~Kapitel 27~

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Amaya ging unter den Bäumen entlang durch ihren Garten. Es war ein gutes Gefühl, Terra ohne Angst gegenüber stehen zu können. Sie lächelte zufrieden und wünschte den Schleier abnehmen zu können, aber es war zu gefährlich. Plötzlich hörte sie neben sich Schritte. Sie fuhr zusammen und wäre fast über ihre eigenen Füße gestolpert, aber eine starke Hand hielt sie fest. Sie schaute Luca ängstlich an. Er lächelte und Amaya beruhigte sich sofort wieder.
,,Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht erschrecken.", Luca ließ sie los und schaute zum Haus zurück. ,,Ich hoffe es ist für Sie in Ordnung, wenn ich in Ihrem Garten spazieren gehe." - ,,Natürlich.", Amaya erwiderte sein Lächeln, auch wenn sie wusste, dass er es nicht sehen konnte. ,,Wie geht es Ihnen?", sie fragte obwohl sie wusste, dass ein stolzer Römer wie er, ihr seine Gefühle wahrscheinlich nicht mitteilen würde.
,,Es geht schon. Ich hoffe Sie wissen dass das Laterensis Unternehmen trotzdem an einer Zusammenarbeit interessiert ist.", Luca ging weiter und sie folgte ihm. ,,Das freut mich zu hören."
,,Danke, dass meine Schwester hier erstmal wohnen darf." Amaya hielt inne und zwang sich freundlich zu klingen. ,,Sie darf so lange bleiben, wie sie möchte.", insgeheim hoffe sie, dass es nicht allzu lang sein würde.
Luca lehnte sich gegen einen Baumstamm und schaute zu ihr herunter. Amaya spielte mit ihren Fingern und zwang sich woanders hin zu schauen, als in seine fesselnden Augen.
,,Ihre Schwester braucht Sie.", sagte sie nach einiger Zeit. Luca atmete laut hörbar aus. ,,Terra ist sich erst bewusst wie viel ihr an einer Person liegt, wenn sie diese verloren hat." - ,,Sie sollten nicht so über sie sprechen." Amaya ging weiter. Sie konnte nicht mehr so nah neben ihm stehen. ,,Wenn sie wüssten was sie getan hat..." - ,,Das geht mich nichts an." - ,,Sie tötete die Frau, die ich liebe." Kaum hatte Amaya diese Worte gehört, stockte ihr der Atem. Luca hatte sie mit wenigen Schritten eingeholt. ,,Ihr Name war Amaya.", er schaute zu Boden und kämpfte gegen seine Gefühle an.
Amaya öffnete ihren Mund, aber es kamen keine Worte heraus. ,,Sie war die Sklavin meiner Schwester. Eine Christin."
Stopp! Er durfte nicht weiter reden. Sie musste ihn aufhalten. Aber sie konnte nicht. ,,Sie ließ sie vor die Löwen werfen. An dem Abend, an dem ich eigentlich um ihre Hand anhalten wollte, wenn ich von den Spielen zurückkommen würde. Sie starb vor meinen Augen." Tränen liefen über Amayas Wangen. Nein tat sie nicht! Sie lebt! 
,,Und Sie erinnern mich an Sie." Amaya starrte ihn an. ,,Ihre Art. Oder ihr Glaube. Ich weiß es nicht.", Luca schaute sie durchdringlich an. ,,Es tut mir leid...", mehr brachte sie nicht heraus. Nur ein gebrochenes 'es tut mir leid'. Luca dachte sie brachte ihm ihr Mitgefühl zum Ausdruck. Aber eigentlich entschuldigte sie sich für ihre Feigheit. Für die Schmerzen, die er wegen ihr hatte...
,,Sie ist jetzt bei ihrem Gott.", sagte er. ,,Und deinem.", Amaya lächelte und nahm seine Hand. Auch Luca entfuhr ein kleines Grinsen. ,,Ja das stimmt."
Sie zog ihre Hand schnell wieder weg und spürte seinen Blick auf ihr.
,,Ich werde mich wahrscheinlich nie wieder in eine andere Frau verlieben können." - ,,Aurelia scheint Sie zu mögen." Luca grinste. ,,Aurelia scheint sich sicher zu sein, dass ich sie auch bald mögen werde." - ,,Werden Sie?", Amaya wollte nicht so neugierig sein, aber sie konnte nicht anders. Aurelia war eine schöne Frau. Sie war einflussreich, beliebt und reihenweise Männer waren an ihr interessiert. Warum nicht auch Luca? ,,Nein.", seine Antwort kam schnell und deutlich. Amaya war verwirrt über seine forsche Antwort und sagte lieber nichts weiter. Sie wollte ihn nicht ärgern. Vor allem nicht jetzt, wo er in Trauer und unberechenbar war.
Luca spürte ihre plötzliche Abweisung.
,,Vielleicht werde ich bald wieder eine Frau lieben können. Aber es wird nicht Aurelia sein".
Er hob zärtlich ihr Kinn etwas an und zwang sie in seine Augen zu schauen. Amayas Knie wurden schwach und sie verlierte sich in seinem Blick. Neue Hoffnung keimte in ihr auf und die Worte "ich liebe dich", lagen auf ihrer Zunge. Sie schluckte die Worte hinunter und senkte ihren Kopf. Luca schaute an ihr vorbei zu dem Haus. Amaya folgte seinem Blick. Dort stand Terra auf der Terasse und winkte Luca zu sich. Er ging an Amaya vorbei und ließ sie einfach stehen. Ihr Herz nahm er mit sich...

,,Habe ich das gerade richtig gesehen?", Luca ging an Terra vorbei ins Haus und ignorierte ihre Frage. ,,Du magst sie.", Terra folgte ihm. ,,Warum hast du mich zu dir gerufen?", Luca ging die Treppe hinauf zu seinem Zimmer. ,,Ich wollte mit dir reden. Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen." - ,,Was wolltest du wirklich, Terra?", zuhause war sie nie für ein einfaches Gespräch zu ihm gekommen. ,,Ist es so ungewöhnlich dass eine Schwester mit ihrem großen Bruder reden möchte?" - ,,Bei dir schon."
Sie hatten sein Zimmer erreicht und Terra blieb vor der Tür stehen.
,,Lauf doch nicht immer von mir weg.", wie ein kleines, bockiges Mädchen verschränkte sie ihre Arme vor ihrer Brust. ,,Ich hätte schon viel früher von dir weglaufen sollen. Und Amaya hätte ich mit mir nehmen sollen."
Diese Worten saßen. Terra schrie aufgebracht auf und knallte seine Tür zu.
Luca verdrehte seine Augen und ging zum Fenster. Er öffnete seine Balkontür und trat heraus. Mit seinen Augen suchte er Mina im Garten. Und er fand sie. Unter dem Schatten eines Baumes, kniete sie im Gras und hielt ihre Hände gefaltet. Auch wenn er ihr Gesicht nicht sehen konnte wusste er was sie tat. Schmerzhaft sah er anstatt sie, Amaya dort in ihrer Sklaventunika sitzen und zu ihrem Gott beten.

Wütend stampfte Terra über den Flur zu ihrem Zimmer. Wegen einer Sklavin! Ihr Bruder hasste sie wegen dem Tod einer unbedeutenden, ersetzbaren Sklavin!
Sie schlug ihre Zimmertür zu und ging aufgebracht in ihrem Zimmer hin und her.
Vor ihrem Auge spielte sich dieser Tag erneut ab. Dieser Blick den Amaya ihr zugeworfen hatte. Aber hatte sie sie überhaupt gesehen unter so vielen Menschen? Sie sah ständig diesen mitleidenden Blick. Nicht vorwurfsvoll. Nicht wütend. Nur traurig. Wie in Zeitlupe sah sie nochmal den Löwen auf Amaya springen,- wie er sie durch die Arena geschliffen hatte...
Schuldgefühle kamen in ihr hoch, aber Terra verdrängte diese.
Mit einem schrillen Aufschrei schmiss sie eine Vase um. Amaya hatte den Tod verdient! Aber ihr Tod hatte alles nur noch schlimmer gemacht! Terra riss die Balkontür auf. Sie brauchte Luft.
Ihr Bruder stand auch gerade auf seinem Balkon und schaute in den Garten. Terra folgte seinem Blick und starrte auf die neue Eigentümerin des Festizius Unternehmens. Sie betete.

Amaya: Eine Sklavin Rom'sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt