I only miss him when I'm breathing (Mormor)

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Kleine Warnung: das ist kein Mormor im eigentlichen Sinne. Nicht mal im metaphorischen.

Viel Spaß!

James Moriarty, stand auf dem Zettel, dahinter eine Adresse. Anthea hatte ihm den Zettel nach der heutigen Sitzung zugesteckt und zwinkernd „Die Jagd ist eröffnet, Tiger" hinterhergeschickt. Wären sie nicht von anzugtragenden Langweilern umgeben gewesen, hätte er es ihr vermutlich noch auf dem Tisch gemacht.

So hatte er nur einen Namen von ihr bekommen und eine knappe Einweisung ihres Chefs. James Moriarty. Selbsternannter Verbrecherkönig und Unruhestifter, hatte sich mit der Regierung einen Feind zu viel eingehandelt.

Er seufzte, als er in die schwarze Mercedes Limousine stieg, die ihn in seine neue Wohnung bringen sollte. Eine Wohnung, die er für ein paar Wochen, vielleicht würden es auch Monate werden, beziehen würde. Er musste inzwischen in hunderten solcher Wohnungen gelebt haben. Wohnungen und Häuser, die nur einem Zweck dienten. Der Erfüllung seines Auftrages.

James Moriarty lebte im Herzen Westminsters. Die großen Fenster baten vermutlich einen fantastischen Blick über das Regierungsviertel und fluteten die Wohnung nebenbei mit Licht. Für ihn hatte man – besser gesagt die Regierung – die Wohnung gegenüber gekauft, von welcher aus er James Moriarty direkt auf den Esstisch gucken konnte. Genau das würde er die nächsten Wochen tun. Er würde James Moriartys Lebensgewohnheiten studieren und sich in dessen Tagesabläufen verlieren. Zum Ende ihrer gemeinsamen Zeit, und er würde bestimmen, wann ihre gemeinsame Zeit endete, würde er James Moriarty besser kennen als seine Freunde. Er wüsste mehr über Moriartys Leben als er über Antheas wusste, dabei schliefen sie seit einem halben Jahr miteinander. Er würde seine intimsten Geheimnisse kennen und in ihm einen Verbündeten sehen. Er würde sich sicher fühlen, in den Routinen des James Moriarty und er würde sich morgens freuen Moriarty zum Essen zu sehen. Und sobald er das Gefühl hätte, dass es nichts gab, was er nicht über James Moriarty wusste, würde er ihn den Gnadenschuss verpassen.

Das war der schwierigste Teil seines Jobs. Der Teil, an dem die meisten scheiterten. Jedes Jahr drängten sich hunderte Bewerber auf die Position als Scharfschütze, doch kaum einer von ihnen tötete auch nur einen einzigen Menschen. Es war anders als in den Videospielen, die einzige Erfahrung, die viele mitbrachte. In den Spielen machte es Spaß auf andere zu schieße. Das namenlose unbekannte ohne Geschichten.

Selbst wenn sie sich vorgestellt hatten, wie es wäre einen echten Menschen zu töten, so umstieg die Realität ihre Vorstellung bei Weitem. Denn auch in der Vorstellung vergaßen die meisten, dass sie nicht viel von dem unterschied, den sie töteten. In ihrer Vorstellung waren sie goldene Helden, die grausame Monster davon abhielten auf unschuldige Menschen loszugehen. In ihrer Vorstellung retteten sie hunderte Kinder vor den Fängen dieses Monsters, das nichts anderes im Sinn hatte als Grausamkeiten zu begehen.

Doch die Realität war anders. Sie lernten ihre Opfer – Sebastian hasste dieses Wort -in den Facetten des Lebens kennen. Sie sahen keine Monster, sie sahen Menschen. Einen Familienvater, eine geliebte Großmutter, einen liebenden Sohn. Das war kein namenloses Monster und sie waren keine Helden.

Sebastian erinnerte sich an seinen allerersten Auftrag. Seine Truppe war in Afghanistan stationiert, als sein Vorgesetzter mit einem Zettel auf ihn zugekommen war. Ein Name und eine Adresse. Dazu eine knappe Einweisung und eine gemietete Wohnung.

Er hatte Tag und Nacht ausgeharrt und hatte alles über den Mann erfahren. Als er schließlich den Abzug drückte, war er sich sicher, dass er einen guten Mann erschossen hatte. Ein Mann, der seinem behinderten Sohn jeden Tag ein Geschenk von der Arbeit heimbrachte. Ein Mann, der seine Frau liebte und ihr jeden Montag Blumen schenkte. Ein Mann, der Geld brauchte, weil sein Sohn andere Bedürfnisse hatte als die anderen Kinder. Ein Mann der gerne Schokolade aß.

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