Kapitel 57

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Besorgt betrachtete Bella, Paddy. Dieser saß, mit dem Rücken zu ihr, auf dem Boden seines Arbeitszimmers und versuchte vergebens, seine Gedanken zu ordnen.
Es waren schon einige Tage seit dem Interview vergangen. Der Abend mit Hendrik war wirklich schön gewesen, doch schon am nächsten Tag kippte die Stimmung zwischen Bella und Paddy. Bella zog sich zurück, schlief in ihrem eigenen Bett und ließ jegliche Nähe nicht mehr zu. Ihr Schuldgefühl fraß sie innerlich auf, doch sie konnte einfach nicht anders.

„Allen in Ordnung?",brach sie leise die Stille, weshalb Paddy zusammenschreckte und zu ihr auf blickte. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke und Bella musste schlucken. Paddy's Augen wirkten so leer und ausdruckslos.
„Hm.",gab er bloß von sich und schaute wieder auf sein Blatt, auf dem nicht eine Kleinigkeit stand.
„Ja ne, ist klar.",nuschelte Bella und lehnte sich gegen den Türrahmen, während sie ihre Arme vor ihrem Körper verschränkte.
„Warum fragst du überhaupt?",wollte Paddy monoton wissen.
„Weil ich mir Sorgen machen.",flüsterte Bella. Sie wusste, dass sie Schuld an diesem Gefühlschaos zwischen ihnen war.
„Um mich? Ich sollte mir wohl eher Sorgen um dich machen, aber du lässt ja nicht mit dir reden.",erwiderte er leise und stand auf, um seine Gitarre endgültig in die Ecke zu stellen.

„Ich brauche Zeit.",gab sie zu.
„Ach bullshit Bella! Du hast keine Zeit und so plötzlich wie diese Stimmungsschwankung kam, muss etwas passiert sein. Rede doch einfach mit mir.",wurde er nun lauter und drehte sich zu Bella um, die ihn bloß anschaute. Sie war ihm Rede schuldig, wusste jedoch auch nicht, wie sie dies anstellen sollte, ohne das er sauer auf sie wäre.
„Du weißt ja gar nicht, wie schwer das eigentlich ist."
„Habe ich dir jemals das Gefühl gegeben dir nicht zuzuhören? Du kannst immer mit mir reden.",entgegnete er ruhiger, bevor er einige Schritt auf Bella zu kam. Sie blieb stehen, richtete ihren Blick jedoch auf den Boden.
„Ich möchte dir nicht weh tun.",nuschelte sie, woraufhin Paddy ihr Kinn mit seinem Zeigefinger anhob, sodass Bella ihn anschauen musste.
Sie konnte den Ausdruck in seinen Augen nicht deuteten, trotzdem bereitete die Nähe zu Paddy ihr gerade eine unangenehme Gänsehaut. Gleichzeitig spürte sie aber auch ein deutliches kribbeln in ihrem Bauch und würde ihn am liebsten Küssen.
„Du tust mir viel mehr weh, wenn du plötzlich so anders zu mir bist und ich nicht weiß wieso.",flüsterte er und ließ ihr Kinn wieder los. Verunsichert blickte Bella ihn an.

„Komm mit.",bat sie und lief geradewegs Richtung Wohnzimmer, gefolgt von Paddy, der ihr irritiert folgte.
„Als du vor ein paar Tagen mit Bowie draußen warst, lag das vor der Tür.", murmelte sie, während sie Paddy einen Briefumschlag entgegenstreckte, den sie in eine Schublade gesteckt hatte. Verwirrt setzte Paddy sich auf die Couch, ignorierte dabei seinen Hund, der aufmerksam den Kopf hob und musterte den Brief in seiner Hand.
Weder ein Absender, noch irgendein Hinweis, von wem dieser sein könnte, war zu sehen.

Gespannt öffnete er den Brief, musste jedoch sofort schlucken, als er das Bild herauszog.
Mit gemischten Gefühlen musterte er das Ultraschallbild und bemerkte, wie seine Hand zu zittern begann.
Er hielt das Bild eines ungeborenen Kindes in seiner Hand. Seines Kindes. Kurz räusperte er sich, bevor er das Bild zur Seite legte und versuchte möglichst unbeeindruckt damit umzugehen.

Als er ein weiteres Mal in den Umschlag griff und einen Zettel aus diesem herauszog, stoppte Bella ihn.
„Paddy... ich weiß nicht, ob du das lesen solltest."
Unsicher blickte er zu ihr auf. Noch immer stand Bella an dem selben Fleck und schaute zu ihm hinunter.
„Ich auch nicht.",erwiderte er leise, faltete den Brief aber trotzdem auf und begann zu lesen.

-

'Ich glaube, du solltest dieses Bild haben. Auch, wenn du damit eigentlich nichts am Hut haben möchtest. Schließlich ist es ja auch dein Fleisch und Blut. Ich hoffe sehr, dass es euch beiden gut geht und hoffe, dass du auch Tricia gute Besserung ausrichten könntest. Sie lehnt jeglichen Kontakt zu mir ab. Verständlich. Ich habe wirklich Mist gebaut und die wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren. Das einzige, was ich will ist, dass du Glücklich wirst, denn ich werde es nicht mehr. Ich bin momentan bei meiner Familie in Belgien. Meine Mutter hat mich nach diesem Vorfall abgeholt. Sie wollte nicht, dass ich alleine bin. Ich kam mit dieser ganzen Last und Schuld auf meinen Schultern einfach nicht klar und wollte dem Ganzen ein Ende setzen. Ich habe nicht nur unsere Beziehung und Ehe zerstört, sondern auch dich tief in den Mist geritten. Ich kann mir vorstellen, wie du unter dem ganzen gelitten haben musst, aber anscheinend hat es dich schneller losgelassen, als mich. Okay, ich trifte vom eigentlichen Thema ab. Ich wollte dich bloß auf dem Aktuellen stand halten und da ich momentan einen anderen Kontakt mit dir nicht aushalten würde, muss es eben so gehen. Das Kleine ist kerngesund und auch mir geht es, den Umständen entsprechend, gut.

Liebe Grüße: Joelle'

-

„Oh man.",nuschelte Paddy leise, bevor er den Zettel neben sich legte und seinen Kopf in seinen Händen vergrub.
Er hätte für Joelle da sein müssen. Sie stand mit allem alleine da und ihre Schwangerschaft machte das definitiv nicht besser.

„Warum hast du es gelesen?",harkte er nun bei Bella nach, weshalb er zu ihr aufblickte.
„Ich wollte es dir nicht einfach geben, aus Angst, es könnte genau so etwas darin stehen.",gab sie ihm zurück.
„Sorry.",fügte sie ihrer Aussage hinzu und musterte Paddy dabei, wie er seinen Kopf wieder in seinen Händen vergrub und schwach nickte. Er war nicht sauer auf Bella. Keinesfalls. Schließlich meinte sie es ja nur gut. Eher war er sauer auf sich selbst und auf sein Verhalten.
„Okay, sorry. Ich brauche etwas Zeit für mich.",redete er vor sich hin, während er aufstand.
Verständnisvoll nickte Bella.

„Es tut mir wirklich leid. Ich wollte nur..-"
„Don't say sorry. Ich bin nicht sauer. Zumindest nicht auf dich.",unterbrach Paddy sie ruhig und zwang sich ein leichtes Lächeln auf die Lippen, welches Bella sanft erwiderte, bevor Paddy nach oben ging und mal wieder in seinen Gedanken versank.

Er musste mit Joelle reden, wusste jedoch auch, dass dies beidseitig mit Schmerz verbunden war. Für Joelle würde es wahrscheinlich eine Qual werden. Sie war gerade dabei mit allem abzuschließen, wollte deshalb Paddy weder sehen, noch hören. Trotzdem wollte Paddy sie nicht einfach alleine stehen lassen. Er kannte diese Situation schließlich selbst gut genug und wusste in etwa, wie sie sich fühlen musste.

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt