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2002 - Anne-Marie
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Emma Roberts

"Okay, jetzt muss ich nur noch Raum 311 finden...", sprach ich leise vor mich hin.

Der heutige Morgen war jetzt schon zum Chaos verurteilt:
1. Olivia und ich haben unseren Wecker nicht gehört.
2. Ich habe mein Schul-T-Shirt erst nicht gefunden.
3. Ich habe es beim Zähne putzen verkleckert.
4. Das zweite T-Shirt habe ich beim Frühstück verkleckert
5. Alex hat mich ständig angeschaut oder eine Barbie abgeschleckt.
6. Ich habe gerade eben genau in diesem Moment herausgefunden, dass ich laut Olivia anscheinend in der 'Asi-Klasse' gelandet bin.

"Emma, wir haben in 312", korrigierte mich Olivia.
Ich schaute noch einmal auf meinem Plan, aber da stand Raum 311.
"Aber auf meinem Plan steht 311."
Sie schaute auf meinem Plan.
"Oh, du bist in der Asi-Klasse gelandet."
"Die Asi-Klasse?"
"Wir haben zwei Klassen in der elften Stufe. Und die eine Klasse wird halt die Asi-Klasse genannt."

An diesen Namen werde ich mich wahrscheinlich noch gewöhnen müssen.

"Und was ist an denen genau so schlimm?", fragte ich Olivia, doch sie war schon im anderen Klassenraum verschwunden.
Okay, Challenge accepted. So schlimm kann's jetzt auch nicht werden, aber ich habe mich gewaltig getäuscht.

Sofort als ich den Raum betrat, landete schon eine Papierkugel in meinem Gesicht. Am Pult stand der völlig überforderte Lehrer.
Er schien nett zu sein.

Als ich mich genauer umsah, erkannte ich, dass mindestens 3/4 der Klasse kein Schul-T-Shirt trugen.
Ich hatte jetzt nicht unbedingt ein Problem mit der Kleiderordnung: Ein blaues, schwarzes oder weißes T-Shirt mit dem Schullogo auf der linken Brust.

Ich ging zum Pult.
"Du musst Emma sein", irgendwie kam mir der Lehrer zu aufgesetzt vor.
"Ich bin Mr Brown. Ich hoffe du fühlst dich in dieser Klasse wohl."
Hoffe ich doch auch...

Ich lief zielstrebig auf die letzte Reihe zu und setzte mich an einen Einzeltisch.
"Schaut mal, sie trägt die Schuluniform", sagte ein Mädchen mit blondierten Haaren, viel zu knapper Kleidung und war zugekleistert wie noch mal was. Und sie saß neben Alex. Ich wiederhole: NEBEN ALEX!

Eigentlich sollte ich ihn ja für seine arrogante Art hassen, aber der Anblick versetzte mir blöderweise einen Stich in mein Herz.
Aber würde er sich neben mich setzen, wäre ich noch unzufriedener als jetzt. Da war mir das ganz Recht, dass er sich mit so einer Barbie abgab.

"Also liebe Schüler, wenn ich um eure Aufmerksamkeit bitten darf", er klatschte in die Hände, "wie ihr seht, haben wir zwei neue Mitschüler dazubekommen: Colin und Emma. Wenn ihr euch bitte vorstellt."

Ich drehte meinen Kopf ruckartig um und entdeckte abseits von der Klasse einen genauso schüchtern wirkenden Jungen wie mich.
Er hatte blonde Haare und war wahrscheinlich nicht so groß wie Alex.

"Emma, fang du doch bitte an."
Scheiße, was soll ich jetzt sagen?
"Äähh... ja... also ich heiße Emma, bin 16 Jahre alt und komme aus Plymouth."
"Warum bist du hier her gekommen?", fragte Mr.Brown zu freundlich.
"Das möchte ich nicht sagen", und schluckte dabei ein paar Tränen hinunter. Kann ich nicht einfach eine normale Schülerin sein und nicht ständig darauf angesprochen werden? Vor der ganzen Klasse, deren Hass man schon nach fünf Minuten spürt?

Mit Freunden in der Klasse, einer netten Klasse (!) und das ich nicht bei dem Tod meiner Eltern in Tränen ausbrechen würde?
Das Leben wäre so viel einfacher.

Colin war 17, kam aus Brighton und kam her, weil er jetzt wegen beruflichen Gründen seiner Eltern in die Nähe gezogen ist und es keine andere Schule außer dieses Internat gab.

Der Unterricht begann mit Mathe. In meiner alten Schule waren wir schon viel weiter gewesen, also konnte ich mich ja zurücklehnen und die ersten Sonnenstrahlen des Jahres genießen.
Manchmal musste ich echt schmunzeln was für Fehler die 'Asi-Klasse' in Mathe machte. Langsam verstehe ich sogar den Namen.

"Emma, was kommt bei dieser Aufgabe raus?"
Ich war völlig verblüfft, dass ich unbedingt jetzt die Aufgabe rechnen musste. Mr Brown hielt mir die Kreide hin, während ich unter dem Blicken der anderen etwas verunsichert nach vorne zur Tafel hinging.
Aber diese Aufgabe fiel mir ziemlich leicht. Als ich das Ergebnis aufgeschrieben habe, gab ich die Kreide wider zurück, putzte mir meine Hände dummerweise an meinem T-Shirt ab und schaute Mr Brown triumphierend an.

"Sehr gut, Emma. Pass das nächste Mal doch bitte besser auf."
Dafür erntete ich dummes Gelächter, und das auch von ALEX.
"Sie versucht, sich uns anzuschließen, Schatzi,...", Barbie und ALEX waren also schon bei Schatzi. Aha, interessant, mit wie vielen warst du schon bei Schatzi? Und wie soll ich wie eine Zugehörige der Asi-Klasse wirken?

Ich wusste aber nicht, in welcher Form ich mich versuchte ihnen anzuschließen. Im Gegenteil: Ich war der komplette Gegensatz der Klasse.

unbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt