Who wants to live forever? (Mormor)

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,,Es tut mir leid, Mr. Moriarty. Wir können nichts mehr für Sie tun", der Dunkelhaarige Mann blickte ihn aus blauen Augen an. Blaue Augen ohne Mitleid. Wer solange als Onkologe arbeitete, hatte kein Mitleid mehr mit seinen Patienten.
,,Das heißt ich... ich", warum fiel es ihm so schwer die Wahrheit auszusprechen. Sie war nicht weniger wahr, wenn er sie verschwieg.

,,Sie werden sterben", nickte der Arzt, ,,Ich möchte Sie nicht anlügen, Mr. Moriarty, aber wie es aussieht lässt Ihnen der Tumor in Ihrem Kopf nicht mehr viel Zeit."
,,Wie lange?", flüsterte Jim, seine Stimme zitterte.
,,Vielleicht noch ein halbes Jahr", die blauen Augen zeigten noch immer keine Spur von Mitleid.

,,Muss ich mit Ausfällen rechnen?", ich will mich nicht selbst verlieren.
,,Wir haben gute Möglichkeiten Ihre Schmerzen in den Griff zu kriegen", begann der Arzt langsam, ,,Aber der Tumor wächst und früher oder später wird er auf wichtige Areale des Gehirns drücken."
,,Okay. Scheiße, man."

Als der Arzt ihm erklärte, was sie gegen die Schmerzen tun würden, hörte er gar nicht mehr hin.
Der Tumor wächst, er drückt aufs Gehirn und er wird Sie umbringen, immer wieder kreisten seine Gedanken um diese Worte. Es war ihm egal, was man gegen die Schmerzen machen konnte. Vielleicht wollte er nicht einmal etwas gegen sie machen. Denn was, wenn die Schmerzen in wenigen Wochen das einzige wären, was ihn an das Ding in seinem Kopf erinnern würden. Wenn sie das einzige wären, was ihn daran erinnern konnte, dass er mal mehr gewesen war als ein erwachsener Säugling. Denn das würde er früher oder später sein, ein sabberndes, vor sich hin brabbeldens Kleinkind, gefangen in dem Körper eines Mannes.

Als der Arzt ihm zum Abschied die Hand reichte, hatte sich eine seltsame Stille über seine immer lauten Gedanken gelegt.
,,Reden Sie mit Ihrem Lebensgefährten über das, was auf Sie beide zukommt", meinte der Arzt und seine schrecklich blauen Augen funkelten im sterilen Licht des Raumes.

Die Straßen Londons flogen am Fenster des Taxis vorbei. Er blickte hinaus, doch die Bilder welche seine Augen lieferten, erreichten sein Gehirn nicht.
Reden Sie mit Ihrem Lebensgefährten, aber wie? Wie konnte er Sebastian sagen, dass er einen verdammten Tumor im Kopf hatte? Wollte er überhaupt, dass der Blonde es wusste?
Allein der Gedanke, dass Sebastian ihm eines Tages Sabberfäden vom Mund wischen würde, wiederte ihn an. Er wollte nicht, dass ihre Beziehung so endete. Er könnte es nicht ertragen, wenn Sebastian ihn als körperliches Wrack in Erinnerung behalten würde. Wenn alle ihre glücklichen Erinnerungen von den trüben Bildern der Krankheit verzerrt werden würden.
Nein, er konnte nicht mit Sebastian darüber reden. Er konnte mit niemanden darüber reden.

Es war später Nachmittag als er ihre gemeinsame Wohnung betrat. Im lichtdurchfluteten Wohnzimmer ließ er sich auf dem Sofa nieder, nahm den Kopf zwischen die Hände. Er spürte den stechenden Schmerz in den Schläfen und eine einzelne Träne tropfte auf den weinroten Teppich.
Warum ausgerechnet ich, dachte er, dann nahm er die Morphium Tablette.

Als Sebastian nach Hause kam, setzte er eine Maske aus Heiterkeit und Arroganz auf. Er küsste den Blonden neckend und freute sich über dessen erfolgreich gelaufene Mission.

,,Und was stand bei dir heute auf dem Plan?", fragte Sebastian in einer kurzen Atempause.
,,Ich habe weiter an meinem Weltvernichtungsplan geschmiedet", zwinkerte Jim und der Größere verdrehte lachend die Augen.
Er sieht so hübsch aus,  wenn er lacht, dachte Jim und er wusste, dass er nicht dabei sein wollte, wenn der Blonde dieses Lachen verlor. Er wollte nicht der Grund dafür sein, dass statt Lachfalten Sorgenfalten das sonnengebräunte Gesicht mit den grauen Augen bedeckten.

,,Das klingt gut", nickte Sebastian im gespielten Ernst, ,,Und was sieht dieser Plan fürs Abendessen vor?"
,,Nudeln mit Tomatensoße. Ist das beste Gericht, um die Welt zu vernichten."

Sherlock One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt