Hold on (Mormor)

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Loving and fighting
Accusing and denying
I can't imagine a world
with you gone

The joy and the chaos
The demons we're made of
I'd be so lost if you left me alone

Die Beerdigung fand im kleinen Kreis statt. Ein paar Leute aus dem Netzwerk waren gekommen und Sebastians Eltern, die ihren Sohn festhalten mussten, als der Sarg in die Erde gelassen wurde.
Seine Mutter sprach ihm ihr herzliches Beileid aus und sogar sein Vater kommentierte, dass Jim sicher ein guter Mann gewesen sei.

Dann nahmen sie ihn mit nach Hause. Westlich von London lag das Anwesen, auf dem er aufgewachsen war und wohin er nun zurückkehrte.
In London hielt in nichts mehr seit Jim fort war und so war er dankbar für Muttersführsorge und Vaters große Bibliothek.

Es erlaubte ihm seine Tage in seinem ehemaligen Jugendzimmer zu verbringen. Zwischen fremden Welten und seinem eigenen Schmerz.
Die Welt mit Jim verblasste und schon nach wenigen Wochen schien ihm die gemeinsame Zeit wie eine Geschichte aus einem von Vaters Büchern.

Er erinnerte sich an ihre Streittigkeiten, als wären es Schlachten gewesen, die es zu schlagen galt. Die Anschuldigungen, die sie gegen einander vorgebracht hatten, waren nicht mehr als die Anklagen eines Kriminalromans. Der Sex kitschig wie in einem schlechten Erotikbuch.

Und trotzdem schien es, als fehle der Welt ein Teil. Als sei sie entrückt, ihm abhanden gekommen.
Er hatte sich nie eine Welt vorstellen können, in der es Jim nicht gab. Sie hatten sich kennengelernt, da war er gerade 18 geworden. Seitdem war Jim immer irgendwie da gewesen. Selbst als Jim zum studieren weggegangen und er zwei Jahre nach Afghanistan abkommandiert worden war, hatten sie Kontakt gehalten.

Er hatte Jim von den Panikatacken erzählt, die begannen, als er von dem Auslandseinsatz nach Hause gekommen war. Jim hatte ihn Nachts festgehalten, ihm immer wieder gesagt, dass er in Sicherheit war.

Niemals hätte er damit gerechnet Jim zu verlieren. Er war immer davon ausgegangen vor seinem Freund zu sterben, doch nun war er hier. Alleine. Verloren. Losgelöst.

You locked yourself in the bathroom
Lying on the floor when I break through
I pull you and feel you heartbeat

Er half seiner Mutter so gut es ging im Haus. Ab und an ging er mit seinem Vater zu Jagd in den Wald, doch wenn immer dieser ihm das Gewehr anbot, lehnte er dankend ab. Er zuckte bei den Schüssen zusammen und erntete belustigte Blicke seines Vaters. Augustus Moran würde wohl anders gucken, wenn er wüsste, auf wen sein Sohn Jagd gemacht hatte.

Doch sein Vater wusste es nicht und so kamen sie in ein Gespräch vertieft aus dem Wald zurück und seine Mutter empfing sie mit einer heißen Tasse Tee und selbsgebackenen Kecksen. Mit jedem Tag nahm Sebastians Appetit zu, sodass er inzwischen fast so viel aß wie davor.

Davor und danach. Das waren die Kategorien, nach denen er sein Leben einteilte. Vor Jims Tod und danach. Zwischen Jetzt und Ewigkeit.

Es waren drei Monate vergangen, als seine Mutter sich beim Holz schleppen verhob. Von Rückenschmerzen geplagt saß sie auf dem Sofa und Sebastian musste noch mehr im Haus anpacken. Er war gezwungen, dass zu tun, was er die letzten Monate erfolgreich vermieden hatte.

Das Bad war staubig und sie erwarteten Besuch. Seine Mutter sagte, er müsse es nicht tun, doch er wusste, wie sehr sie sich freuen würde.

Als er mit den Lappen über die Fließen strich, prasselten die Erinnerungen auf ihn herab. Staub wurde zu Blut. Sein Schatten zu Jim.
Sein Atem beschleunigte sich, als er seinen Freund auf dem Boden liegen sah. Blut, warum war da so viel Blut?

Sherlock One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt