Kapitel 59

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Tatsächlich versuchte Paddy seinen Plan vor Augen zu behalten und sich nicht in seinen Gedanken zu verkriechen.
Jimmy war zwei Tage später abgereist und auch Paddy machte sich an diesem Tag auf den Weg nach Belgien.

Joelle hatte er nicht erreicht und auch Pino war erfolglos geblieben, weshalb Paddy das Zepter selbst in die Hand nahm und nun vor Joelle's Elternhaus stand. Er wusste, wie seine Schwiegereltern zu ihm standen und auch Joelle würde sicherlich nicht erfreut sein ihn zu sehen. Trotzdem drückte er auf die Klingel und hörte von außen, wie der Ton der Klingel durch das große Einfamilienhaus schallte.

Schon kurz darauf blickte Paddy in das Gesicht seiner Schwiegermutter, die ihm mit einem freundlichen Gesichtsausdruck gegenübertrat, dann jedoch irritiert schaute, als sie Paddy erkannte.
„Was machst du hier?",fragte sie nach, wirkte jedoch nicht sonderlich abwertend auf ihn.
„Ich muss mit Joelle sprechen. Ist sie da?",erklärte Paddy sein Anliegen.
„Schon, aber sie möchte nicht mit dir reden."
Paddy seufzte. Er hatte sich schon gedacht, dass es eine größere Hürde werden würde, an seinen Schwiegereltern vorbei zu kommen.
„Es ist wirklich wichtig. Ich verschwinde danach auch direkt wieder.",beteuerte Paddy und blickte in ihre Grünen Augen, die langsam ein wenig wütender wurden.
„Du weißt, was wir von Dir und deiner ganzen Familie halten. Das du überhaupt den Mut hast hier aufzukreuzen ist schon beachtlich! Selbst wenn Joelle mit dir Reden wollte, würdest du dieses Haus nur über meine Leiche betreten!"
Mit verschränkten Armen lehnte sie sich nun gegen den Türrahmen.
„Ich weiß es sehr gut und glauben Sie mir, wenn es nicht wichtig wäre, stände ich nicht vor Ihrer Haustür.",gab Paddy ruhig von sich und vergrub seine Hände in seiner Hosentasche.
„Lass ihn rein."
Verwirrt blickte seine Schwiegermutter zu ihrem Mann, der hinter ihr in der Tür stand.
„Die beiden haben etwas zu klären und da Joelle ihn nicht an sich ran lässt, müssen wir es halt so machen. Komm rein."
Erstaunt blickte Paddy zu seinem Schwiegervater, der ihm auffordernd die Tür aufhielt, ihn aber trotzdem misstrauisch musterte.
„Danke.",nuschelte Paddy und trat in den großen Eingangsbereich. Erst ein mal war er hier gewesen und dieses Aufeinandertreffen war definitiv nicht gut ausgegangen. Seitdem hatte er jeglichen Kontakt zu seinen Schwiegereltern vermieden und auch diese waren daran nie interessiert.
„Die Treppe hoch und zweite Tür rechts.",informierte ihn seine Schwiegermutter kalt, während sie sich an ihm vorbei drückte und in einen anderen Raum verschwand.

Ohne noch etwas zu sagen ging Paddy die Treppe hinauf und klopfte an die besagte Tür. Unwohlsein breitete sich in ihm aus und als ein leises 'herein' von der anderen Seite erklang, wurde dies noch schlimmer.
Zögernd drückte er die Türklinke nach unten und atmete noch ein mal tief durch, bevor er den Raum betrat und die Tür hinter sich schloss.
Joelle musterte ihn mit großen Augen und blickte schließlich aus dem Fenster, als Paddy seinen Blick ebenfalls zu ihr richtete. Man sah deutlich, dass Joelle eine schwere Zeit durch machte.

„Hey, können wir reden?",sprach Paddy sie sanft an und brachte Joelle somit dazu, zu ihm aufzublicken.
Tausende Gedanken schossen ihr durch den Kopf, weshalb sie zu keinem gemeinsamen Nenner kam. Sie freute sich, dass er hergekommen war. Andererseits wusste sie, dass dieser Besuch ihr nicht gerade gut tun würde.
„Ich habe deine Anrufe nicht umsonst abgelehnt.",erwiderte Joelle mit einer ungewohnten Kälte in ihrer Stimme. Sie saß auf ihrem Bett in die Decke eingewickelt und hielt dem Blick von Paddy stand.
„Und ich habe nicht umsonst angerufen.",gab er zurück, woraufhin sie wieder aus dem Fenster blickte.
„Ich muss damit alleine fertig werden. Geh bitte einfach.",bat sie ihn leise.
Doch Paddy ging bloß ein paar Schritte näher an das Bett heran.
„Musst du nicht Joelle. Ich glaube wenn dich einer versteht, dann bin ich es."
Eine kleine Träne löste sich aus Joelle's Augenwinkel. Alleine die Anwesenheit von Paddy überforderte sie gerade maßlos.
„Können wir bitte einfach in Ruhe reden?",wiederholte Paddy seine Bitte sanft.
„Wie soll ich mit dir in Ruhe reden, wenn ich nicht mal deine Anwesenheit ertrage?!",entgegnete Joelle plötzlich aufgebracht, woraufhin Paddy zusammenzuckte. Er hatte nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet.
„Glaubst du für mich ist die ganze Sache einfach?"
Joelle schüttelte den Kopf und blickte erneut zu Paddy, bevor sie sich aus ihrer Decke schälte und aufstand. Joelle sah definitiv mitgenommen aus, jedoch zeichnete sich mittlerweile unter ihrem figurbetonten T-Shirt ein kleiner Babybauch ab, was Paddy sanft Lächeln ließ.

„Gehen wir eine kleine Runde?",riss sie ihn aus seinen Gedanken.
„Wenn du dich dafür fit genug fühlst, gerne."
Joelle nickte und zog sich ihre Jacke über, bevor sie nach unten ging und Paddy ihr folgte.
Ihre Eltern ignorierte sie. Sie war sowieso genervt von ihren ständigen Kontrollen.
Erst vor der Tür wartete sie auf Paddy, um neben ihm schließlich weiter zu laufen. Beide hatten ihre Hände in ihren Taschen vergraben.

„Warum hast du es versucht?",brach er vorsichtig die Stille und warf seinen Blick kurz auf sie, bevor dieser wieder zum Boden glitt.
Joelle zögerte kurz. Selbst mit ihren Eltern hatte sie darüber nicht gesprochen, jedoch wusste sie, dass Paddy Erfahrung hatte.
„Es war einfach alles zu viel und ich habe mir unglaubliche Vorwürfe gemacht.",gestand sie leise.
„Und du hast nicht darüber nachgedacht mit mir zu reden?"
„Natürlich, aber du hast mir in dem letzten Gespräch deutlich gezeigt, wie du dazu und zu mir stehst. Das war ok für mich. Ich habe Mist gebaut. Ich wollte dann nicht einfach mit meinen Problemen angekrochen kommen, obwohl du selbst viel am Hals hast.",entgegnete sie.
„Ich habe Mist gebaut. Ich hätte dich wirklich nicht mit der ganzen Last alleine lassen sollen.",hielt Paddy sich vor, als er an sein Verhalten zurück dachte. Wie konnte er nur so egoistisch sein?
„Mach dir bitte keine Vorwürfe. Ich verstehe, warum du so gehandelt hast, schließlich habe ich den ganzen Mist ausgelöst."
Stille kehrte zwischen ihnen ein. Lediglich das zwitschern der Vögel war zu hören. Joelle ließ sich schließlich auf einer Bank am Straßenrand nieder. Autos fuhren hier selten vorbei und generell lag das Dorf ziemlich abseits der Stadt. Zögernd setzte Paddy sich neben sie.

„Darf ich fragen, wie du es versucht hast?",unsicher blickte Paddy zu ihr auf. Er sah den Schmerz in ihren Augen und wusste, dass dies immer noch ein greifbares Thema für sie sein musste. Langsam strich Joelle ihre Jacke ein Stück nach oben und zeigte Paddy ihren linken Arm. Ihr unteres Handgelenk zierte ein großes Pflaster, weshalb Paddy ihr Handgelenk vorsichtig in seine Hand nahm und über das Pflaster strich. Nie hätte er sich vorstellen können, dass Joelle es auf diese Art beenden wollte.

„Es tut mir so unfassbar leid!",schluchzte Joelle plötzlich auf und nahm ihre Hand aus seiner, um sich die Tränen von den Wangen zu wischen. Ohne zu zögern nahm Paddy sie in den Arm, woraufhin Joelle ihren Kopf an seiner Brust vergrub. Unfähig, etwas zu sagen, strich Paddy ihr über den Oberarm. Auch seine Gefühle spielten gerade verrückt und er wusste nicht recht, was er mit der Situation anfangen sollte.

Als Joelle sich wieder etwas gefangen hatte, richtete sie sich wieder auf, weshalb auch Paddy seine Arme wieder zu sich nahm.
„Warum wolltest du reden? Bestimmt nicht nur deswegen.",harkte Joelle leise nach, während sie sich die letzten Tränen von der Wange strich.
„Ich habe einfach verdammte Schuldgefühle und außerdem fühle ich mich für den kleinen Keks verantwortlich. Damit alleine möchte ich dich wirklich nicht lassen. Trotzdem weiß ich, dass es zwischen uns nie wieder so werden würde, wie es vor dem ganzen Mist war.",gab er zu, während er auf seine Hände blickte.
„Was ist mit Bella?"
Paddy zuckte mit den Schultern.
„Wir sind zusammen. Also waren es.. ich weiß es nicht so genau. Sie meinte, dass ich mir meinen Gefühlen bewusst werden soll und sie ebenfalls Zeit braucht und nicht zwischen dir und mir stehen möchte. Danach hat Jimmy sie weg gefahren und seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört.",informierte er sie. Joelle nickte, während Paddy zögernd zu ihr schaute.

„Doofe Situation. Vor allem, wenn man keine Ahnung hat, was seine Gefühle einem sagen wollen.",fügte Paddy hinzu.
„Du gehörst zu Bella. Ich habe es vermasselt und ich weiß, dass es zwischen uns nie wieder wie früher werden würde.",erwiderte sie und schaute in Paddy's Augen.
„Ich weiß nicht mal, ob ich für Bella wirklich solche Gefühle hege. Irgendwie ist da momentan nur ein lautes Summen in meinem Kopf und die ganzen Meinungen der anderen. Keine Ahnung, was der richtige Weg ist.",konterte er nachdenklich.
„Das weiß ich auch nicht."

Paddy richtete seinen Blick in die Ferne und auch Joelle löste seinen Blick von Paddy, während beide in eine nachdenkliche Stille verfielen. Wie sollte es nun weiter gehen?

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt