'Wir schaffen unsere eigenen Dämonen'
Das taten sie wohl wirklich. Und er, der sich bis dato für unfehlbar gehalten hatte, stand nun hier in seinem schlimmsten Albtraum. Wie hatte er es bloß soweit kommen lassen können? Es war diese Frage, die ihn am Ende dieser Nacht vermutlich ewig jagen würde.
Natürlich kannte er die Antwort, aber sie zu kennen und sie sich einzugestehen waren zwei vollkommen verschiedene Dinge. Letzteres war nämlich unmöglich.Und so stand er hier in seinem Albtraum und starrte auf den Mann, der im vor nicht einmal fünf Stunden die Welt bedeutet hatte. Der Mann, den er nun töten musste.
Er räusperte sich, spürte dabei den Schmerz in seiner Kehle. Natürlich wusste er voher der Schmerz kam, aber er wollte sich den Grund für den Schmerz nicht eingestehen.Mit einer quälenden Langsamkeit hob der Mann seinen Kopf. Er saß gefesselt und geschlagen vor ihm auf dem Boden, doch aus seinen grauen Augen war kein Schmerz, keine Niederlage zu lesen. Blut lief ihm über die Stirn und verfärbte sein aschblondes Haar. Seine Augen strahlten trotzdem.
,,Warum, Sebastian?", er beugte sich ein wenig zu dem Sitzenden herab. Seine Stimme war fest und kalt, keine Spur von dem Zittern in seinem Herzen.
,,Das weißt du ganz genau, James", Sebastian spuckte Blut, hustete und sprach dann weiter, ,,es hätte dort im Park enden sollen. Mit uns beiden hätte es enden sollen."
,,Ich habe dich nach dem 'Warum' gefragt", bloß keine Gefühle zeigen. Gefühle waren dumm und in einigen Fällen sogar tödlich. Ihn hätte sie beinahe umgebracht.
,,Du hast mich geliebt, James. Du tust es immer noch", eine Feststellung, keine Frage.
Moriarty war froh, dass sie alleine in dem staubigen Raum waren. Sebastian hatte recht. Sebastian hatte, was James Gefühle anbelangte, immer recht.,,Ja. Aber ich würde dich trotzdem töten. Weil es das ist, was mit Verrätern passiert", das war die Wahrheit. Die schmerzende, beschissene Wahrheit.
,,Natürlich wirst du das", Sebastian lächelte. Er lächelte und sah dabei verdammt gut aus. Trotz des Blutes, trotz der Schwellung im Gesicht.
,,Aber es wird dich brechen, Jim.",,Wird es nicht", leugnen, darin war er gut.
,,Wie hat es sich angefühlt, als du gesehen hast, wer dich dort von hinten stranguliert hat? Als du gemerkt hast, dass es der Mann war mit dem du das letzte halbe Jahr ein Bett geteilt hast? Hast du dir gewünscht, Derek hätte mich nicht von dir fort gezogen? Dass du gestorben wärst, ohne erfahren zu müssen, dass der Mann, den du geliebt und dem du vertraut hast, dich umbringen wollte?"
Ja ,,Nein", Lügen, süßes Gift, welches durch die Adern fließt und sich langsam und qualvoll ins Gehirn frisst. Lügen konnten Reiche zum Fall bringen, ebenso wie die Wahrheit. Aber der Blonde vor ihm hatte die Wahrheit nicht verdient.
,,Bevor ich dich töte, bist du mir noch immer das 'Warum' schuldig, Sebastian", er musste es einfach wissen. Vielleicht könnte er die Schuld dann dem anderen zuschieben, anstatt sich und seinen lächerlichen Gefühlen.
,,Bist du so blind? Wobei, du machst es sicher nicht mit Absicht. Du würdest dich nie dumm stellen, du erinnerst dich einfach nicht an sie. Sie war bloß eine weitere Leiche auf deinem Weg voller Leichen. Eine weitere Tote, eine namenlose Seele, der du den Kopf weggepustet hast.
Für dich war sie ein Niemand, für mich war sie die Welt. Heute hätten wir unseren sechsten Hochzeitstag gefeiert, aber du hast uns diesen Tag genommen. Du hast mich zu einem Monster gemacht. Ein Monster, welches du nicht kontrollieren kannst", er spuckte die Worte aus, während Blut von seinen Lippen tropfte.James konnte sich tatsächlich nicht am sie erinnern. Aber das tat nichts zur Sache, Sebastian hatte ihn all die Wochen belogen. Der Mann, welchem er sein Herz geschenkt hatte, hatte ihn benutzt, um irgendeine Schlampe zu rächen.
,,Du wolltest sie ausgerechnet an eurem Hochzeitstag rächen? Ist das nicht ein bisschen sehr dramatisch, Sebastian?!", er lachte. Es war ein verzweifelter Laut, der seiner Kehle entkam. Ein Laut, der seinen Schmerz überdecken sollte.
,,Findest du? Ich bin nicht derjenige, der seit zwanzig Minuten mit dem Mann redet, der ihn verraten hat. Wie lange willst du es noch hinauszuzögern, James? Schaffst du es letzten Endes doch nicht, mich zu töten?", Sebastian grinste höhnisch. Er hatte dieses Spiel, das letzte Spiel zwischen den beiden, gewonnen.
Laut knallte der Schuss durch den ansonsten leeren Raum. Blut verfärbte das dreckige Hemd des Blonden. Wie eine große Blume breitete es sich auf dessen Bauch aus. Eine wunderschöne, totbringende Blume.
James schaffte es nicht seinen Blick abzuwenden. Er schaffte es auch nicht, die Tränen weg zu blinzeln, welche nun über seine Wangen liefen.,,Habe ich dich gebrochen, Jim?", röchelte der Sterbende mit letzter Kraft, ehe aller Glanz aus den grauen Augen verschwand. Den Augen, in denen immer ein Sturm getobt hatte.
Ja ,,Nein", seine Stimme brach.
Er hatte das Monster besiegt. Das Monster, welches er selbst geschaffen und abgöttisch geliebt hatte.
Er hatte es besiegt und es hatte ihn gebrochen.
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Was soll ich sagen?
Ich habe das Zitat 'We create our own demons' von Ironman irgendwo gelesen und dann ist das hier daraus entstanden.
Ich habe übrigens keine Ahnung, warum die meisten meiner Oneshots kein Happy End haben... es passiert einfach.
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Sherlock One Shots
FanficOneshots zur Sherlock Serie. Überwiegend Mormor und ein bisschen Johnlock. Keiner der Charaktere gehört mir! Sie gehören der BBC bzw. Athur Conan Doyle.