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Wait - M83
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Emma Roberts

Ihr Haar war nur noch schulterlang. Die Farbe immer noch braun.
Die Augen blau.
Die Wangen rosig und die Lippen rot.
Über ihrer linken Augenbraue war immer noch eine kleine Narbe aus unserer frühen Kindheit.
Sie trug ein normales T-Shirt und normale Shorts.
An ihren Armen waren vereinzelt Narben von Schnittwunden.
Am ihren Handgelenken säumten sich unzählige Armbänder so wie immer.
Ihre Knie waren vernarbt.
Ihre Füße steckten in Chucks. Wie immer.
Sie war eindeutig gewachsen und weiblicher geworden.

Mein Körper war gelähmt.
Ich nahm kein Geräusch mehr wahr.
Die Welt stand still.
Ich hörte nur meinen schnellen Herzschlag und meinen rasselnden Atem.
Die Tränen schossen mir in die Augen.
Ich schlug mir meine Hände vor das Gesicht und sank auf meine Knie herunter.
Ich ignorierte den Schmerz des Aufpralls in meinen Knien.
Ich nahm nur mein Schluchzen wahr, nichts anderes.

Vertraute Arme schlossen sich um mich. Es waren ihre Arme, die mich so oft festgehalten haben.
Sie kniete vor mir und schluchzte ebenfalls.
Ich nahm ihren frischen Duft wahr.
Inhalierte ihn.

Hektisch legte ich meine Arme ebenfalls um ihren Oberkörper.
Sie war dünner geworden.

Ich hatte keine Kraft mehr, mich selber zu halten, aber wir hielten uns gegenseitig. Nach Halt suchend umgriff ich sie fester.
Ihre Tränen tränkten den Stoff an meiner Schulter.
Ich hörte nur unser Schluchzen.
Erleichterung, Schmerz, Trauer, Wut, Enttäuschung, Freude, Sicherheit, Geborgenheit, Fassungslosigkeit, Glück, Erschöpfung, Liebe, Niedergeschlagenheit fühlten wir zugleich. Keine Differenzierung. Nur diese Welle von Emotionen, die uns überrannte.
Und wir ergaben uns und ließen alles raus.

Ich schrie, ich weinte, ich lachte, ich flüsterte ihren Namen.
Es gab nur uns zwei.
Unsere zwei miteinander verbundenen Seelen.

Sie nahm mein Gesicht in ihre Hände und legte ihre Stirn an meine. Ich verstand nicht, was sie sagte. Ich sah nur in ihre tränenerfüllten Augen, die die selbe Farbkombination hatten.

Ich konnte nichts sagen.
Ich lebte nur in diesem Moment.
Ich schnappte Bruchteile von Sätzen auf.
"Ich liebe dich."
Es war ein schreiendes Weinen, das das einzige Geräusch war, was ich außer mir wahrnahm.
"Ich liebe dich", erwiederte ich.
Es war wieder diese Stimme in meinen Ohren und ich konnte nur nicken und sie anschauen.

Die Welle der Emotionen überschlug sich erneut über uns und wir ließen uns mitreißen. Wir wogten mit dem Strom und ließen uns herumspülen.
Die Emotionen wurden mit jeder Sekunde heftiger, intensiver, tiefer.

Ich umarmte sie wieder.
Fester. Inniger. Tiefer.
Meine Finger krallten sich schmerzhaft in ihre Haut und versuchte, sie noch mehr zu spüren.

"Emma", weinte sie laut und der Klang war schmerzhaft ohrenbetäubend, herzzereißend und zugleich erfüllend.
"A..."
Ich schaffte es nicht. Ich brachte es nicht über die Lippen. Der Schmerz war zu groß. Wie damals am Baum.

Mein Herz raste und setzte bei jedem weiteren Wort kurz aus. Ich atmete so schnell, als ob ich ein Marathon gerannt wäre.

Meine Wangen waren durchnässt von Tränen. Innerlich löste ich mich auf. Ich ließ los.
Ließ mich in ihre Arme fallen.
"Du lebst", schluchzte sie, "sag was", flehte sie.

Ich weinte wie ein kleines Kind, das seine Mama braucht.
Noch nie so viele Tränen wurden vergossen.
Ich brach fast zusammen, vor lauter Emotionen und gleichzeitig konnte ich nicht genug von diesem befreienden Gefühl bekommen. Ich wünschte mir Erlösung von diesem verzweifelten Schmerz und wollte trotzdem fühlen, was gerade geschieht.

unbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt