Kapitel 73

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Wie durch Watte nahm Bella ihre Umwelt wahr. Die Stimmen der Ärzte drangen nur leise zu ihr durch, weshalb sie die schnelle Unterhaltung auf Englisch nicht verfolgen konnte und sich damit nicht weiter abmühte.
Erst als sich die Ärztemauer um ihr Bett lichtete, öffnete sie ihre Augen erneut und versuchte die Situation einzuordnen.

In ihrem Kopf dröhnte es und ihr Körper machte ihr deutlich klar, dass er Erholung brauchte. Bella kämpfte dagegen an. Sie wollte wissen in was für einer Situation sie sich befand und was vorgefallen war. In ihrer Erinnerung befand sich ein riesiges, schwarzes Loch.

Eine ihr bekannte Stimme drang zu ihr durch und als sie ihren Blick in den Raum warf, fiel ihr Blick direkt auf Paddy, der sich mit einem Arzt auf Englisch unterhielt und immer wieder einen Blick zu ihr warf. Seine Stimme klang aufgeregt, trotzdem konnte sie seinen Worten nicht im geringsten folgen.
Leicht zuckte Bella zusammen, als sie eine sanfte Berührung an ihrem Arm spürte.
Paddy hatte sich neben sie auf die Bettkante gesetzt und blickte nun mit Tränen in den Augen auf sie hinab. Endlich hatte der Bangel um Bella ein Ende, auch wenn sie längst nicht über den Berg war. Sie war wach und das war das, was gerade zählte.

„Warum weinst du?",fragte sie ihn fast tonlos. Man hörte an ihrer Stimme deutlich, dass sie noch ziemlich schwach war. Ein leichtes Lächeln glitt auf Paddy's Lippen, während er sich seine Tränen von den Wangen strich.
„Ich freue mich nur.",erwiderte er und strich ihr über die Wange, was Bella ebenfalls ein kleines Lächeln entlockte.
„Was ist passiert?"
Seufzend stand Paddy auf.
„Es tut mir Leid. Das war alles meine Schuld!",platzte es förmlich aus ihm heraus, woraufhin Bella schnell die Augen schloss und versuchte das Dröhnen in ihrem Kopf zu unterbrechen.
„Bitte nicht so laut.",bat sie, während sie ihre Augen mit Mühe wieder öffnete.
„Sorry.",nuschelte er und ließ sich auf dem Stuhl neben ihrem Bett nieder.
„Weißt du nichts mehr?",harkte er vorsichtig nach und vernahm bloß ein leichtes Kopfschütteln von Bella.
„Ich erinnere mich nur noch an unseren Kuss auf dem Dach. Danach ist alles weg."
Nun war Paddy derjenige, der leicht nickte.
„Ich hab dir da wohl einiges zu erklären.",seufzte er leise, setzte dann aber zu seiner Erklärung an.

„Ich wollte mit dir nur nach New York, weil ich hier einen Arzt gefunden habe, der sich mit deiner Krankheit auskennt. Ich wollte diesen Versuch wirklich nicht unversucht lassen und lediglich mit dir und ihm darüber reden. Vielleicht hätten wir noch eine Möglichkeit gefunden um dir zu helfen. An diesem besagten Abend, an dem wir uns geküsst haben, bist du im Aufzug zusammengebrochen. Dein Herz hat einfach aufgehört zu schlagen und ich wusste nicht mehr weiter. Wir sind mit dem Krankenwagen sofort hier her gefahren und ich musste eine Entscheidung treffen. Obwohl es sehr riskant war wollte ich, dass diese Herztransplantation durchgeführt wird.",erklärte er und beobachtete, wie Bellas Augen sich weiteten. Schwerfällig hob sie ihre Hand und legte diese an ihr Herz.
„Da drin schlägt gerade ein gesundes Herz?",fragte sie ungläubig nach. Paddy nickte.
„Wow.",flüsterte sie, während sie ihren Blick zu dem EKG Monitor richtete und die Linien verfolgte, die das Herz schlug.
Tränen flossen ihr über die Wangen. Womit hatte sie das verdient? Sie fühlte sich, als würde eine unglaubliche Last von ihren Schultern fallen.
„D..Danke.",war das einzige, was sie weinend hinaus brachte. Lächelnd wischte Paddy ihr sanft die Tränen von den Wangen und nahm sie vorsichtig in den Arm. Sofort vergrub Bella ihren Kopf in seiner Halsbeuge und genoss das warme Gefühl, das sich in ihrem schwachen Körper ausbreitete. Auch Paddy standen Tränen in den Augen, jedoch versuchte er diese runterzuschlucken.
Vorsichtig lösten die beiden sich, bevor Paddy weiter erzählte.

„Du hast die Operation damals erstaunlich gut überstanden, trotzdem wusste niemand der Ärzte, warum du nicht wach wurdest. Ich war anfangs dauerhaft hier, habe teilweise bei dir oder vor der Klinik geschlafen. Ich wollte dich einfach nicht alleine lassen. Dann kam der Tod von Pater Lorenz dazu und ich wusste überhaupt nichts mehr mit mir anzufangen. Clara war auch hier. Sie wird so schnell wie möglich hier auftauchen."
„Wie lange ist das her?",wollte sie wissen. Sie wunderte sich wirklich, dass Paddy von 'damals' sprach.
„Knapp 3 Monate.",gab er leise zurück.
Bella schaute ihn an. Sie lag knapp 3 Monate im Koma? Hatte Paddy damit in den Abgrund getreten?!
„Wie gehts dir?",harkte sie besorgt nach, was ihn zum schmunzeln brachte.
„Gut, keine Sorge. Barby hat mich bei sich aufgenommen und mit mir darüber gesprochen. Ich war einige Male in Deutschland für das ein oder andere Konzert, oder andere Termine.",beruhigte er sie.
„Gut.",erwiderte Bella lächelnd.
„Aber um mich soll es nicht gehen. Wie geht es dir?",wollte er wissen.
„Mein Kopf dröhnt und ich bin verdammt müde.",gab sie zu, während Paddy ihr wieder über den Arm strich.
„Möchtest du schlafen? Wir können auch Morgen über alles reden und Clara wird es auch verstehen."
Dankbar nickte sie und schloss sofort ihre Augen, was Paddy leise lachen ließ.
„Sleep well.",sagte er, nachdem er ihr einen Kuss auf die Stirn gegeben hatte und Bella leise ein Dankeschön grummelte.
Bis sie eingeschlafen war blieb Paddy bei ihr sitzen.
Er sagte an der Rezeption Bescheid, dass Bella nun schlief und rief auch bei Clara durch, dass sie heute nicht kommen brauchte. Danach machte er sich auf den Weg zu Barby. Schon lange war Paddy nicht mehr so gut drauf, als er die Haustür öffnete und sofort in Barbys Gesicht schaute, die ihn verwundert musterte.

„Was machst du schon hier?",harkte sie nach und trug den Kuchen weiter ins Esszimmer, ohne auf eine Antwort zu warten.
„Bella wollte schlafen.",erwiderte er nur und folgte ihr ins Wohnzimmer, wo auch Kathy und John saßen.
„Wie, Bella wollte schlafen?",fragte sie verwundert, während Paddy erst Kathy und dann John mit einer Umarmung begrüßte.
„Sie ist aufgewacht."
„Und dein strahlender Gesichtsausdruck wohl mit ihr.",mischte John sich ein, was Paddy lachen ließ.
„Wie geht es ihr?",wollte Barby sofort wissen und hörte ihrem kleinen Bruder gespannt zu, als er davon erzählte.
Verkneifen konnte Paddy sich ein paar Tränen dabei nicht. Er war unglaublich emotional in den letzten Monaten geworden und obwohl ihn dies störte, nahm er es so hin. Verbergen konnte er seine Gefühle nicht und auch Barby hatte ihm immer wieder gesagt, dass er diese doch einfach rauslassen konnte.
„Na siehst du. Es wird alles wieder gut."
Lächelnd legte Barby ihre Hand auf Paddy's Schulter. Er nickte.
Die letzten Monate hatten dies schon des Öfteren bewiesen und er war sich sicher, dass sie nun auch diese Hürde gemeinsam meistern würden. Schließlich hatte Bella noch einiges auf ihrer Liste stehen und mit einem gesunden Herz sollten sich diese Punkte noch besser abarbeiten lassen. Außerdem war er froh, dass ihre Beziehung nicht mehr aussichtslos war. Wenn Bella sich erholt hatte, konnte sie ein vollkommen normales Leben führen. Ohne Einschränkungen.
Sie konnte noch einige Konzerte erleben und einfach unbeschwert Leben, ohne den Gedanken, dass sie schon bald nicht mehr unter den Lebenden wandeln würde.

Ein Lächeln lag auf Paddy's Lippen. Ja, er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Zwar stand nun noch ein langer Weg offen und auch einige andere Sachen mussten noch geklärt werden, aber das Fundament war gelegt und somit sah er positiv in die Zukunft, während er den Tag mit seinen Geschwistern genoss und sich keine Sorgen um Bella machen brauchte.

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt