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Fade - Lewis Capaldi
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Emma Roberts

Ich schlug meine schweren Augenlider auf. Über mir war eine weiße, kahle Decke und das Licht schien mir viel zu grell auf meine Augen. Zitternd schloss ich sie wieder. Ich dachte weder darüber nach, wo ich war, noch, was passiert war. Mein Atem ging flach und mein Körper war komplett ausgekühlt. Eine warme Hand strich mir über meine Hand.

"Ich bin bei dir...", es war Olivia. Warte, Olivia war hier? Was ist passiert?
Ich hob meine Lider wieder an. Mein Kopf drehte sich zu ihr. Olivia sah komplett fertig aus, gerötete Augen und ein müdes Lächeln.
Ich schaute wieder an die Decke und drehte dann meinen Kopf in die andere Richtung. Eine Infusionsflasche hing über mir und der Schlauch führte zu einer Nadel, die in einer Ader auf meinem Handrücken endete. Ich schaute schnell weg, denn ich konnte nicht nur kein Blut, sondern auch keine Nadeln in meiner Haut sehen.
Olivia bemerkte meine Angst: "Du bekommst Kochsalz oder so, damit du wieder zu Bewusstsein kommst."

"Wo bin ich...", krächzte meine leise Stimme und ich bereute es sofort, gesprochen zu haben, da ich sofort wieder meine Augen schließen musste. Das Atmen fiel mir schwer, weil mein Rücken so sehr schmerzte.
"Ich habe dich, nachdem du umgekippt bist, hier ins Krankenzimmer gebracht. Ich hol kurz die Krankenschwester aus ihrem Büro, bin gleich wieder da. Ich sag ihr nur kurz, dass du aufgewacht bist."
Mit diesen Worten verließ sie mich.

Moment mal... ich bin umgekippt, liege im Krankenzimmer...
Mit einem Schwall kamen die Erinnerungen wieder in mir hoch. Derek hat mich hinter dem Schulhaus verprügelt und mich danach mit irgendeiner Flüssigkeit betäubt, dass ich umgekippt bin.
Ich schaute zu der Uhr, die über der Tür ging, aus der Olivia gerade eben verschwunden ist. Vor einer halben Stunde ist es passiert. Ich war eine halbe Stunde ohnmächtig! Bei dem Gedanken daran, dass mich Derek so sehr ausgenockt hat, musste ich wieder vor Angst zittern. Olivia kam wieder mit einer etwas älteren Krankenschwester in das Zimmer herein. Sie messte meinen Blutdruck und nahm mir kurz Blut ab. Ich ließ schwach alles über mich ergehen in der Hoffnung, dass meine verdammten Schmerzen endlich weggehen würden.
"Es tut mir leid... aber ich habe mittlerweile kein Recht mehr dir ein Attest für morgen zu geben, weil es in letzter Zeit anscheinend oft dazu kam, dass Schüler die Krankheiten bei der Schwester vorgetäuscht haben. Du musst dich bei deiner Sportlehrerin entschuldigen lassen, das ist doch Ms. Daniels, oder?", erklärte mir die alte Dame.
Ich nickte schwach.
Langsam versuchte ich meine Zehen zu bewegen und meine Finger, damit mein Kreislauf in Schwung kommen würde.
"Am besten schläfst du jetzt. Ich bringe dich in unser Zimmer. Wir klären das morgen mit Ms. Daniels, wir sind ja erst gegen Nachmittag dran", sprach Olivias sanfte Stimme in mein Ohr. Ich war einfach noch einmal so dankbar, dass sie meine Freundin ist. Sie weiß einfach in jeder Situation die richtigen Worte zu finden und handelt immer genau richtig. Die Schwester entfernte mir kurz meinen Zugang und ich würde das blöde Gefühl, dass eine Nadel in meinem Körper steckte endlich los. Olivia legte einen Arm unter meine Schulter und stützte mich. Alex hätte mich genauso gestützt, sie waren eben Zwillinge. Ich konnte bei Olivia auch darauf vertrauen, dass sie Alex nichts erzählte, wenn ich ihr nicht einmal sagen durfte, dass Alex und ich auf dem Heuboden übernachtet haben.
Ich habe irgendwie so ein Gefühl, dass sie sich eigentlich ziemlich mögen, aber es trotzdem etwas gibt, was zwischen ihnen eine große Distanz schafft.

Obwohl unser Zimmer sehr nah am Krankenzimmer war, kam mir der Weg unendlich lange vor. Olivia half mir, mich ins Bett zu legen und setzte sich dann nur gegenüber auf ihr Bett.
Lange schaute sie mich nur an, während ich an die Decke starrte und versuchte ruhig zu atmen, damit die Erinnerungen an Derek schnell verschwinden würden.

"Emma, willst du mir erzählen, was passiert ist?", Olivias ruhige Stimme ließ mich zu ihr rüberschauen. Langsam setzte ich mich auf, was sie zum Protestieren brachte, aber ich machte einfach weiter, drehte meinen Rücken zu ihr hin und zog mein T-Shirt vorsichtig hoch. Jetzt hatte sie freien Blick auf meinen Rücken. Doch sie sagte erst einmal überhaupt nichts. Die Tränen stiegen mir in die Augen, weil es einerseits höllisch wehtat und andererseits, weil Derek mich so sehr gedemütigt hat.
Olivia atmete hörbar ein und wieder aus, doch erst nach ein paar Minuten wagte sie zu sprechen.
"Ooohaaa... Emma, wir müssen sofort wieder zur Schwester, das... das sieht alles rot und blau aus... und manche Kratzer sind auch dabei... oh my goodness, welcher Idiot hat das denn gemacht?!", fuhr es aus ihr heraus, "hat der nicht mehr alle Tassen im Schrank?!"

Sie saß sofort neben mir und versuchte mich zu trösten. Sie zog behutsam mein T-Shirt wieder herunter. Ich liebte es so sehr, dass sie meine Freundin war...
"Wer war es? Emma, sag es mir...", Olivias Stimme wurde mit jedem Wort brüchiger.

Ich holte tief Luft um diesen ekelhaften Namen auszusprechen: "Derek."
Jetzt war es raus. Obwohl ich es niemand erzählen sollte. Aber ich konnte im Moment einfach nicht anders.
"Was? Derek? Der war eigentlich immer voll okay. Was ist denn in den gefahren?", meinte sie aufgebracht.
"Olivia, bitte erzähl es niemandem außer Chloe, Holly und Joy. Bitte. Ehrenwort?", flehte ich sie an.

Olivia nickte und nahm mich in den Arm.
"Wenn du Alex meinst, verstehe..."
"Auch nicht den anderen. Derek hat mir mit irgendetwas gedroht, ich soll mich von Alex fernhalten. Er hat mich geschlagen und ich habe irgendein Zeug eingeatmet, wahrscheinlich bin ich deshalb auch umgekippt", ich hielt kurz inne, "danke, dass du da warst."

Olivia quittierte es mit einem Lächeln: "Emma, gerne. Ich bin immer für dich da, du bist meine Freundin, du bist aufrichtig, für jeden Spaß zu haben, ehrlich, nett, intelligent-"
"Olivia, hör auf, du redest schon wieder zu viel", musste ich wieder lachen, "danke, dass du mich am Anfang so nett aufgenommen hast. Einfach danke."

Olivia lachte mit mir: "Jetzt schlaf aber, ich kümmer mich morgen um Ms. Daniels."
Dem bestimmenden Unterton nach musste ich ihr wahrscheinlich tatsächlich gehorchen. Olivia ging rüber zu den anderen und lernte mir ihnen weiter. Ich fiel in einen traumlosen, kurzen Schlaf und war froh, als es wieder morgen wurde.

unbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt