eigentümerin. Alles hatte sich verändert. Ich kam in das Haus von Nathan Laterensis und diente seiner Tochter Terra." Selmas Augen wurden noch größer: ,,Luca Laterensis?".
Amaya nickte. ,,Als sie erkannte, dass ich eine Christin bin...", Amayas Stimme brach ab. Wie sollte sie das Selma bloß erklären? ,,...Sie tat das, was sie in ihrem Land kennen gelernt hatte. Wie man mit Christen dort nunmal umgeht." Sie schaute unsicher zu Selma, doch sie schien Amaya noch nicht zu verstehen.
,,Sie brachte mich ins Kolosseum."
Selma schnappte nach Luft. ,,Sie wusste es nicht besser. Sie hat im Zorn gehandelt. Ich dachte mein Leben wäre vorbei. Aber Gott hatte einen anderen Plan mit mir." - ,,Niemand überlebt das Kolosseum." - ,,Nun Selma ich kann nicht leugnen dass ich es überlebt habe.", Amaya grinste und nahm ihren Schleier. ,,Fast niemand weiß davon. Es ist unser Geheimnis. Deswegen der Schleier." Sie schien zu verstehen. ,,Dein Gott hat dich beschützt. Ich werde ihm ein Dankopfer bringen. Wo steht er?".
Traurig senkte Amaya den Blick. Sie hatte Selma oft versucht etwas über Gott zu erzählen, doch sie hatte sie anscheinend nicht verstanden. ,,Es gibt keine Statue." - ,,Es ist der Gott im Himmel oder?". Amaya nickte. ,,Von dort oben kann er besser auf dich aufpassen. Er hat dir das Leben gerettet und das Gebet erhört, was ich jede Nacht eigentlich zu Athene sprach: er hat mich zu dir gebracht." - ,,Glaubst du an die griechischen Götter?". Selma schüttelte den Kopf. ,,Nein. Ich glaube gar nicht mehr. Nachdem ich miterleben musste wie grausam Menschen sind und wie gleichgültig ich allen Göttern bin, beschütze ich mich lieber selbst. Ich habe zu allen mir bekannten Göttern gebetet. Niemand hat mein Schreien gehört."
Gott tröste sie! Ich weiß nicht was alles mit ihr geschehen ist, aber du siehst ihre Verbitterung und diese großen Wunden, die nur du heilen kannst.
,,Wieso hast du mir das erzählt?", fragte Selma Amaya nach einer kurzen Pause.
Amaya zuckte mit den Achseln: ,,Ich vertraue dir. Und vielleicht wirst du mir bald auch mal eines deiner Geheimnisse anvertrauen. Danach fühlt man sich besser." Selma stand auf und ging zur Tür. ,,Ja, vielleicht.", sagte sie und verließ das Zimmer. Amaya schaute ihr nach. Selma war innerlich bereits zerbrochen. Sie vertraute niemanden. Wie sollte Amaya ihr von Jesus großartigen Liebe erzählen, wenn sie Liebe nicht kannte?
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Amaya: Eine Sklavin Rom's
Romance(abgeschlossen) Amaya war einst eine einflussreiche Frau in ihrem Land bis dieses von den Römern erobert wurde. Nun muss sie sich in der Rolle einer unbedeutenden Sklavin zurecht finden und ihr neues Leben akzeptieren. Dabei schwebt sie ständig in L...
