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For the time we have - Common Hymnal, Tehilla Fouché, Connor Stephen
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Emma Roberts

Ein Schock fuhr mir durch die Knochen.
Mein Herz blieb stehen.
Hat sie gerade ernsthaft über meine "richtigen" Eltern geredet? Ich habe doch nur Mom und Dad, die vor fünf Monaten bei einem geplanten Autounfall ums Leben kamen. Andere Eltern habe ich nicht.
Ich versuchte mir das einzureden, während die Anwältin schon weiter sprach: "Ja, ich rede hier nicht von den verstorbenen Eltern Roberts, sondern von Ihren Eltern."

Geschockt starrte ich meine Brüder an, die zum einen wissend, aber wiederum verwirrt aussahen. Hä?
Mein Blick fuhr entsetzt zu Alex, der dieselbe Reaktion wie ich im Gesicht trug und mich allein mit seinem Blick beruhigen konnte.

"Emma und Alice wurden ursprünglich adoptiert", sprach sie das große Geheimnis aus, "die neben Ihnen sitzenden Menschen sind nicht Ihre Brüder."
Meine Unterlippe begann zu zittern. Wer war ich denn dann noch? Wenn alles um mich herum schon reine Lüge war, was war ich dann? Alles war eine Lüge. Alles.

"Der Grund, warum Sie nicht bei Ihren leiblichen Eltern aufgewachsen sind.... tja, Ihre Eltern waren Teil einer Drogendealergang. Diese Drogendealergang existiert nicht mehr, sie waren aber die Erzfeinde von der Truppe, die Sie all die Jahre gestalkt haben", erklärte sie vorsichtig und ich lehnte mich schwach auf meinem Stuhl zurück. Ich bin keine Roberts. Ich bin ein niemand. Ich bin Tochter einer Drogendealergang und wurde irgendwo hinadoptiert. Meine Brüder sind nicht meine Brüder. Das einzig wahre Familienmitglied ist Alice.

"Und warum wurde mir das nie gesagt?", fragte ich wütend und stand selbstbewusst auf. Meine Stimme zitterte vor lauter Tränen, aber das war mir egal.
"Warum verdammt nochmal!", schrie ich und keiner wagte es, mich anzuschauen.

"Die Familie Roberts hat alles versucht, um alles geheimzualten, damit Sie und Ihre Schwester in Sicherheit sind. Wir reden hier nicht von irgendeiner Gang. Es waren die Whitleigh Mental Mafia", sagte sie ruhig und mein Herz blieb erneut stehen. Okay. Das war wirklich verdammt gefährlich.

"Es waren einmal vor siebzehn Jahren ein Mann und eine Frau, die ihre neugeborenen Zwillinge vor einem Krankenhaus ausgesetzt haben, wo Sie von Passanten gefunden wurden. Man fand nichts über diesen Mann und diese Frau heraus. Diese zwei Säuglinge wurden im Krankenhaus medizinisch versorgt. Kurze Zeit später erklärte sich eine nette Familie in Plymouth dazu bereit, das Kind aufzunehmen. Das war die Familie Ro-"
"Warum verdammt nochmal habt ihr mir das nicht gesagt?!", fragte ich wütend und entsetzt an Ethan gewandt.

"Wir wussten nie, warum wir euch zwei Mädels adoptiert haben. Unsere Eltern haben uns den Grund immer verschwiegen", gab er kleinlaut bei, "und wir durften euch auch nie sagen, dass ihr adoptiert seid."

Ihre Eltern. Nicht meine. Ich habe immer geglaubt, dass sie mit mir verwandt seien. Das sind sie aber nicht. Alles eine Lüge.

"Die Truppe hat, nachdem sie Alice entfernt haben, einen DNA-Test bei ihr gemacht und haben vor allem durch ihren Kampfgeist den Kampfgeist Ihrer leiblichen Mutter entdeckt. Sie haben ihr Ziel erreicht: Sie haben den "Überrest" der Whitleigh Mental Mafia gefunden", erklärte die Anwältin, als ich mit meinem kleinen Wutausbruch fertig war, "aus Rache an sie wurden Sie ausgewählt. Sie waren das übriggebliebene Opfer."

Mein Kopf rauchte immer noch, als Kate und Sam gebeten wurden, vorzutreten. Verdutzt schaute ich ihnen in die Augen und ich konnte mindestens genau so viel Unwissen wie bei mir erkennen.

"Das, liebe Emma Roberts, sind Ihre leiblichen Halbgeschwister."

In diesem Moment platzte mir endgültig der Kragen und ich stand auf, um den Stuhl hinter mir umzuschmeißen und schnell zur Tür zu laufen.
Ich kam nicht weit, denn plötzlich stand Alex vor mir und nahm mich behutsam in den Arm.
Meine Tränen hörten nicht auf zu laufen und meine Schluchzer waren getränkt von Schmerz.

Alles eine Lüge.

Ich bin keine Roberts.
Meine Brüder sind nicht meine Brüder.
Meine Eltern sind nicht meine Eltern.

"Wer bin ich?", sprach ich diese Frage aus, die mir auf der Zunge brannte.
Mein Kopf ruhte immer noch an Alex' Brust und er streichelte mir über die Haare.
"Du bist Emma", flüsterte er in mein Ohr, "eine unermüdliche Kämpferin und meine Freundin."

In meinem Kopf war dieser Satz angekommen, doch in meinem Herzen konnte ich es nicht annehmen, dass ich eine Kämpferin bin. Ich krallte mich in sein T-Shirt und versuchte irgendwie, dass dieser enttäuschende Schmerz aufhörte. Mein ganzes Leben wurde ich belogen. Mein fucking ganzes Leben.

"Sam Adams ist zehn Jahre alt und wurde ebenfalls vor dem Krankenhaus ausgesetzt, Kate Black ist acht Jahre alt, mit ihr geschah das gleiche. Sie wurden von diesen Familien adoptiert. Es sind Ihre Halbgeschwister", wiederholte sich die Anwältin und ich drehte mich zu ihnen um.

Ich ging in die Hocke und umarmte sie beide auf einmal.
Ich hatte tatsächlich Geschwister! Leibliche Geschwister.
Ich kannte sie überhaupt noch nicht, außerdem war es total komisch, dass eigentlich Alex' Schwester meine Schwester war.

Als ich mich von ihnen wieder gelöst habe, schaute ich traurig in die Augen meiner... waren es meine Brüder? Leiblich nein, im Herzen ja.
Sie konnten nichts dafür. Sie konnten nicht wissen, was der Grund hinter allem war. Es war nicht ihre Schuld.

Ethan nahm mich als erster in den Arm. Es fühlte sich so wie immer an. Die Umstände änderten nichts an der geschwisterlichen Beziehung, die über die Jahre entstanden ist.
"Du bist meine Schwester. Egal ob adoptiert oder nicht", sprach er ruhig und umgriff meinen Oberkörper noch einmal fester.
"Dem stimm ich zu", meinte Brian leise und nahm mich jedenfalls fest in den Arm, "du bleibst unsere Emma."

Als ich Clyde umarmte, war es um mich geschehen. Mein bester Freund.
Was würde ich nur ohne ihn tun?
Nach einer kurzen Zeit, setzten wir uns wieder auf unsere Stühle. Ich wusste nicht, was noch kommen sollte.

"Haben Sie noch Fragen? Bevor-"
"Moment...", untebrach ich sie, "wenn alles aus meiner Zeit auf dem Internat aufgezeichnet wurde... dann hätte diese kriminelle Truppe das mit Alex und mir schon viel früher rausgefunden... Das verstehe ich nicht...", redete ich meine Gedanken runter.

"Was hätte es ihnen gebracht, wenn sie dich früher abgeschlachtet hätten?", fragte sie zurück.
"Keine Ahnung, was war eigentlich der Sinn, was vor vier Wochen passiert ist?"
"Du hättest dabei zusehen sollen, wie sie deine Schwester bis zum Tod foltern. Daher haben sie dich mitnehmen wollen und eigentlich wurdet ihr verwechselt... also eigentlich hätten Sie vor drei Jahren mitgenommen worden sein...", sagte die Anwältin zaghaft und mir blieb immer mehr die Spucke weg.
"A-a-a-ber sie ist doch tot", stotterte ich vor mich hin und griff wieder nach Ethans Hand.

"Das wissen wir ja nicht... wir haben nie ihre Leiche gefunden... nicht mal in ihrem Sarg. Der Sarg war leer", sprach sie leise und ich vergaß wieder, zu atmen, "wobei bis gestern wussten wir nicht, ob sie überhaupt tot ist. Es gibt dieses fehlende Teil", murmelte sie und suchte dann den Blickkontakt zu mir, "Ihre Schwester Alice wurde ja vor knapp drei Jahren ermordet. Nun ja, wir haben sie vor ein paar Tagen auf dem Polizeirevier gefunden. Sie hat sich während dem ganzen Anschlag dort versteckt."

"Sie machen Witze", verließ es schockiert meinen Mund und ich fing schon an, diese ganze Geschichte zu hinterfragen, als ich mich umdrehte und mein Ebenbild erblickte...

unbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt