Kapitel 45

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Der nächste Tag verlief ruhig und Bella verstand nun, was mit der berühmten Klosterstille gemeint war. Es war Sonntag und somit ein Heiliger Tag im Kloster. Nach dem morgendlichen Gottesdienst und dem darauffolgenden Frühstück hatte sie von Paddy nichts mehr gesehen. Schnell fand sie jedoch eine andere Beschäftigung. Da Sonntags nach dem Gottesdienst hinter den Klostermauern absolutes Schweigen herrschte, war sie mit Noah in den Garten gegangen. Das Wetter ließ zu wünschen übrig, aber dank des kleinen Pavillons war dies kein Problem. Stumm saßen sie sich gegenüber. Der Regen prasselte auf das Dach des Pavillons und bildete somit die einzige Geräuschkulisse, bis Bella die Stille zwischen den beiden brach.

„Kann ich dich etwas fragen?"
Noah nickte und blickte zu ihr auf. Sie saßen sich auf zwei Sitzkissen gegenüber.
„Glaubst du Paddy würde noch einmal hier her kommen? Also nicht nur als Besuch?",fragte Bella ihn.
„Warum klingst du so besorgt",stellte er eine Gegenfrage und betrachtete Bella, die ihren Blick senkte.
„Ich mache mir Sorgen um ihn. Sorgen darum, dass er nicht weiß wann ihm alles zu viel wird. Erst die Sache mit Joelle, dann mit mir und jetzt noch seine Schwester.",gab sie leise zu.
Paddy hatte sich Noah bereits gestern anvertraut. Er wusste also, was Sache war und von was Bella sprach.
„Du brauchst dir keine Sorgen machen.",beruhigte er sie lächelnd und legte seine Hand auf ihre Schulter, weshalb sie zu ihm aufblickte.
„Ich kenne ihn schon lange. Paddy ist wie ein kleines Kind. Er muss erst einmal hinfallen, um dann laufen zu können. Glaub mir, das Ganze pendelt sich wieder ein und bevor Paddy wieder hier her kommt, fliege ich zum Mond. Er hat dieses Kapitel hinter sich gelassen und auch wenn er sich die Zeit manchmal zurücksehnt, würde er diesen Schritt nicht mehr wagen. Das garantiere ich dir.",erklärte er und nahm seine Hand wieder zu sich.
Gezwungen lächelte Bella. Sie wusste, dass Noah ihn deutlich besser und in schlechterer Verfassung kannte und daher sein Verhalten vermutlich besser einschätzen konnte. Diese Restangst in ihr blieb trotzdem. Was, wenn ihm wieder alles zu viel wird? Die Fans, die Aufmerksamkeit und zuletzt sein Privatleben? Würde Paddy es tatsächlich so weit kommen lassen, oder würde er davor einen Schlussstrich ziehen. Bella wusste es nicht. In der Hinsicht konnte sie ihn absolut nicht einschätzen.

„Was ist da zwischen euch?",harkte Noah nach. Verwirrt blickte sie ihn an.
„Gute Freunde oder vielleicht doch mehr?",ergänzte dieser seine Frage. Kurz schmunzelte Bella, bevor sie ihren Blick abwandte und mit den Schultern zuckte.
„Ich glaube gute Freunde trifft es.",erwiderte sie leise, konnte jedoch nicht verhindern, dass ihre Stimme einen leicht verletzten Ton annahm.
„Auch von deiner Seite aus?"
Wieder blickte sie auf.
„Warum habt Ihr Mönche alle so eine gute Menschenkenntnis?",fragte sie lachend und brachte schließlich auch Noah zum Lachen.
„Hier drin wird größtenteils geschwiegen. Man lernt irgendwann die Körpersprache der anderen.",erklärte er sich und blickte wieder ruhig zu ihr.
Bella nickte, fing dann jedoch an mit ihren Händen zu spielen und nervös zu werden.
„Du kannst mit mir reden. Ich schweige wie ein Grab.",beteuerte Noah lächelnd und war froh, dass Bella dieses kurz erwiderte, bevor sie zu einer Antwort ansetzte und ihren Blick auf den Boden heftete.
„Ich glaube ich habe mich zu dem unpassendsten Zeitpunkt verliebt, den man sich nur vorstellen kann.",gab sie leise zu, musste bei dem Gedanken an Paddy jedoch Lächeln.
„Warum glaubst du das?"
„Viel durcheinander. Trennung hier, Krankheit da. Was würde Paddy denn bitte von mir wollen? Ich sterbe, wahrscheinlich noch diesen Sommer. Ich möchte weder, dass er von den Gefühlen weiß, noch, dass sich etwas in unserer jetzigen Beziehung ändert.",erwiderte sie, während sie zu ihm aufblickte und nach dem verständnisvollen Nicken von Noah ihren Blick wieder auf den Boden wandte.
„Wenn du es ihm nicht sagst, kann sich aber nichts verändern. Auch nicht zum positiven.",antwortete Noah.
„Ich bin ein Mann und auf den Kopf gefallen auch nicht. Bella, ich sehe wie er dich anblickt, was für einen unglaublichen Respekt er vor Dir und deiner Art hat. Glaubst du, der gute Herr nimmt einfach mal so wildfremde Fans bei sich auf und begleitet sie bis ins Grab? Er hat größte Achtung vor dir.",fügte er bloß noch hinzu, bevor er aufstand und auf Bella hinab blickte.
„Rede mit ihm. Er fühlt ähnlich.",legte Noah ihr ans Herz, bevor er aus dem Pavillon verschwand und durch den strömenden Regen geradewegs zum Eingang des Klosters lief.

Bella seufzte. Das alles würde die ganze Situation unnötig kompliziert machen. Was sollte sie von Paddy verlangen? Er gab ihr doch bereits so viel. Seine Liebe wollte sie dann doch jemandem gelten lassen, mit dem er eine Zukunft hatte. Außerdem stand Joelle auf der Bildfläche.

Lange blieb Bella noch so sitzen und machte sich Gedanken. Der Tag strich ins Land und sie genoss die ausgiebige Stille. Auch beim Abendessen war von Paddy keine Spur und langsam überkam sie ein ungutes Gefühl.
Als sie zusammen mit den anderen Mönchen im Schlafsaal lag, kam ihr die Stille plötzlich beklemmend vor. Sie setzte sich auf. Ihr Blick glitt sofort zu Paddy's Bett, welches jedoch immer noch leer war. Es war mitten in der Nacht, trotzdem stand Bella leise auf und lief eine Zeit durch die großen Gänge. Eine Gänsehaut machte sich auf ihren Armen breit. Alleine und in völliger Dunkelheit machten ihr die großen Säle und Gänge dann doch etwas Angst. Den ganzen Tag hatte sie über Noah's Worte nachgedacht. Wie kam er darauf, dass Paddy ähnlich fühlen könnte?

Schließlich reichte Bella es. Sie hielt die Stille nicht mehr aus, weshalb sie zu dem großen Tor ging und dieses leise aufdrückte. Sie wusste, dass sie das Kloster zu einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr verlassen durfte, aber dies war ihr egal. Sie sog die frische Luft ein und schloss kurz die Augen. Der Wind wehte, trotzdem war das Rauschen des Meeres noch klar und deutlich zu hören. Zufrieden setzte sie sich auf eine der Treppenstufen und schloss ihre Augen. Es tat gut ein anderes Geräusch zu hören als das Atmen von anderen Menschen.

„Zweite Nacht und schon verstößt die Dame gegen die Regeln."
Erschrocken zuckte Bella zusammen und fuhr zu Paddy herum, der mit verschränkten Armen an der Klostermauer lehnte und grinste.
„Du solltest die Regel ja wohl besser kennen.",konterte Bella und entlockte Paddy somit ein leises Lachen, was auch sie zum Lächeln brachte.
„Wo warst du?"
„Ich brauchte nur etwas Zeit für mich.",erwiderte Paddy und konnte nicht verhindern, dass sein grinsen versiegte. Viel zu sehr war er den ganzen Tag in seinen Gedanken versunken.
„Paddy, ich mache mir Sorgen um dich.",brach es plötzlich aus Bella heraus, weshalb sein Blick fragend zu ihr nach unten glitt.
„Um mich?",harkte er verwirrt nach. Bella nickte.
„Why?",wollte er leise wissen und ging auf Bella zu, um sich neben sie setzen zu können.
„Ich habe bloß Angst, dass Dir alles zu viel wird. Letzte Woche hat dir dein Körper das ja ziemlich klar gemacht.",sprach sie ihre Zweifel aus und blickte auf ihre Hände.
Paddy schaute derweil zu ihr.
„Ich kenne meine Grenzen mittlerweile gut. Mach dir darüber bitte keine Gedanken.",erwiderte er beruhigend und tatsächlich wirkte dies auf Bella glaubwürdig.
Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen ihnen aus und trotzdem genoss Bella die Nähe zu Paddy, bis dieser schließlich seufzend die Stille brach.
„Bella, we need to talk."
Seine Stimme klang ungewöhnlich gebrochen, trotzdem überzeugt. Er wollte dies nicht länger mit sich schleppen.
„Worüber?",harkte sie leise nach und blickte unsicher in Paddy's Augen, bevor dieser seinen Blick abwandte und fast schon verletzt zu Boden schaute.

„Über uns."

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt