Kapitel 66

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„Ich reiße dich ungern aus der Gruppe aber ich müsste mit dir reden.",zog Pino die Aufmerksamkeit auf sich, als dieser den Raum betrat und somit in die ausgelassene Unterhaltung platzte.
Die Band saß nach der DVD Aufnahme in der Essener Grugahalle zusammen und ließ diesen besonderen Abend ausklingen. Extra für diesen Anlass war die Band mit mehr Leuten besetzt und auch Gentleman war da, um Paddy bei 'iD' zu unterstützen und seinen Part zu übernehmen.
Die Runde war wirklich lustig und auch der ein oder andere Tropfen Alkohol floss.
Paddy nickte bloß und stand von dem Sofa auf, um seinem Manager in den Flur zu folgen. Pino hatte sich aus der Runde gezogen, während Paddy bereits leicht angeheitert war. Ein dauerhaftes Lächeln lag auf seinen Lippen. Er war mer als zufrieden mit dem heutigen Konzert und allem, was dazu gehörte. Das Publikum war bestens gelaunt und auch die Band harmonierte zusammen.

„Das Hospiz hat angerufen."

Sofort versiegte Paddy's Lächeln und weichte einem besorgten Ausdruck.
„Bella hat sich wohl ziemlich tief geritzt und viel Blut verloren, bevor sie gefunden wurde."
Bella hatte was?! Mit großen Augen starrte Paddy seinen Manager an. Bella hatte ihm immer wieder deutlich gemacht, dass alles gut war und er sich ja keine Sorgen um sie machen sollte. Was ging in ihrem Kopf vor? Warum redete sie nicht mit ihm?
Er schluckte lediglich. Seine Gedanken fuhren bloß im Kreis und kamen auf keinen Nenner, während Pino besorgt beobachtete, wie jegliche Farbe aus Paddy's Gesicht wich.
„I..ich muss sofort zu ihr.",gab Paddy schließlich von sich und konnte sein zittern in der Stimme kaum verbergen. Er stand neben sich und nahm selbst kaum wahr, wie er diese Situation versuchte zu lösen. Sein Herz hämmerte heftig gegen seine Brust und in ihm stieg eine deutliche Unruhe auf. Er wollte zu ihr und zwar jetzt sofort!
Ohne etwas zu sagen ging Paddy weg, wurde jedoch sofort von Pino aufgehalten, der ihm am Arm griff.
„Wo möchtest du hin?",harkte Pino vorsichtig nach und versuchte den Blick von Paddy aufzufangen, der sich ins Leere richtete.
„Zu ihr.",erwiderte er leiser.
„Du gehst nirgendwo hin. Du hast getrunken."
Pino ließ seinen Arm wieder los. Paddy versuchte seinen Gedanken zu ordnen.

Diese schienen aber förmlich überzukochen, weshalb er bloß den Kopf schüttelte und zum Ausgang der Halle lief. Er fühlte sich wie in Watte gepackt. Kaum etwas aus seiner Außenwelt kam mehr an ihn ran. Lediglich sein Herzklopfen übernahm sein Unterbewusstsein und trieb ihn fast zum Wahnsinn. Weit kam er aber nicht. Ihm wurde schwindelig, weshalb er sich erst an der Wand abstützte, sich dann aber mit dem Rücken an dieser hinabließ. Pino hatte die Jungs ebenfalls auf die Situation aufmerksam gemacht und nach Basti gerufen, der nun sofort zur Stelle war. Er kniete sich vor Paddy und versuchte mit ihm zu reden. Vergebens. Paddy war in seiner eigenen Gedankenwelt gefangen und bekam immer mehr Panik vor dieser. Genau in diesem Moment könnte Bella ihrem Leben einfach ein Ende setzten. Er war nicht da, konnte nichts ändern und würde sich dann noch Vorwürfe machen, weil er nichts gemerkt hatte. Seine Unruhe bereitete ihm Unwohlsein und ziemlich schnell wandelte dieses sich in einer Übelkeit um, woraufhin er sich übergeben musste.
„Hey Paddy hör mir bitte zu.",bat Basti ihn sanft und nahm die zitternde Hand von Paddy in seine.
„I.. ich muss hier raus.",erwiderte Paddy bloß leise und nahm seine Hand aus der von Basti, um sich somit am Boden abstützen und aufstehen zu können.
Basti stand ebenfalls auf und half Paddy hoch, der sich regelrecht an ihm festklammerte um nicht sofort wieder umzukippen.
„Wir gehen kurz an die frische Luft.",wandte Basti sich an Pino, der skeptisch nickte.

Basti griff Paddy weitestgehend unter die Arme und stützte ihn, während sie langsam aber sicher den Flur entlang gingen und schon bald die, mittlerweile schon recht kalte, Luft um sich spürten.
Paddy stieß förmlich gegen eine Luftwand. Sein Tunnelblick knallte gegen diese und plötzlich fiel ihm das Atmen deutlich leichter. Drei tiefe Atemzüge nahm er, bevor er sich vorsichtig von Basti löste und sich an dem Geländer abstützte. Immernoch schien sein Körper zu beben.
„Danke.",sagte er leise und schloss kurz seine Augen.
Basti legte seine Hand auf Paddy's Schulter.
„Gehts?",harkte er nach und vernahm ein leichtes nicken von Paddy.
„Hast du getrunken?"
„Nein, wieso?",stellte Basti eine Gegenfrage, woraufhin Paddy seufzte und sich nun mit dem Rücken gegen das Geländer lehnte, um Basti anschauen zu können.
„Kannst du mich nach Bayern fahren? Ich muss zu Bella.",fragte Paddy und blicke Basti an, der sofort den Kopf schüttelte.
„Du hast Morgen noch ein Konzert zu geben. Außerdem solltest du dich vielleicht hinlegen und ausruhen nach dem...... was auch immer das gerade war.",stellte er halblaut fest.
Langsam nickte Paddy. Er wusste, dass Basti recht hatte, trotzdem wollte er schnellstmöglich zu Bella.
„Du scheinst nicht sehr zufrieden mit meiner Antwort."
„Ich habe einfach Angst, dass sie sich noch mehr antut. Sie hat mit mir darüber nicht gesprochen.",klagte Paddy leise und ignorierte dabei völlig, dass Basti überhaupt nicht Bescheid wusste. Dieser nickte bloß.
„Komm erst mal wieder mit rein. Wir klären das mit den Jungs und Pino."

Unsicher trat Paddy hinter Basti in die Halle. Sofort war diese Enge in seiner Brust wieder da, die er versuchte zu ignorieren. Noch immer zitterte er und auch seine Haut war noch immer blass.
„Können wir kurz mit dir reden, Pino?",fragte Basti in den Raum, woraufhin sich sofort alle Blicke auf die beiden richteten. Die besorgten Blicke fühlten sich für Paddy an, als würden diese ihn durchdringen und sofort sehen, was tief in ihm los war.
„Was ist los?",richtete Pino sich sofort an Paddy als sie draußen waren, der zu Boden schaute und mit den Schultern zuckte.
„Er würde gerne zu Bella.",antwortete Basti für ihn und brachte Paddy dazu, wieder zu Pino zu schauen.
„Soviel Verständnis ich dafür habe aber du, nein ihr habt Morgen noch ein Konzert zu geben. Danach hast du alle Zeit der Welt.",antwortete er und verschränkte seine Arme vor seiner Brust.
„Ich möchte nicht, dass sie sich noch mehr antut.",erklärte Paddy leise und spürte förmlich, wie sich seine Brust immer weiter zusammenzog.
„Du bist die halbe Nacht unterwegs und möchtest dann einfach so in ein Hospiz spazieren? Da ist kein Tag der offenen Tür. Außerdem solltest du dich schnellstmöglich hinlegen. Du siehst nämlich nicht gut aus."
„So fühle ich mich auch.",gab Paddy zu und legte seine Hand an seine schmerzende Brust. Er selbst wusste absolut nicht, was plötzlich mit seinem Körper los war.

„Haben wir noch Sanitäter da?",wandte Pino sich an Basti, der bloß nickte und zu Paddy schaute, welcher seufzte.
„Lass dich einfach kurz durchchecken.",bat der Manager.
„Sehe ich so aus?! Du erzählst mir hier, dass meine Freundin sich fast ungebraucht hätte und verlangst von mir, dass ich Morgen auf die Bühne gehe und so tue, als wäre nichts!",wurde Paddy plötzlich laut.
„Übertreib nicht. Ich habe nie gesagt, dass sie sich fast umgebracht hat."
„Kannst du dir nicht vorstellen, wie es mir damit geht? Ich lasse mich jeden Tag von ihr anlügen und merke nicht wie schlecht es ihr geht!"
Paddy machte seinem Ärger Luft.
„Hey, komm bitte runter.",bat Basti und wollte die Hand auf seine Schulter legen, die Paddy jedoch weg schlug und ihn wütend anfunkelte.
„Lass mich einfach in Ruhe!",bat Paddy laut und spürte erneut sein Herz gegen seine Brust hämmern.
„Ich bringe dich in den Bus, bevor dein Körper noch einmal schlapp macht. Kannst du einen Sanitäter zum Bus schicken, Basti?"
Basti nickte und lief wieder zu den anderen in den Raum, während Pino sich Paddy's Arm schnappte und ihn mit sich zog. Erst wehrte Paddy sich ein wenig, doch dann ließ er es sein. Sein Körper rebellierte gegen seinen Verstand und hatte keine Kraft, sich gegen Pino aufzulehnen.
Pino brachte Paddy tatsächlich dazu, sich ins Bett zu legen. Der Sanitäter kam ebenfalls kurz darauf in den Bus und checkte Paddy kurz durch, mit der Diagnose, dass dies bloß eine kleine Art Panikattacke war und er sich ausruhen solle.
Noch bevor Paddy sich wirklich von Pino verabschieden konnte, forderte sein erschöpfter Körper den Schlaf ein.

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt