Split Soul (Mormor| Sheriarty)

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Warte, steht da ernsthaft Sheriarty?!
Jup, Premiere!

Im Nachhinein war es schwierig zu sagen, wann Sebastian das erste Mal in seinem Leben aufgetaucht war. Fakt war nur, dass er eines Tages aufgetaucht und seitdem nicht wieder verschwunden war. Manchmal sah Jim Sebastian mehrere Wochen oder Monate nicht, doch irgendwann tauchte Sebastian immer wieder auf. Dann lächelte er und seine blauen Augen strahlten. Sebastian hatte ein schönes Lächeln, so viel schöner als sein Eigenes.

Am Anfang hatten sie über belangloses wie das Wetter geredet. Sebastians Stimme hatte etwas unaufgeregtes an sich. Sie drang in seine Gedanken und nistete in seinem Kopf. Er mochte Sebastians Stimme mehr als seine Eigene. Sebastians Stimme war tief und vertrauenserweckend. Seine eigene kiekste in den hohen Oktaven und zitterte sobald er nervös wurde. Sebastian war nie nervös.

Jim hatte schnell festgestellt, dass die Phasen, in denen Sebastian nicht da war, unerträglich waren. Er fühlte sich müde und ausgelaugt. Manchmal wusch er sich tagelang nicht. Ohne Sebastian schienen all seine Emotionen unter einer gläsernen Glocke zu verschwinden und die Tage wurden trist und grau. Er begann die Zeiten ohne Sebastian zu verabscheuen.

Er war wütend, weil Sebastian ihm nie verriet, wohin er verschwand oder wann er wiederkehren würde. Irgendwann war Sebastian dann immer wieder da. Dann lächelte Sebastian und seine blauen Augen strahlten. Dann hob sich die Glasglocke und Jim spürte wie Aktivitäten einfacher wurden.

Er vertraute Sebastian alles an. Manchmal hatte er das Gefühl, Sebastian könnte in sein Innerstes blicken, so gut verstand der Blonde ihn. Sie redeten manchmal stundenlang. Sebastian war immer ehrlich. Wenn ihm Jims Frisur nicht passte, sagte er es gerade hinaus. Wenn Jim bei einem Vortrag rumstotterte, machte Sebastian sich über ihn lustig.

Manchmal dachte Jim, dass er Sebastian für diese direkte Art verachten müsste, doch die Zeiten mit Sebastian waren besser als die ohne. Manchmal glaubte er Sebastian wäre schlecht für ihn, doch dann verdrehte der Blonde die Augen und zählte all die Menschen auf, die noch viel schlechter für Jim waren.

Sebastian konnte in den Menschen lesen. Er wusste, wer schlecht von Jim dachte und von wem er sich besser fernhielt. Einmal hatte er Jim davor bewahrt, sein Mittagessen zu essen, das die Frau hinter der Theke mit Abführmittel versehen hatte. Auf die Frage, warum jemand so etwas täte, zuckte Sebastian mit den Schultern „Sie mag es nicht, dass du schwul bist". Ein anderes Mal hielt Sebastian Jim davon ab einer Einladung zu folgen, weil er wusste, dass Kommilitone, der die Einladung ausgesprochen hatte, Jim die Treppe runterstoßen wollte. „Der gemeinsame Fernsehabend ist doch bloß ein Vorwand. Der will eh nichts von dir."

Jim glaubte Sebastian. Sebastian hatte keinen Grund ihn zu belügen, außerdem war Sebastian immer ehrlich. Er verbrachte mehr Zeit mit Sebastian als mit den meisten anderen Menschen. Sie gingen im Wald spazieren oder sahen sich die neuste Netflix Serie an. Sie lachten, redeten und schwiegen. Manchmal nahm Sebastian seine Hand oder strich ihm über den Rücken. Manchmal nahm Sebastian ihn in den Arm und hielt ihn einfach nur fest.

Als Jim ins fünfte Semester kam, verschwand Sebastian. In den ersten Monaten fühlte es sich an, als läge eine tonnenschwere Last auf Jims Brust. Er war tagelang nicht in der Lage aus dem Bett aufzustehen und hasste sich für seine Bewegungsunfähigkeit.

Als Jim ins sechste Semester kam, bekam er einen neuen Sitznachbarn. In der Uni gab es keine festgelegte Sitzordnung, doch Sherlock Holmes mochte es in der ersten Reihe zu sitzen und so landete er beinahe unausweichlich neben Jim. Am Anfang redeten sie kaum miteinander. Ein „Guten Morgen" und ein „Tschüss". Dann wurde es mehr. „Hast du Folie 91 verstanden?"
„Professor Smith ist zum Einschlafen."

Sherlock One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt