Kapitel 60

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Paddy's Handy klingelte und störte somit die Stille.
„Was gibts?",fragte er in sein Handy hinein.
„Du denkst heute an das Interview?",ertönte Pino's Stimme von der anderen Seite.
Paddy blies die Wangen auf. Daran hatte er wirklich nicht mehr gedacht.
„Ähm.. können wir das eventuell verschieben?",harkte er verlegen nach. Noch nie hatte er ein Interview einfach so vergessen!
„Warum?",wollte Pino wissen.
„Mit geht es nicht so sonderlich gut. Komme nicht aus dem Bett.",log Paddy und wimmelte Pino somit schnell wieder ab, der sich darum kümmern wollte.

„Pino?",fragte Joelle nach. Paddy nickte, während Joelle seufzte und ihren Blick in die Ferne richtete. Noch immer saßen die beiden auf der Bank und hatten sich der Stille hingegeben, die kurz zwischen ihnen herrschte.
„Hör zu. Egal wie du dich entscheidest, ich kann mir keine Beziehung mehr zwischen uns vorstellen. Da steht einfach zu viel zwischen uns.",brachte Joelle leise über ihre Lippen. Ihr fielen diese Worte keinesfalls leicht und trotzdem wusste sie, dass es richtig war.
Er nickte verständnisvoll, weshalb Joelle zu ihm blickte. Paddy versuchte seine Gedanken zu ordnen, schaute deshalb gedankenverloren auf seine Hände und knetete diese nervös. Joelle wusste, dass er kurz auf seine Gedanken eingehen musste, weshalb sie ihn nicht hetzte.

„Ist in Ordnung.",gab Paddy leise von sich. Irritiert blickte sie ihn an. Sie hatte mit deutlich mehr gerechnet.
„Können wir wenigstens noch mal in Ruhe über diese ganze Sache sprechen? Es fühlt sich irgendwie nicht richtig an es einfach so ruhen zu lassen.",hing Paddy dahinter. Erst jetzt blickte er wieder zu Joelle, die erleichtert nickte.

„Es tut mir echt leid. Es lag wirklich nicht an dir. Ich habe mich einfach alleine gefühlt und nicht gemerkt, wie du eigentlich nur dein bestes gegeben hast. Du hast immer versucht deinen Job und unsere Ehe zusammenzubringen. Ich war daran Schuld, dass wir kaum Zeit zusammen verbracht haben. Schließlich hätte ich auch auf Tour arbeiten können. Ich bereue das mit Lukas. Die Gefühle waren nie wirklich da und trotzdem habe ich mir in gewisser Weise einreden lassen, dass du nicht gut für mich wärst. Außerdem wollte ich dich wirklich nicht verletzen, obwohl ich genau das damit bezweckt habe. Ich kann mich nur zehntausend mal bei dir entschuldigen und trotzdem würde es nichts ändern."

Beschämt schaute Joelle auf den Boden. Erst jetzt wurde ihr wieder bewusst, was sie eigentlich damit alles entfacht hatte.
„Don't say sorry, Joelle. Du kannst das Ganze nicht nur auf dich abwälzen. Ich hätte merken müssen, dass du nicht glücklich bist."
„Du bist auch nur ein Mensch. Wenn ich dich so etwas nicht merken lassen möchte, dann merkst du es auch nicht. Ich hätte mit dir reden sollen.",warf Joelle sich weiter vor.
„Ich glaube wir drehen uns damit nur im Kreis.",gab er zu, während er sich an die Banklehne lehnte und seine Arme vor seiner Brust verschränkte. Joelle nickte. Sie merkte ebenfalls, dass das mit dem Schuld zuweisen nicht so klappte, wie ursprünglich erhofft.
„Es tut mir ebenso leid, aber ich glaube mittlerweile, dass es einfach so bestimmt war. Trotzdem möchte ich nicht den Kontakt zu dir verlieren. Alleine deswegen."

Mit diesen Worten lehnte Paddy sich wieder nach vorne und legte seine Hand vorsichtig auf Joelle's Bauch, was diese erst kritisch musterte, dann jedoch ihre Hand auf seine legte und lächelte. Beide wussten sie, eine Beziehung kam nicht mehr in Frage. Trotzdem genossen die beiden den Moment mit dem Gedanken, schon bald eine kleine Familie zu sein, wenn auch ohne Ehe und Partnerschaft.
„Ich möchte trotzdem für euch da sein und das mit allem, was ich habe. Ihr sollt euch auf mich verlassen können und ich hoffe, dass wir eine gute Lösung für alle finden.",beteuerte Paddy leise lächelnd. Joelle nickte. Sie war froh mit der Aufgabe nicht alleine dazustehen.

„Aber nur, wenn du dir Hilfe suchst. Ich komme auch mit. Ich weiß, wie schwer dieser Schritt ist, aber es hilft ungemein.",fügte er hinzu. Joelle blickte ihn unsicher an. Immer noch ruhten die Hände der beiden auf Joelle's Bauch.
„Soweit bin ich noch nicht.",gab sie leise von sich.
„Je früher du es machst, desto besser. Du weißt wie sehr ich zu dieser Zeit gelitten habe."
Wieder nickte Joelle und hielt Paddy's Blick stand, der gerade unheimlich viel Geborgenheit ausstrahlte.
„Vielleicht hast du recht."
Die beiden machten sich wieder auf den Weg zu Joelle's Eltern. Der Heimweg verlief ruhig. Beide gingen ihren Gedanken nach und waren unglaublich froh, dass sie miteinander gesprochen hatten.

Paddy blieb noch bis Abends bei Joelle. Zusammen suchten sie nach einem geeigneten Psychologen und Paddy machte, auf Joelle's Wunsch, einen Termin für nächste Woche bei ihm.
„Wenn du nicht hingehst komme ich hier her und schleppe dich persönlich dahin.",drohte Paddy ihr, konnte jedoch nicht lange ernst bleiben, als sie zu schmunzeln begann.
„Du glaubst ernsthaft ich wäre so hinterlistig wie du damals?",harkte sie schmunzelnd nach.
„Wer weiß? Man wird da schon mal kreativ.",verteidigte er sich lachend, welches Joelle tatsächlich auch ein wenig ansteckte.

Um 19 Uhr verabschiedete Paddy sich wieder. Joelle versprach sich bei Paddy zu melden und auch andersherum fiel dieses Versprechen.
Weit kam Paddy jedoch nicht. Nach knappen zwei Stunden bog er von der Autobahn ab und fuhr Richtung Köln weiter. Nach München wären es noch knappe 5 Stunden gewesen und da mittlerweile schon kurz nach 21 Uhr war, versuchte er sein Glück bei Patricia.
„Paddy? Was machst du hier?",fragte Alex, Patricia's Sohn, irritiert nach, als er seinem Onkel die Tür aufmachte.
„War gerade auf dem Weg. Ist deine Mutter da?"
„Klar, komm rein.",erwiderte Alex und hielt seinem Onkel die Tür auf, der sofort hereintrat.
„Mama, Paddy ist da!",rief Alex laut, weshalb Patricia kurz darauf in den Flur kam, Paddy irritiert musterte und schließlich in eine Umarmung zog.

„Was machst du so spät noch hier?",harkte sie nach und beobachtete ihren Bruder dabei, wie er seine Schuhe auszog.
„Ich komme gerade aus Belgien und hatte wenig Lust noch 5 Stunden nachhause zu fahren. Kann ich vielleicht hier schlafen? Nur, wenn es keine Umstände macht."
„Natürlich nicht. Denis ist mit Iggi in Polen. Ich habe also genug Platz in meinem Bett.",entgegnete sie.
„Danke, aber ich gebe mich auch mit der Couch zufrieden.",gab er lachend zurück, während er seiner älteren Schwester in die Küche folgte.
„Dann muss ich aber mehr umräumen. Entweder bei mir, oder gar nicht.",konterte sie ebenfalls lachend und stellte ihm ein Glas Wasser auf den Tisch, woraus Paddy sofort ein Schluck trank.
„Ist ja gut. Thank you."
Patricia lächelte ihm zu, bevor sie sich ebenfalls an den Tisch setzte.
„Belgien also?"
Er nickte.
„Wie geht es ihr?"
Paddy wusste, dass er Patricia nichts vormachen konnte. Was sonst hätte er in Belgien gewollt.
„Ich glaube ihr hat das Gespräch ganz gut getan.",gab er bloß zurück. Er wollte Joelle wirklich nicht so gegen den Kopf stoßen. Patricia hätte sie sich wohl anvertraut, trotzdem war er sich nicht sicher, ob er es sie wissen lassen sollte.
„Dir scheinbar auch."
„Hm, denke schon. Das verbessert die Sache mit Bella aber nicht.",entgegnete Paddy, während er seinen Kopf auf seine Hände abstützte.
„Jimmy hat mir davon schon erzählt.",informierte Patricia ihren Bruder, der bloß nickte. Jimmy behielt so etwas selten für sich und selbst wenn er es versprach wusste Patricia es in 90% der Fälle.
„Du bekommst das schon auf die Reihe. Wenn du mit Joelle gesprochen hast ist doch der erste Schritt getan."
Paddy nahm seinen Kopf wieder von seiner Stütze und trank einen Schluck des Wassers, bevor er nickte.

„Wie geht es dir?"
„Ganz gut, denke ich. Ich habe die letzte Chemo hinter mir und muss Morgen zum Test hin, ob der Mist wieder weg ist.",antwortete Patricia leise. Sie hatte wirklich Angst vor diesem Schritt. Was war, wenn die Therapie nicht so angeschlagen hatte, wie es sich alle erhofften?
„Soll ich dich begleiten?",harkte Paddy nach, als er ihre Unsicherheit bemerkte.
„Wenn es dir keine Umstände macht?"
Lächelnd schüttelte Paddy den Kopf. Es war selbstverständlich für ihn, seine Schwester zu einem solch wichtigen Termin zu begleiten.

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt