Epilog

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First Light - Cinematic Pop, Spencer Jones
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Alex Black

Gebannt schauen wir alle nach vorne. Jetzt ist Emma an der Reihe als letzte Starterin in ihrer Altersklasse.
Wir sind bei den National Championships in London. Die Augusthitze drückt ziemlich und ich bewundere Emma dafür, dass sie trotz der hohen Temperaturen jeden Tag trainieren war.

Als wir vor etwa einem Monat den Hintergrund der ganzen Sache erfuhren, war das natürlich für uns alle ein Schock. Emma nahm das auch nicht so leicht hin und musste vieles noch verarbeiten. Ich wüsste nicht, wie ich reagiert hätte, wenn ich erfahren würde, dass man jede einzelne Tat von mir verfolgt hat und ich ganz nebenbei eigentlich gar nicht in meine Familie gehöre.

In den letzten Wochen fanden gefühlt tausend Gerichtsprozesse statt, wo ich als Zeuge manchmal auch dabei sein musste. Emma hat aber nie den Fokus verloren und hat bei psychischen Problemen nie abgeblockt, sondern immer mit jemandem drüber geredet. Ihr wurde auch eine Sprechstunde bei einer Psychologin angeboten.

Emma lebte in der Zeit in Plymouth, da sie bei ihrer Schwester sein wollte. Ich bekomme jetzt immer noch Gänsehaut, wenn ich an diesen Moment zurückdenke, wo die beiden sich wieder gesehen haben.
Ich habe Emma noch nie so sehr weinen gesehen und jeder fühlte die elektrisierende Spannung der Emotionen in dem Raum.

Alice bewundere ich auch sehr. Ich weiß nicht genau, was alles passiert war, aber sie war auch unheimlich stark, genau wie Emma.
Obwohl die beiden sich ja echt zum Verwechseln ähnlich sahen, waren sie in ihrem Innersten doch sehr unterschiedlich. Alice war auch wirklich nett und sie hat sich in letzter Zeit schon so gut mit uns allen angefreundet, dass sie auch im Herbst ins Internat kommt.

Genau, das hatte ich noch vergessen: Emmas Brüder haben nun das Sorgerecht bekommen und sie darf ihr letztes Schuljahr noch bei uns verbringen.

Der Applaus ebbt nach, als Emma in ihre Anfangsposition geht. Das Licht geht aus und nur ein einzelner Lichtstrahl liegt allein auf hier. Nervös schließe ich meine Augen. Sie wird das schaffen. Wir wissen alle, wie gut sie ist.

Mit wir meine ich eine Menge: Emmas Brüder mit Grace und Hazel, Alice, Olivia und Colin, Joy, Holly, Chloe und Tyler, Louis, Jake, Simon, Drew, Bella, Ms Jackson, Ms Hath, ich und noch ein paar weitere aus unserer Stufe.
Olivia neben mir drückt meine Hand. Wahrscheinlich bin ich gerade aufgeregter als Emma, die nun ganz ruhig da steht und darauf wartet, dass die Musik angeht.

Die Musik geht los und Emma fängt an. Mittlerweile kenne ich den Tanz ja so gut wie meine Westentasche und trotzdem gestaltet sie jeden Auftritt individuell, einzigartig und unvergesslich. Ich weiß, dass sie nicht mehr über die Bewegungen nachdenken muss, sie liegen ihr im Blut.

Es ist ein bedeutender Tanz für sie, hat sie mir mal gesagt. Nicht nur, weil es ihre eigene Choreografie ist, sondern weil es in der Zeit war, als sie Alice verloren hat. Daher ist dieser Moment umso intensiver, da Alice ja wieder zurück war.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie leicht ihr die Bewegungen gelingen. Sie muss sich keine Gedanken um die einzelnen Dinge machen. Sie tanzt einfach und lässt los.

Der Moment ist magisch.
Wir sind in einem riesigen prunkvollen Saal in London, ungefähr dreitausend Zuschauer sind es und meine Emma tanzt dort vorne.
Mich erfüllte es mit unbändigem Stolz, sie so zu sehen. Wie sie voller Selbstbewusstsein tanzt und alles um sich herum vergisst.
Sie ist sich glaube ich gar nicht bewusst, wie positiv sie sich auf ihr Umfeld auswirkt.

Der Stoff des Kleides weht um ihre langen Beine und umhüllt sie wie ein Wind.
Für sie ist die Schwerkraft kein Problem. Sie arbeitet mit ihr, sodass es federleicht aussieht.

unbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt