Kapitel 31

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Paddy war rundum zufrieden mit dem Konzert. Auch, wenn er schon lange nicht mehr auf der Bühne geweint hatte. Das gewünschte Video verteilte sich schnell in den Medien und es dauerte auch nicht lange, bis diese Meldung in der Zeitung, sowie in den Nachrichten im Fernsehen vertreten war. Zumindest wurde ihm nun etwas mehr Glauben geschenkt und auch der tolle Applaus nach Shake Away und Paddy's kleiner Gefühlsausbruch wurde zum Thema gemacht.
Mittlerweile war das Konzert schon einige Wochen vergangen. Er genoss seine freie Zeit mit der Familie, aber auch Bella kam auf keinen Fall zu kurz. Immer wieder schrieb sie Punkte auf die Liste, wollte diese Paddy jedoch erst geben, wenn sie sich sicher war, dass sie alles hatte.
Und genau dieser Tag war heute gekommen. Paddy lag noch im Bett und schlief friedlich, während Bella im Garten saß und die Sonnenstrahlen genoss. Es war Anfang Februar und dementsprechend noch relativ kalt, aber die hellen und warmen Strahlen spendeten etwas Wärme in die kalte Winterlandschaft.

Paddy und Bella wollten heute in die nahgelegende Therme gehen und danach den Abend Zuhause ausklingen lassen. Bella kannte ihn jedoch mittlerweile gut und wusste, dass sie vor drei Uhr wohl nicht von Zuhause los kommen würden.
Durch das Klingeln der Haustür wurde Bella aus ihren Gedanken gerissen. Damit die Person nicht noch einmal Klingeln und somit vielleicht Paddy aufwecken könnte, lief sie schnell zur Tür und öffnete diese.
Vor ihr stand ein älterer Mann im Anzug, der Bella kurz musterte, bevor er ihr die Hand entgegen streckte, die Bella schüttelte.
„Ich bin Daniel Böhn, der Anwalt von Joelle Verreet. Ist Herr Kelly Zuhause?"
Bella nickte und bat den Mann hinein, geradewegs in die Küche.
„Wollen Sie ein Glas Wasser?",erfragte Bella freundlich.
„Sehr gerne. Sie sind bestimmt Frau Holly, oder?"
Sie bejahte diese Frage und stellte ihm ein Glas Wasser auf den Tisch.
„Ich gehe ihn schnell aufwecken.",informierte sie den Anwalt, bevor sie die Küche verließ.
Vorstellen worum es ging konnte sie sich schon, verstand jedoch nicht, warum Joelle dies nicht selbst mit Paddy klärte. Schließlich waren sie, mehr oder weniger, im Guten auseinander gegangen.

Leise klopfte Bella an die Schlafzimmertür, bekam jedoch keinen Muchs als Antwort zu hören, weshalb sie die Tür vorsichtig öffnete und ihren Kopf hinein steckte.
Paddy lag, mit allen Gliedmaßen von sich gestreckt, auf dem Bauch. Seine Decke hing halb über ihm, aber der andere Teil zierte nun den Boden. Schmunzeln musste Bella schon, ging dann aber zu ihm ans Bett und rüttelte sanft an seinem Rücken, was dieser nur mit einem genervten grummeln kommentierte, jedoch unbeirrt weiter schlief und liegen blieb.
„Paddy, du hast Besuch.",versuchte Bella ihm klar zu machen und kniff ihm in die Seite, was ihn schließlich heftig zusammenzucken ließ und Bella zum Lachen brachte.
„Zu früh.",gab er verschlafen zurück und rieb sich kurz durch seine müden Augen.
„Komm schon, ist anscheinend wichtig.",erwiderte Bella schmunzelnd und zog ihm auch noch den letzten Rest der Decke weg.
„Hmm.",murrte er und stand schließlich auf, um sich wenigstens etwas frisch zu machen. Nach knappen fünf Minuten stieß Paddy zu dem Anwalt und Bella hinzu, die ihn belustigt musterte. Seine Müdigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben, seine Haare hatte er nur vergebens versucht irgendwie zu bändigen und generell schien er verwundert von dem Besuch, den er nur allzu gut kannte.
„Sorry, ich habe so früh nicht mit Besuch gerechnet.",entschuldigte Paddy sich, bevor er sich kurz räusperte, um seine tiefe Morgenstimme in den Griff zu bekommen.
Zwar war es bereits kurz nach 11 Uhr am Vormittag, für Paddy jedoch eindeutig zu früh.

Er setzte sich an den Tisch und reichte dem Anwalt die Hand, während Bella sich nach draußen verzog und den bettelnden Hund mit nahm. Sie kannte sich mittlerweile in der Einöde aus und hatte eine Strecke gefunden, die sie Problemlos mit Bowie laufen konnte, ohne das ihre Gesundheit ihr einen Strich durch die Rechnung machen konnte.

Der schwarze Labrador, der Bella echt ans Herz gewachsen war, hüpfte freudig vor ihr durch das Feld und entlockte ihr ein sanftes Lächeln. Immernoch schien ihr diese Situation viel zu unwirklich, hatte sich mit diesem Gedanken aber langsam abgefunden. Wahrscheinlich würde ihr Fangirl Kopf nie realisieren, dass sie bei ihrem Lieblingssänger wohnte und gerade mit dessen Hund durch das große Nirgendwo lief.

Trotzdem war sie mehr als dankbar. In Worte war dies schon lange nicht mehr zu fassen und langsam vergaß sie tatsächlich, dass sie nicht mehr lange unter den Lebenden wandeln würde.
Bella zuckte zusammen, als Bowie lautstark los bellte und in den Wald rann.
„Bowie, come on!",schrie sie dem Hund hinterher und musste lachend, als sie bemerkte, dass sie langsam schon Paddy's Sprachgebrauch annahm.
Lange genossen die beiden die Stille und die kühle Luft, wobei es Bowie nicht zu kalt war, um in den kleinen Teich zu springen, der sich auf dem Rückweg im Feld befand.

Paddy hatte derweil beschlossen ihr entgegen zu laufen. Auch er wusste, welchen Weg die beiden immer gingen, wenn Bella sich dazu entschloss, mit Bowie eine kleine Runde zu laufen.
Das Gespräch mit Joelle's Anwalt ging schnell über die Bühne, jedoch hatte Paddy in dieser Hinsicht auch nicht groß etwas erwartet. Normale Scheidungsunterlagen und das Übliche, das für ihn sowieso klar war. Trotzdem fühlte es sich komisch an diese Bindung zwischen ihnen, durch eine einfache Unterschrift von ihm, zu beenden. Obwohl die Bindung wahrscheinlich bestehen bleiben würde, hatte Paddy auch darauf keine Hoffnung mehr. Erstens machte keiner der beiden Anstalten, sich beim jeweils anderen zu melden und zweitens fand Paddy diese Story mit Lukas und Joelle immer noch sehr suspekt. Weiter nachhaken wollte er jedoch auch nicht. Schließlich würde das bloß die Wunden aufreißen, auf denen sich langsam eine neue, dünne Hautschicht bildete.

Paddy wurde von einem lautstarken bellen aus seinen Gedanken gerissen und begrüßte seinen Hund eifrig, als der schwarze Labrador auf ihn zu lief und vor ihm sein nasses Fell ausschüttelte.
„Bowie, du Schwein!"
Bella lachte, als sie ebenfalls um die Ecke lief, die der Weg, unmittelbar vor Paddy, schlug.
„Noch lachst du.",erwiderte Paddy abfällig, musste sich Bella's Lachen dann aber doch hingeben und mit lachen, bevor sie zu dritt den Heimweg antraten.

Einen Moment war es still. Bella brannte zwar eine Frage auf der Zunge, jedoch hatte sie etwas Angst davor, Paddy zu fragen. Dieser lief ruhig neben ihr her, die Hände tief in der Jackentasche vergraben und die Kapuze weit im Gesicht. Es hatte angefangen zu nieseln und die Sonnenstrahlen waren hinter dunklen Regenwolken verschwunden. Auch Bella zog sich ihre Kapuze über und wartete vergebens darauf, dass Paddy die Stille irgendwann brechen würde. Diesem war aber absolut nicht zum Reden zu Mute. Lieber ging er still seinen Gedanken nach, genoss dabei jedoch die Nähe zu Bella und seinem Hund, der, trotz des Regens, freudig neben den beiden her lief.

„Was liegt dir auf dem Herzen?",brach Bella schließlich zögernd die Stille, blickte jedoch weiterhin auf Bowie. Paddy schaute zu ihr und war ein wenig verwundert von ihrer Frage.
„Was sollte sein?",erfragte er und fing kurz den Blick von Bella auf, welcher sich aber sofort wieder senkte.
„Ich merke dir so etwas mittlerweile an. Du musst mir nichts vor machen."
Er seufzte, vergrub seine Hände noch ein wenig mehr und blickte vor sich auf den Boden, auf welchem sich langsam kleine Pfützen bildeten.
„Crazy time.",gab er leise von sich und brachte die Unterhaltung somit gleich in die nächste Stille.
„Ging es um das, was ich denke?",harkte sie nach und blickte zu Paddy auf, der gedankenverloren nickte.
„Es ist seltsam, so etwas durch eine einfache Unterschrift beenden zu können. Joelle weiß alles über mich und ich alles über sie. Zumindest dachte ich das.",hing er leise hinter sein nicken. Er verstand die ganze Geschichte nicht und noch dazu ging ihm diese viel mehr an die Nieren, als seiner glücklichen Fassade momentan lieb war.
„Du musst deine Gefühle nicht versuchen zu verstecken. Es ist völlig normal, dass dich dieses Thema beschäftigt.",versuchte Bella ihm klar zu machen.
„Leider beschäftigt es mich mehr, als mir lieb ist.",gab er leise zu.
„Friss es nicht in dich rein."
Paddy nickte bloß, ließ dann aber wieder der Stille die überhand in der Situation.

Er war damals schon nicht der Gesprächigste, wenn es um seine Gefühle ging, was seine Geschwister oft zur Weißglut gebracht hatte. Stets verschloss er sich vor seinen Gefühlen, doch gerade auf der Bühne in Mannheim hatten diese ihn förmlich überrollt.

Auch als sie Zuhause ankamen herrschte Schweigen. Paddy hatte seine Unterlagen in seinem Arbeitszimmer untergebracht und nahm sich vor, diese nachher in Ruhe durchzulesen. Schließlich wollte er den restlichen Tag mit Bella genießen und diesen nicht mit seiner schlechten Laune runterziehen.

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt