Wenn Musik mein Herz erfüllt

Kapitel 72

Andächtig schloss Clara ihre Augen und lauschte der warmen Stimme von Paddy, die den Raum erfüllte.
Mittlerweile waren zwei Monate vergangen, in denen sich nichts an Bellas Zustand verändert hatte. Paddy strich ihr sanft über den Arm, während er 'Higher Love' vor sich her sang und auf sie hinab schaute.
Paddy ging es mittlerweile ein wenig besser. Er kam bei Barby unter, die ihm bestmöglich unter die Arme griff und vor allem darauf bedacht war, dass er sich nicht verschloss und stets über seine Gedanken sprach.
Barby war grundsätzlich im Krankenhaus aufgelaufen, um nach Paddy zu schauen. Patricia hatte sich Sorgen gemacht und konnte zu der Zeit nicht einfach nach New York fliegen, weshalb sie Barby zum Krankenhaus geschickt hatte.
Auch Termine nahm Paddy wieder wahr. Zu Interviews oder wichtigen Besprechungen flog er ab und an nach Deutschland und auch vereinzelte Konzerte fanden sich in den letzten Monat wieder. Zwar merkte die Fans, dass bei Paddy gerade einiges im Argen lag, aber genossen die Show in vollen Zügen und zeigten Paddy so ziemlich deutlich, dass er da draußen ebenfalls gebraucht wurde.
Paddy beendete das Lied und legte seine Hand in die von Bella.

„Du hast so eine schöne Stimme.",brach Clara die Stille, weshalb Paddy seinen Blick kurz zu ihr warf, verlegen lächelte und seinen Blick wieder abwandte.
„Ich singe sonst eigentlich nicht vor mich hin, wenn ich nicht alleine bin.",gestand er, was Clara leise zum Lachen brachte.
„Deswegen bist du verlegen? Du singst sonst vor tausenden Menschen."
Er schmunzelte, nickte aber trotzdem.
„Liedwunsch?",umging er schließlich das Thema und blickt wieder zu Clara, die zu überlegen schien.
„Sing einfach was die in den Kopf kommt."
Er nickte und begann zu Summen, bis er den Songtexte von einem sehr alten Lied wieder im Kopf hatte. Seine Geschwister und er hatten dieses Lied damals oft auf der Straße gesungen und Paddy schloss seine Augen, um sich mehr auf den Text zu konzentrieren.
Clara schloss ihre Augen ebenfalls. Sie war wirklich überrascht von Paddy's Stimme. Kelly Fan war sie noch nie, trotzdem hatte sie auch damals das Konzert von Paddy genossen und war wirklich begeistert. Seine Stimme nun in so einem Zusammenhang und in einer solchen Situation zu hören, war jedoch etwas anderes. Viel mehr bewegte seine Stimme sie und sie genoss die Wärme und Zutraulichkeit, die in seiner Stimme lag.

Fast fließen war der Übergang von dem einen zu dem anderen Lied und Paddy sang nun 'Living Water', während er die Augen öffnete und aus dem Fenster blickte. Den Sonnenuntergang sah er nicht, jedoch die Farben am Himmel, die dieser in diesen zog. Ein Lächeln zierte seine Lippen. Er genoss solche Momente und verbrachte gerne Zeit mit Bella, auch wenn die Situation nicht unbedingt die schönste war, die er sich vorstellen konnte. Viel lieber würde er ihre Liste weiter abarbeiten.

Abrupt verstummte Paddy und richtete seinen Blick auf Bellas Hand, die immer noch in seiner lag. Wortlos starrte er darauf, weshalb auch Clara ihre Augen öffnete und verwirrt zu ihm schaute.
„Alles okay?",harkte sie leise nach, um ihn nicht aus seiner Trance zu reißen.
„Komm her.",flüsterte er bloß und hörte, wie Clara sich erhob und zu ihm kam.
„Hör auf mich zu verarschen.",bat Clara, als sie ebenfalls auf die Hände der beiden blickte.
„Ich schwöre dir Clara, ich bewege meine Hand nicht.",beteuerte er und blickte nun zu Clara auf, der sofort Tränen in die Augen schossen. Es war eine leichte Bewegung, die eher einem sanften drücken glich und eindeutig nicht von Paddy stammte.
„Hol bitte den Arzt.",bat Paddy ruhig.
Sofort nickte Clara und lief aus dem Zimmer, während Paddy sanft den Druck von Bellas Hand erwiderte und in Bellas Gesicht blickte.
„Ich bin da.",flüsterte er leise, wurde aber direkt aus seinen Gedanken gerissen, als der Arzt, gefolgt von Clara, den Raum betrat.

„She moves her hand a little bit.",klärte Paddy sofort die Situation und sah zu dem Arzt, der bloß nickte und genau auf die Hände der beiden blickte, bevor er Bella in die Augen leuchtete und auf den Monitor sah, auf dem sich jedoch nichts geändert hatte.
„It seems like a good sign. Keep watching it. I'll be back in an hour."
Paddy nickte und schaute dem Arzt hinterher, der kurz vor der Tür stehen blieb und etwas auf sein Klemmbrett schrieb, bevor er endgültig den Raum verließ.

„Glaubst du sie hört uns?"
„I don't know. Man sagt ja öfter, dass Koma Patienten auf ihre Umwelt reagieren können und diese wahrnehmen.",erwiderte er und strich Bella sanft mit seinem Daumen über ihren Handrücken.
„Vielleicht geht es ja endlich mal Bergauf.",nuschelte er und gab ihr einen Kuss auf die Hand, was Clara Lächeln ließ, während sie sich wieder auf den Stuhl setzte.

„Bella hat wirklich Glück mit dir.",stellte Clara halblaut fest und fing den Blick von Paddy auf, den sie nicht deuten konnte.
„Also ich meine so generell. Es gibt selten Männer, die ihre Frauen noch so behandeln, wie du es tust.",erklärte sie sich sofort lächelnd.
„Was tue ich denn?",harkte er nach.
„Ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen und versuchen ihn zu erfüllen, auch wenn es schwer ist. Es ist nicht üblich, dass ein Mann seine komplette Gesundheit zurückstellt, um für seine Freundin da zu sein.",entgegnete sie lächelnd. Paddy wandte seinen Blick wieder auf Bella.
Für ihn war das alles selbstverständlich.
Erst als die Sonne komplett untergegangen war, verabschiedete Paddy sich von Bella und Clara. Er wollte nicht so spät bei Barby auftauchen, schließlich musste diese Morgen früh wieder früh raus.

„Bin in der Küche!",rief Barby, als sie ihre Haustüre zu fallen hörte.
„Habe ich mir schon fast gedacht!",rief Paddy zurück, der einmal rief einatmete, um am Duft erkennen zu können, was Barby in der Küche machte. Schnell zog er sich seine Schuhe aus und ging in die Küche, in welcher seine Schwester gerade einen frisch gebackenen Kuchen aus dem Ofen zog.
„Bekommst du Besuch, oder wofür die Mühe?",fragte er lächelnd nach und fing Barbys Blick auf, der sich ebenfalls lächelnd auf ihn richtete.
„Kathy und John kommen Morgen her.",beantwortete sie seine Frage, während sie den Kuchen mit einem Küchentuch abdeckte und diesen auf die Spüle stellte.
„Wie gehts ihr?"
„Sie hat meine Hand ein wenig gedrückt aber der Arzt ist sich nicht sicher, was das zu bedeuten hat."
Verständnisvoll nickte Barby, woraufhin es ungewöhnlich ruhig zwischen den beiden Geschwistern wurde.
„Ich gehe Duschen und dann schlafen. Gute Nacht."
Barby lächelte ihm ein letztes Mal zu, bevor er den Raum verließ.

Am nächsten Morgen war Paddy früh im Krankenhaus, sodass er die Ankunft von Kathy und John überhaupt nicht mitbekommen hatte.
Als Paddy den Raum jedoch betrat, blieb er erschrocken an der Tür stehen. Allerlei Ärzte standen um Bellas Bett und schienen hektisch etwas einzustellen, während sie die Sicht auf Bellas Bett versperrten. Es traf Paddy wie ein Schlag und allerlei Gedanken schossen ihm durch den Kopf, während eine junge Krankenschwester, die am Rand stand, auf ihn aufmerksam wurde und ihn sanft aus dem Raum schob.
„Was ist denn los?",harkte er nach und vergaß dabei vollkommen, dass die Krankenschwester wahrscheinlich kein Deutsch sprach, ihn scheinbar aber trotzdem verstand.
„Everything is okay. We need time."