Kapitel 10

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Für Bella war die Nacht schnell vorbei. Jedenfalls fühlte es sich so an, als Joelle sie um halb 10 Morgens zum Frühstücken weckte. Sie hatte mehr als 10 Stunden geschlafen, aber ihr Körper fühlte sich absolut nicht erholt an. Immer noch schlapp ging sie schließlich in die Küche, als sie sich wenigstens etwas fertig gemacht hatte, in der Paddy und Joelle schon saßen und stumm Frühstückten.
Auch nachdem Paddy ins Bett gegangen war hatten seine Gedanken ihm einfach absolut keine Ruhe gelassen, was Joelle schließlich auch den Schlaf geraubt hatte.

Bella fühlte sich mehr als unwohl, als sie sich zu den beiden an den Tisch setzte. Schließlich saß sie mit ihrem absoluten Lieblingssänger und dessen Frau an einem Tisch. Auch die Stille bestätigte dieses unangenehme Gefühl.
Joelle versuchte Paddy's Blick abzufangen, welcher sich aber nur auf das Essen konzentrierte. Er fühlte sich, als würde auf seiner rechten Schulter ein Engel und auf der linken ein Teufel sitzen, die über die richtige Entscheidung diskutierten.
Joelle wartete geduldig, bis Paddy etwas sagen würde, dies blieb aber auch nach 10 Minuten noch aus. Bella hatte mittlerweile wenigstens ein Brötchen gegessen und starrte nun gedankenverloren in den Orangensaft, dessen Glas sie in der Hand hielt.
Joelle seufzte und zog somit die Aufmerksamkeit der beiden auf sich.

„Wollt ihr euch weiterhin anschweigen, obwohl es einiges zu bereden gibt?",fragte sie und blickte erst Bella an, dann Paddy, der seinen Blick wieder abwandt.
„Ich wusste nicht wo ich sonst hin sollte. Es tut mir leid.",entschuldigte Bella sich und versuchte somit die Konversation zu starten, was in Paddy's Kopf jedoch nicht ankam, weshalb Joelle sich räusperte und ein überfordertes seufzen aus Paddy kam.
„Was ist bei dir Zuhause passiert?",wollte er leise von Bella wissen, die ihn mit großen Augen anschaute, dann aber doch überlegte, ob sie es ihm erzählen sollte.
„Ich habe mich mit meiner Schwester gestritten und bin abgehauen.",gab Bella ihm zur Antwort. Verwirrt blickte Joelle zwischen ihnen hin und her. Bella war erwachsen. Wieso war es so schlimm, dass sie von ihrer Schwester weg gelaufen war?
„Wieso?",harke Paddy nach und fand endlich den Mut, um Bella anzuschauen.
„Ich glaube ich sollte gehen.",winkte Bella die unangenehme Situation ab und stand auf, was Paddy ihr jedoch gleich tat, sodass die beiden sich nun gegenüber standen. Nur der schön dekorierte Tisch zog eine klare Linie zwischen ihnen, an deren Ende Paddy's Frau saß und nichts mit der Situation anzufangen wusste.
„Bella, du verwirrst mich und meine bisherigen Ansichten. Ich fühle mich für dein Schicksal verantwortlich, weiß aber gleichzeitig, dass ich nichts daran ändern kann und das beschäftigt mich.",gestand Paddy und blickte Bella in ihre grünen Augen, welche Paddy's Augen schüchtern zu mustern schienen. Sie strahlten eine Wärme aus, die sich sofort auf Bella's Sicherheit übertrug und sie endlich den Mut fand, den sie benötigte.

Einen Moment war es still, bevor Bella sich zurück in den Stuhl fallen ließ.
„S..sie will mich in ein Hospiz sperren.",nuschelte sie leise und knetete ihre Finger, während sie den Blick von Paddy auf sich spürte. Auch er setzte sich wieder hin und schaute kurz zu Joelle, die ihn mit ihrem Blick dazu aufforderte etwas zu sagen. Sie merkte wie fehl am Platz Bella sich momentan fühlte.
„Vielleicht wäre es ja wirklich besser. Du sagtest doch ihr würdet euch nicht gut verstehen."
Zustimmend nickte Joelle und beobachtete Bella, die nun zu Paddy aufblickte.
„Ich hasse sie, aber ich möchte nicht in einem Hospiz leben, wo niemand mehr Lust am Leben hat.",erwiderte sie entschlossen.
Lange unterhielten die drei sich. Und Paddy fragte sich, warum Clara, wegen ihren eigenen Bedürfnissen, so kalt zu Bella sein konnte. Er hätte so etwas nie über sein Herz gebracht.
Bella hielt weiterhin dicht, was ihre Vergangenheit anging. Die ganzen Schicksalsschläge machte sie nicht zum Thema, trotzdem merkte Paddy, dass mehr auf ihrem kranken Herzen lag, als sie sagte.

Nach dem Gespräch verzog er sich in sein Zimmer, um mit Pino zu sprechen, während Bella seiner Frau half die Küche wieder auf Vordermann zu bringen.
Eine gewisse Distanz herrschte zwischen ihnen, trotzdem suchte Joelle immer wieder das Gespräch zu ihrem Besuch, um so auch mehr über sie zu erfahren.
Jedoch wollte die Situation zwischen ihnen sich nicht lockern. Bella fühlte sich zurecht fehl am Platz und hatte das Gefühl, dass Joelle die ganze Sache genauso sah. Immerhin wollte sie sich in Ruhe mit ihrem Mann auf die Feiertage vorbereiten und sich nicht mit einem Totkranken Fan rumschlagen. Zumindest dachte Bella so.

Durch die Haustürkingel zuckten die beiden Frauen leicht zusammen. Joelle wollte zu dieser gehen, jedoch war Paddy schneller, da er sowieso in die Küche wollte, weshalb Joelle die restlichen Teller abwusch, die Bella gedankenverloren abtrocknete.
Mit einem fragenden Bick öffnete Paddy die Tür, erstarrte aber sofort, als er die Personen dahinter sah.
„Wo ist meine Schwester?!",giftete Clara ihm sofort entgegen, blieb aber mit sicherem Abstand zu ihm stehen.
„Hey beruhig dich mal. Können wir das nicht alleine klären?",fragte er leise und blickte zu den zwei Polizisten, die hinter Clara standen und jedes Wort von ihm verstanden.
„Ich denke nicht, dass sie etwas zu verheimlichen haben, Herr Kelly.",mischte sich einer der Polizisten ein, weshalb Paddy seufzte.
„Außer meiner Privatsphäre, nein. Trotzdem muss das hier nicht sein.",erwiderte er und bat die drei Personen mit einer Geste herein, die schon alles sagte. Polizei hieß immer Presse und darauf hatte er nun wirklich keine Lust. Auch wenn er außerhalb wohnte, kamen immer wieder Informationen nach außen.
„Ähm.., hallo?",begrüßte Joelle den überraschenden Besuch und schaute mit hoch gezogenen Augenbrauen zu Paddy, der hinter den Polizisten ebenfalls die Küche betrat und mit den Schultern zuckte.

Auch Bella schaute überrascht zu ihrer Schwester und legte das Geschirr Tuch auf der Spüle ab. Musste Clara immer so einen Aufstand machen? Beschämt, aufgrund dem Verhalten ihrer Schwester, fing sie Paddy's fragenden Blick auf.
„Macht ihr jetzt Fansitting bei euch Zuhause?,wollte Clara ironisch wissen und schaute zwischen Joelle und Paddy hin und her.
Letzterer schüttelte den Kopf.
„Wenn sie Hilfe braucht? Sie ist ja wohl nicht grundlos von Zuhause weg.",erwiderte er.
Clara wollte etwas erwidern, jedoch ging der, eindeutig gesprächigere, Polizist dazwischen.
„Gegenseitige Beschuldigungen bringen hier auch nichts."
Genervt schnaubte Paddy, bevor er sich an die Seite von Joelle stellte.
„Fakt ist, dass Frau Holly die Aufsicht für ihre Schwester hat. Dazu gehört auch die Pflege und die Entscheidung darüber, wo sie zukünftig bleiben soll.",sprach er weiter und ignorierte Paddy's Geste.

Bella Holly. Immer wieder ging Paddy den Namen in Gedanken durch. Es hatte schon etwas.

„Ich bin weder Geisteskrank, noch liege ich im Koma und kann mich nicht mitteilen. Es kann doch nicht sein, dass sie über alles bestimmen darf, was mich betrifft.",antwortete Bella.
„So steht es geschrieben und so ist es. Sie sind krank, Totkrank und gehören in Gute Hände.",erwiderte der Polizist gelassen. Mitgefühl war Fehlanzeige bei ihm.
„Totkrank, aber nicht Geisteskrank. Ich gehe nicht mit dort hin und schon gar nicht mehr zu IHR nachhause."
Verachtend deutete Bella auf ihre ältere Schwester, welche sie mit offenen Mund anstarrte und erstaunt über ihre Worte schien.
„Ich habe dir so viel gegeben und das ist der Dank? Denk doch bitte nur ein mal nicht an dein Leben!"
„Ich möchte darüber nicht diskutieren. Ihre Schwester hat für Sie entschieden und Sie sind bereits angemeldet. Entweder kommen Sie freiwillig mit, oder wir greifen zu anderen Mitteln.",mischte der Polizist sich erneut ein.

Paddy hielt sich zurück, konnte nun aber auch nicht mehr mit seiner Meinung hinter dem Berg halten.
„Für wen halten Sie sich eigentlich? Kommen hier ein, stellen sich nicht vor und wollen einer Frau Weis machen, dass sie jeglichen Entscheidungen von ihrer egoistischen Schwester folgen soll? Wie war das, 'Freies Land'?",konterte er und man hörte an seiner Stimme, dass er sauer darüber war.
Bella blickte erstaunt zu ihm. Warum setzte er sich so für sie ein?
„Herr Kelly, zügeln Sie bitte ihren Ton. Wir machen auch nur unseren Job.",versuchte er Paddy zu beschwichtigen, was jedoch nur das Gegenteil bewirkte.
„Job hin oder her, Menschlichkeit ist anscheinend fehl am Platz! Sieht sie so aus, als könnte sie keine eigenen Entscheidungen mehr treffen?!"

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt