~ Kapitel 15 ~

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Emin hatte Nathans Sohn sofort erkannt- auch wenn er auf den Bildern in Nilas Villa noch etwas jünger gewesen war.
Beinahe hätte er Amaya gesehen. Sie stand zu dicht am Fenster und er hatte sich die Villa genau angeschaut. Gerade noch rechzeitig war sie einige Schritte zurück gewichen. Mit Luca Laterensis hatten sie beide wohl nicht gerechnet und auf einmal wünschte Emin sich sogar Nathan Laterensis hierher, anstelle seines Sohnes. Schon in Rom hatte Emin gemerkt, dass Amaya etwas bedrückte. Der Abschied fiel ihr nicht nur wegen Nila schwer. Er hatte Amaya nie darauf angesprochen und das brauchte er auch nicht. Er kannte sie einfach zu gut und zu lange.
Emin schaute zu ihrem Zimmer hoch. Das Fenster war leer.
Er verließ den Vorhof und ging die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Vor ihrer Zimmertür blieb er stehen. Amayas Schluchzen aus dem Zimmer zog auch sein Herz schmerzhaft zusammen.
Vorsichtig öffnete er die Tür und ging hinein. Wie ein kleines, verletztes Mädchen saß sie auf dem Boden und ließ ihren Tränen freien Lauf. Selma strich ihr über ihre gelösten Haare und Amaya sah ihn mit ihren großen, blauen und geröteten Augen an. Sie senkte ihren Blick und Emin setzte sich zu ihr.
,,Er ist hier.", stammelte sie ungläubig.
,,Ja. Ich weiß." Selma sah beide verständnislos an und hielt weiterhin die Hand ihrer Herrin. ,,Emin... ich kann das nicht." Emin legte seine Hand an ihr Kinn und zog ihren Kopf hoch, sodass sie ihn ansehen musste. ,,Doch Amaya. Du kannst. Denk daran: Nichts geschieht ohne Grund. Gott wusste es von Anfang an." Amaya strich sich die Tränen aus dem Gesicht. Er hatte ja recht.
Amaya stand auf und strich sich ihr Kleid glatt. Ihre dunklen, gewellten Haare hatten sich gelöst und hingen in ihrem Gesicht. Sie sah so hilflos aus. So verletzlich. Luca hatte die Mauer, die sie mühsam um sich herum aufgebaut hatte, innerhalb einer Millisekunde wieder eingerissen. Alle Gefühle, die sie verdrängt hatte, waren schlagartig wieder da. 
,,Seit all den Monaten, fast Jahren bete ich, dass ich ihn vergessen kann. Ich kann ihm jetzt nicht gegenüber stehen."   Amaya biss sich auf die Lippe. Sie hatte Emin nie verraten, was sie für diesen Römer empfand.
,,Schon gut. Ich habe es mir gedacht." -
,,Ich liebe ihn immernoch, Emin."
Emin nickte verständnisvoll: ,,Aber zu deiner eigenen Sicherheit wäre es gut, wenn ihr euch nicht über den Weg läuft. Da gibt es nur ein Problem..."
Amaya sah Emin fragend an. ,,Die Geschäftsführer möchten 'den Eigentümer' gerne persönlich kennenlernen." Emin lehnte sich an ihre Kommode und sah wie sie innerlich kämpfte. ,,Wir müssen den Ruf des Unternehmens bewahren. Ich werde mir etwas überlegen wie wir Luca..." -
,,Ist gut.", Amaya fiel ihm ins Wort. ,,Bitte?", Emin schaute sie nachdenklich an und Amaya steckte ihre Haare wieder ordentlich hoch. ,,Ich weiß wie wichtig das hier ist. Sie erwarten ein persönliches Gespräch mit dem neuem Eigentümer? Sie bekommen es." - ,,Ich dachte wir überlegen uns eine Ausrede?!", Emin blickte sie fassunglos an. ,,Nein."
Selbstsicher ging sie wieder zum Fenster und schob den Vorhang ein kleines Stückchen zur Seite. Dort unten hatte er gestanden. Jetzt war er in ihrem Haus. Ein Kribbeln durchfuhr ihren Körper.
,,Amaya, jetzt komm bitte wieder zur Vernunft!". Sie hob leicht und entschlossen ihr Kinn etwas an: ,,Ich werde mich nicht verstecken. Das ist mein Haus. Mein Unternehmen. Ich weiß wie wichtig die Auswahl der richtigen Partner ist, Emin. Und ich werde nicht zulassen, dass all die Arbeit und Mühe meines Vaters, die er in dieses Unternehmen gesteckt hat, umsonst gewesen war!".
Selma spürte die Anspannung die sich zwischen ihrer Herrin und Emin aufbaute. Sie war fast zu greifen. Emin schnaubte auf und verschränkte seine Arme vor seiner Brust: ,,Das ist zu riskant! Selbst mit deinem Schleier." - ,,Ja vielleicht ist es das. Aber es ist doch auch auffällig wenn ich mich nichteinmal vorstelle."
Selma stand immernoch unsicher zwischen Emin und Amaya. Sie blickte verwirrt von dem einen zur Anderen.
,,Ist dir eigentlich bewusst wie gefährlich das ist? Selbst wenn alles nach Plan läuft und du unerkannt bleibst: Wie wird es dann weiter gehen? In Lucas Nähe zu sein wird deine alten Wunden nur wieder aufreißen!"
Amaya schaute Emin nicht an. Sie blickte immernoch herunter auf den Vorhof.
,,Sie waren nie verheilt." - ,,Umso schlimmer!".
Amaya lächelte traurig und drehte sich zu Emin um. Erschöpft lehnte sie sich gegen die kühle Wand. Das Gespräch war beendet. Sie hatte das letzte Wort gesagt und Emin würde nichts gegen ihre Entscheidung tun können. Das wusste er. Er beruhigte sich langsam und
schaute Amaya dann müde und bockig an: ,,Ich hatte doch gesagt dass Laterensis nicht ins Haus kommt..."
Amaya lächelte und legte eine Hand auf seine Schulter: ,,Du hattest von Nathan Laterensis gesprochen, Emin. Von Luca war niemals die Rede. Außerdem können wir ihn jetzt sowieso nicht mehr rausschmeißen."

Amaya: Eine Sklavin Rom'sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt