Run (Mormor)

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While I powder my nose
He will powder his gums
And if I try to get close
He is already gone

James war irgendwann einfach da gewesen. Sebastian hatte nie gefragt, woher James gekommen war oder was er erlebt hatte. Er hatte akzeptiert, dass James nun zu seinem Leben gehörte.

Es hatte ihn auch nie gestört seine Wohnung mit James teilen zu müssen und einen anderen Menschen in seine Pläne mit einzubeziehen. Tatsächlich hatte er sich schnell an die Anwesenheit des Dunkelhaarigen gewöhnt und auch wenn James oft abwesend und kalt war, wollte er ihn nicht mehr missen.

Einmal hatte er gefragt, was James getan hatte, bevor er in sein Leben gestolpert war. James hatte die Schultern gezuckt und ihn auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet. Die nächsten Tage war er dann noch distanzierter gewesen und Sebastian hatte sich Sorgen gemacht, James verloren zu haben. Er hatte nie wieder nachgefragt und James hatte nie etwas erzählt. Es war okay.

Sie hatten irgendwann angefangen miteinander zu schlafen. Es hatte keine tiefere Bedeutung, es war einfach nur Sex. Als es das erste Mal passiert war, hatten sie gelacht und James hatte gesagt, dass so etwas wohl passierte, wenn man zusammenwohnte.

Sie schliefen trotzdem in getrennten Betten, es war ja nur Sex. Körperliche Nähe, um sich weniger einsam zu fühlen. Sie kochten gemeinsam und redeten über Bücher und Musik. Sie sprachen über Politik und Mode, nicht über die Vergangenheit.

I don't know where he's going
I don't know where he's been
But he is restless at night
'Cause he has horrible dreams

Sebastian wachte auf, weil James sich unruhig neben ihm im Bett wälzte. Er seufzte, er musste nach dem Sex im falschen Bett eingeschlafen sein. Es war ein anstrengender Tag gewesen und es hatte sich gut angefühlt noch ein paar Minuten neben James liegen zu bleiben.

James stöhnte und es war das qualvollste Geräusch, was Sebastian je in seinem Leben gehört hatte. Sebastian fragte sich, ob James oft Albträume hatte und ob er deshalb immer ein bisschen müde aussah.

„James?", vorsichtig berührte er ihn an der Schulter. Ein bisschen lauter: „Jim, hey, wach auf."

Mit einem erstickten Laut fuhr James hoch. Die Augen weit geöffnet, panisch den Raum absuchend. Das T-Shirt klebte an seinem schmächtigen Oberkörper, er war nass und kalt, als Sebastian seinen Arm um ihn legte.

„Du bist in Sicherheit, es war nur ein Traum. Ich bin da."
Es dauerte bis sich James Atem normalisierte. Sebastian hielt ihn einfach nur fest.

„Möchtest du über den Traum reden?", das hatte seine Mutter ihn immer gefragt, wenn er als Kind Albträume gehabt hatte. Dann hatte er ihr von den Monstern erzählt, die ihn heimgesucht hatten und sie hatte eine Geschichte um seinen Traum gebaut, die alles nur noch halb so schlimm machte. Aus Monstern waren Schoßhunde geworden und aus dem verängstigten Kind ein Held.

„Ich kann nicht", James schüttelte den Kopf.

„Es war nur ein Traum", flüsterte Sebastian, legte so viel Ruhe wie möglich in die Worte.

„Es war mehr als das."
„Warum?"
„Diese Träume sind Teil meiner Realität."

So we lay in the dark
We've got nothing to say
Just the beating of hearts
Like two drums in the gray

Darauf wusste Sebastian keine Erwiderung. Er wollte James anschreien, ihm doch endlich alles zu erzählen, doch er fand keine Worte. Er ahnte inzwischen, dass es keine glorreiche Vergangenheit war, die James hinter sich gelassen hatte und er ahnte, dass manchmal nicht wissen besser war.

Sherlock One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt