Everything but You (Mormor)

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I'm ready
to give up everything
but you

,,Jim, bitte, du musst das nicht tun", die Stimme des Blonden klang verzweifelt.
,,Ich möchte es aber", Jim blickte in die blauen Augen seines Freundes.
Dieser seufzte und blickte an sich herab. Blickte auf seine Beine, die ihn nie wieder würden tragen können. Auf seine Arme, die nie wieder die Hand seines Freundes greifen würden.

,,Du würdest dir dein Leben ruinieren, wenn du bei mir bleibst. Ich will nicht, dass du für mich alles andere aufgibst", Resignation schwank im Timbre seiner Stimme mit. Ein Teil von ihm wollte nichts mehr, als endlich dieser Hölle entkommen, die seit einer Woche sein Leben war. Seit dem Moment als er aus dem Koma erwacht war, hatte er gewusst, dass nichts mehr so war wie früher. Nie wieder. Und er hatte gewusst, dass er Jim diese neue Realität nicht antun konnte.

,,Verdammt Sebastian! Ich bin bereit alles aufzugeben. Alles, nur dich nicht", der Schwarzhaarige hatte die Stimme gehoben. Seit vier Tagen lag ihm Sebastian nun schon mit diesem Schwachsinn in den Ohren.

,,Ich will dir nicht dabei zusehen, wie du unglücklich wirst. Verstehst du, Kitten, ich kann es einfach nicht", Sebastian blickte an Jim vorbei aus dem Fenster des Krankenhauszimmers. Die Herbstsonne strahlte bernsteinfarben von Nachmittagshimmel. Fast als wollte das Wetter ihn verhöhnen. Er blickte zu einem jungen Paar, welches durch den Park des Krankenhauses schlenderte und wieder traf ihn die Erkenntnis mit voller Wucht. All das wirst du nicht mehr haben. Nie wieder.
Er biss die Zähne zusammen, vor Jim in Tränen auszubrechen war das Letzte, was er wollte.
Er spürte wie dieser ihn eine Hand auf die Wange legte und sanft über die Bartstoppeln strich. Die Berührung ließ ihn aufblicken, direkt in ein Paar dunkler Augen, welche ihn sorgenvoll musterten. Sorge war besser als Mitleid, stellte Sebastian fest.

,,Es ist in Ordnung", flüsterte Jim und die sanften Worte rissen die Mauern nieder. Sebastians Körper wurde von einer Welle des Schluchzen überrollt und er konnte nichts dagegen tun. Tränen quollen ihm aus den Augen und liefen in hässlichen Rinnsalen sein Gesicht herab. Verfingen sich im Bart und benetzten die blassen Finger des Consulting Criminals. Doch statt von der jämmerlichen Gestalt abzurücken oder ihn gar als Schwächling zu beschimpfen, lehnte sich der Schwarzhaarige vor und lehnte seine Stirn gegen die von Sebastian. 

,,Tiger", flüsterte Jim und blickte in seine aufgequollenen Augen, ,,ich verspreche dir, dass ich niemals unglücklich sein könnte, solange ich nur bei dir sein darf. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie grausam es war, dich im Koma liegen zusehen. Jeden Tag hatte ich so wahnsinnige Angst, du würdest nicht mehr aufwachen. Ich weiß, dass ich es nicht ausgehalten hätte, wenn du mich verlassen hättest und ganz ehrlich ich kann doch jetzt nicht zulassen, dass du mich einfach so aus deinem Leben streichst."

Die Worte trafen ihn mitten ins Herz. Jim war nie auch nur ansatzweise romantisch gewesen, doch heute war es anders. Seine Worte waren voller Romantik, aber auch voller Verzweiflung. Und für einen kurzen Moment fühlte sich Sebastian schlecht, weil er sich nie gefragt hatte, wie es Jim nach seinem 'Unfall' ergangen war.
Doch schon im nächsten Moment war das Gefühl verflogen. Natürlich war Jim nicht glücklich über seinen 'Unfall' gewesen, aber wenn er nun bei ihm bleiben würde, würde ihn das früher oder später unglücklich machen. Eher früher, dachte Sebastian verbissen.

,,Es gibt keine Garantie dafür, dass es dich nicht unglücklich macht", begann Sebastian, jedes seiner Worte wohl überdacht, ,,Ich weiß, dass du es nie zeigen würdest, aber das Leben, welches du gegen dein jetziges eintauschen würdest, würde dich früher oder später ankotzen. Ich werde nie wieder laufen können, wir werden nie wieder Sex haben und unsere Wohnung hier in London ist alles andere als behindertengerecht. All das würde dich schrecklich langweilen und nerven und irgendwann wirst du mich hassen. Wirst mir die Schuld an deinen geplatzten Träumen geben, mich aber nicht verlassen, weil du mir ein Versprechen gegeben hast und weil du dich noch immer schuldig fühlst. Ich will bloß nicht, dass du mich hasst, Jim und noch weniger will ich, dass dort irgendwann Mitleid in deinem Blick sein könnte. Deshalb beende ich dieses 'wir' , bevor es soweit kommt."

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