~Kapitel 28~

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Die Tage vergingen, ohne dass Amaya etwas von Luca oder Terra gehört hatte. Emin überschüttete sie mit Papieren, aber sie konnte sich sowieso nicht auf die Arbeit konzentrieren. Sie legte das nächste Blatt zur Seite, nachdem sie ihre Unterschrift darauf geschrieben hatte und massierte ihre Schläfen. Gerade passend, kam Selma herein und brachte ihr einen Becher mit frischem, kühlem Wasser. ,,Danke.", Amaya nahm ihr den Becher ab. Selma blieb neben ihr stehen: ,,Laterensis Schwester ist eigenartig. Ich mache mir Sorgen um sie." Amaya zog fragend ihre Augenbrauen hoch: ,,Was ist mit ihr?" - ,,Sie steht seit Tagen nicht mehr auf. Sie liegt nur im Bett und weigert sich etwas zu essen."
Sprach sie gerade wirklich von Terra?
Amaya stand auf und stellte sich neben Selma. ,,Kennst du den Grund für ihr Unwohlsein?", fragte sie. Selma schüttelte den Kopf. ,,Ist sie vielleicht krank?" - ,,Nein, ein Arzt hat bereits nach ihr gesehen. Ihr fehlt nichts."
Nachdenklich blickte Amaya aus dem Fenster. Doch ihr fehlte etwas. Terra wusste es nur selbst nicht. Sie sehnte sich nach Liebe. Diese unendliche Liebe, die nur Gott ihr geben könnte. In ihm würde sie endlich Erfüllung finden...
Amaya atmete tief ein: ,,Schick Luca zu ihr." Vielleicht würde Terra sich dann etwas besser fühlen.

Selma klopfte leise an die Zimmertür von Luca Laterensis. Keine Antwort. Sie öffnete die Tür und blickte hinein. Sein Zimmer war leer. Selma blieb nichts anderes übrig, als selbst nochmal zu versuchen, seine Schwester etwas aufzumuntern. Gerade als sie den Gang enlang ging, kam Luca die Treppe herauf. Seine Haare waren nass und er strahlte über sein ganzes Gesicht. Selma blieb verdutzt stehen und schaute auf die Spuren, die seine nassen Schuhe auf dem glänzend, sauberen Marmorboden hinterlassen hatten. Mit wenigen Schritten war er oben bei Selma angekommen und begrüßte sie freundlich. ,,Ich habe Sie gerade gesucht.", sagte sie schnell bevor er an ihr vorbei gehen konnte. Luca blieb stehen. ,,Es geht um ihre Schwester."
Sein Lächeln erlosch: ,,Was ist mit ihr?" -
,,Es geht ihr nicht so gut. Sie sollten mit ihr reden." Luca nickte verständnisvoll.
,,Ich wollte sowieso mit ihr sprechen. Ich ziehe mir nur eben etwas trockenes an."
Erleichtert, dass Luca zugestimmt hatte, ging Selma in die Küche. Sie würde wieder versuchen, Terra etwas anzubieten.

Luca streifte seine nassen Klamotten von sich ab und fuhr durch seine Haare. Er fühlte sich gut. Noch nie im Leben war er so glücklich gewesen. Er hatte viel mit der alten Witwe in den letzten Tagen geredet und heute hatte er sein Leben ganz Jesus abgegeben. Er hatte sich taufen lassen. Überglücklich verließ er sein Zimmer und klopfte an Terras Zimmertür. Er erinnerte sich daran, dass es eigentlich Mina, der Eigentümerin, gehörte und sein Herz begann schneller zu schlagen. Ein Grummen kam von innen und Luca ging hinein.
Es war dunkel, müffelig und warm. Terra lag unter der Decke im Bett und bewegte sich nicht. Luca blieb neben ihr stehen und schaute auf sie herab. Wie tief war sie nur gefallen? Dieses arrogante, stolze Mädchen lag bleich und mit leblosen Augen vor ihm. Tiefe Augenringe hatten sich gebildet und ihre Haare hingen zerzaust in ihr Gesicht. ,,Du musst etwas essen.", Luca nahm die Suppe, die Selma auf den Nachttisch gestellt hatte.
,,Ich habe keinen hunger." - ,,Das ist mir egal." Er hob ihren Oberkörper an und schob ihr einen Löffel in den Mund. Sie würgte sie Suppe hinunter und ließ sich zurück fallen. ,,Lass mich sterben, Luca. Ich will nicht mehr leben." - ,,Es tut mir leid, Terra." Fragend schaute sie ihren Bruder an. ,,Ich war so wütend auf dich wegen Amaya. Du bist immernoch meine kleine Schwester. Und ich verzeihe dir."
Stille. Terras Gesicht entspannte sich etwas. Aber nur für kurze Zeit. ,,Danke", sagte sie. Immernoch leblos, starrten ihre Augen an die Decke. ,,Ich verdiene den Tod, Luca." Tränen rannten plötzlich über ihre Wange. Er nahm ihre Hand.
,,Ich habe einen unschuldigen Menschen umgebracht. Wieso habe ich das getan?! Sie war so gut zu mir. Sie hat sich um mich gesorgt. Sie war ehrlicher und treuer zu mir als meine beste Freundin!",
Terra schluchzte. ,,Lana hat mir nichteinmal ihr Beileid zu Vaters Tod ausgesprochen! Amaya hatte mir immer zugehört und mich getröstet...", sie schien in ihrern Erinnerungen zu versenken und Luca saß nur still neben ihr. Er wusste nicht was er sagen sollte. Er stimmte alldem zu, was Terra über Amaya gesagt hatte. Ja, sie ist unschuldig gewesen. ,,Sie hat so viel gutes getan. Ich habe mich mit ihrem Gott angelegt. Und das ist meine Strafe.",
sie wurde plötzlich nervös und Schweißperlen kullerten über ihre Stirn.
,,Ihre Worte hatten Kraft. Selbst Vater hatte ihr geglaubt. Kannst du dir das vorstellen? Ihre Worte über ihren Gott hatten ihn nicht kalt gelassen. Er ist dem nachgegangen und hat ihn gefunden!".
Luca schaute sie ungläubig an. Auch sein Vater hatte das Geschenk Jesu angenommen? Freude durchfuhr seinen Körper. Er war nicht verloren!
,,Ihr Gott quält mich, Luca. Das ist meine Strafe. Ich fühle mich so elend!", Terra legte ihre kalte Hand auf ihre heiße Stirn.
,,Wenn wir uns als Kinder gestritten haben, sagte Vater immer wir sollen uns wieder versöhnen. Ich habe mich immer schlecht gefühlt, bis wir einander um Vergebung gebeten hatten." - ,,Ich erinnere mich", sagte Luca und wusste worauf seine kleine Schwester hinaus wollte. ,,Amaya kann ich nicht mehr um Vergebung bitten. Also wird es mir nie wieder gut gehen."

Amaya: Eine Sklavin Rom'sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt