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Bruises - Lewis Capaldi
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Emma Roberts

Am nächsten Morgen wachte ich so gut gelaunt wie noch nie auf und sprang förmlich unter die Dusche. Als gerade Olivia unter der Dusche war, fiel mir ein Brief ins Auge, der an der Tür lag, womöglich wurde er unten durchgeschoben.

Etwas verwundert drehte ich ihn um, wo Emma daraufstand. Ich machte den Umschlag auf und erblickte eine ganze DIN A4 Seite von Hand geschrieben und fing mit einem mulmigen Gefühl an, zu lesen.

Liebste Emma,

Gestern hast du gesagt, dass du als  Aschenputtel nicht wegrennen würdest. Jetzt ist der Prinz weggerannt.
Es tut mir unendlich leid, aber wir haben keine Zukunft, aus uns wird nichts. Ich habe es versucht, aber andere Faktoren spielen auch immer mit. Und nein, du warst nicht eine von vielen. Ich habe mich nicht verliebt, weil ich so alleine war, ich habe mich verliebt, weil ich mich mit dir verbunden und sicher gefühlt habe. Du hast mir Geborgenheit, Liebe, Hoffnung und Freude geschenkt. Vielen Dank dafür.

Ich wünschte ich könnte dich hassen, denn dann würde mein Herz jetzt nicht so weh tun, diese Zeilen zu schreiben. Es wäre leichter, dich zu vergessen und die letzten gemeinsamen Wochen. Es wäre leichter, wenn ich dich hassen könnte. Aber die traurige Wahrheit ist, dass ich dich höchstwahrscheinlich für den Rest meines Lebens lieben werde. Ich kann nichts gegen meine Liebe für dich tun, mich in dich zu verlieben war das einfachste, was mir je passiert ist. Ich habe es geliebt, dich zu lieben. Danke für jeden Tag, an dem du mir deine Liebe geschenkt hast.

Gestern hat dir eigentlich dein Schuh gedrückt und ich weiß, es ist etwas total Banales, aber du hast dich trotzdem um das Kätzchen gekümmert, du warst so selbstlos und immer für andere da. Bitte behalte das dir bei und veränder dich nie.
Kämpfe weiter und wir sehen uns auf der anderen Seite.
Und ja, du darfst mich jetzt von Herzen hassen.

Dein Alex

Mein Kopf drohte zu zerplatzen. War das gerade wirklich alles passiert? Er hat mir einfach das Herz herausgerissen, obwohl er wusste, in welch schwerer Situation ich war. Wenn das alles nur ein dummes Spiel war, wieso musste ich immer seine Spielfigur sein? Hätte das nicht einfach irgendwer sein können, ohne Gesicht und ohne Namen? Ich bin eine Freundin seiner Schwester und er hat einfach mit mir gespielt. Ich hatte mich ihm geöffnet, ihm mein Herz anvertraut. All meine Unsicherheiten und Ängste kannte er und hat mir wieder einen Teil meines Selbstwertgefühls wieder gegeben. Und wofür? Um sich einen Dreck daraus zu machen und alles wegzuschmeißen.

Vielleicht liebte er mich wirklich, wie er es immer gesagt hatte und jetzt auch geschrieben hatte, aber das zählt jetzt alles nicht mehr. Er kann mir noch tausendmal sagen, wie leid es ihm tut, aber ich werde nicht noch einmal auf ihn reinfallen. Es ist alles nur ein Versuch, sich wieder selbst gut hinzustellen und mir eine "echte" Liebe zu geben. Pustekuchen. Alles war mehr Schein als sein und jetzt bin ich wieder allein (ich sollte Poet sein). Ich habe noch meine Freunde, aber mein Fels, mein Anker ist weg.

Ich glaube ihm kein einziges Wort. Wenn es ihm so wichtig wäre, dann hätte er gekämpft.
Arschloch.
Verficktes Arschloch.

Mein Herz gehört dem Mann, der mein Herz zerrissen hat, nachdem er es erst zusammen geflickt hat.
Wie dumm war ich, dass ich auf ihn reingefallen bin. Ich hätte von Anfang an Olivia und den anderen vertrauen sollen, dass er immer nur spielt. Wobei, ein bis zwei Monate Beziehung müssten schon eine beachtliche Leistung für ihn sein. Trotzdem hat er verkackt.
Ich werde nie wieder Mitleid mit ihm und seinem beschissenen Spiel haben. Von wegen "ich bin so allein". Selber Schuld. Es war alles nur Taktik, damit ich ihn vertraue. Wie dumm war ich nur! Warum habe ich ihm alles anvertraut?

"Emma, weinst du?", riss mich Olivia besorgt aus meiner inneren Wut auf mich und auf Alex.
Schnell wischte ich meine nassen Wangen ab.
"Sag mir, dass ich blind war, dass ich die Wahrheit nicht gesehen habe, dass ich nicht auf dich gehört habe-" "Emma! Hör auf mit dem Geschwafel! Ich glaube Alex hat dich wirklich geliebt und er tut das nicht freiwillig. Ich kenne ihn sehr gut und du hast ihn verändert, es steckt viel mehr dahinter."
"Ich wünschte, ich könnte dir glauben", gab ich verbittert zurück und ignorierte die Tatsache, dass sich Olivia gerade für Alex eingesetzt hat, "wollen wir?", fragte ich und machte die Tür auf, um zum Frühstück runterzugehen.

Im ersten Stock stand Alex. Na super. Danke Leben. Für nichts.
Olivia stand leicht hinter mir und ich erwartete fast, dass sie Alex jetzt eine Standpauke erteilen würde, aber sie blieb still.

Mit kochender Wut ging ich auf ihn zu und holte ohne Nachzudenken aus, um ihm eine Ohrfeige zu erteilen. Eine äußerst knallende, die zwar meinen Schmerz nicht stillte, mir für mein Gewissen aber äußerst gut tat.
"Die habe ich wohl verdient", sagte er mit monotoner Stimme, was mich noch mehr in Fahrt brachte, aber Olivia meine Hand nahm, um Schlimmeres zu vermeiden. Alex drehte sich um und ging.

"Endlich mal jemand, der meine Wut auf diesen Mistkerlen teilt", ertönte Louis' fröhliche Stimme von rechts, ich hatte ihn gar nicht kommen sehen, "warte, hast du gerade deinen Freund geschlagen?!", fragte er ungläubig und schockiert. Wahrscheinlich hat er gerade erst realisiert, dass ich es war, die Alex geschlagen hat und nicht irgendwer sonst.
"Ex-Freund", stellte ich knapp fest und schaute ihn an.
"Achso verstehe... Sorry, tut mir leid. Sag Bescheid und ich boxe ihm ins Gesicht", erwiederte er kleinlaut.
"Schon gut", räumte ich ein.
"Und ich werde ihm jeden Zahn einzeln ausschlagen", fügte Tyler hinzu, der gerade auch gekommen war.

"Wollen wir?", fragte Olivia und schaute mich mit zusammen gepressten Lippen an. Jap, wir hatten gerade komplett Rollen getauscht und das jagte mir ein Angstschauer nach dem anderen ein.
Fast hatte ich Angst, dass mein Herz vor Angst aufhören würde zu schlagen, weil es nahezu absurd war, dass Olivia so halb auf Alex' Seite stand.

Beim Frühstück schwieg ich und schluckte tapfer meine Bissen herunter, aber fast wurde mir wieder schlecht und ich hatte Angst, ich müsste alles wieder hochwürgen. An weinen war gerade nicht zu denken. Der Schock saß immer noch zu tief. Wir hatten gestern einfach das perfekte Date gehabt und jetzt machte er Schluss?! Was für ein arschiges Verhalten.

Nach dem Frühstück ging ich hoch in mein Zimmer und ließ mich seufzend auf mein Bett fallen.
War das gerade wirklich alles passiert? War ich wieder allein? Wurde ich wieder enttäuscht? Wurde ich wieder verletzt?
Die Antwort lautete immer ja.
Verdammt.

Mit einem Kloß im Hals stand ich auf und ging mit wackeligen Beinen zu meinem Fenster. Alles sah normal aus. Fast. Bis auf diese ganzen schwarzen Autos um die Lichtung herum. Hä? Was wollen die denn hier?
Es kam mir alles nicht mehr koscher vor. Irgendetwas war hier faul...

Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche. Nachricht von Alex. Na super.
Obwohl ich jetzt ja eigentlich nichts von ihm wissen wollte, siegte meine Neugier, was dieses Arschloch mir geschrieben hat.

Alex: Renn weg! Ruf keine Polizei! Du bist in Gefahr!

Kurz lachte ich auf, doch als dann ein Anruf von einer unbekannten Nummer einging und ich abnahm, rutschte mir das Herz buchstäblich in die Hose.

"Emma Roberts?", meldete ich mich.
"Emma, renn weg! Wir sehen uns auf der anderen Seite", sprach die Stimme, legte wieder auf und mir wurde schlagartig kotzübel.

Es war die Stimme von Alice.

unbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt