Kapitel 63

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Paddy hatte seine Arme auf dem Tisch liegen und seinen Kopf darauf. Zusammen mit den Jungs saß er an seinem Esstisch und hörte Pino zu, der die Tour durch ging. Lediglich bei ein paar Konzerten konnte dieser nämlich dabei sein, weshalb er alles abgeklärt haben wollte. Die anderen Jungs richteten ihren Blick auf Pino, welcher vor Kopf stand, damit er richtig gestikulieren konnte.

„Hörst du eigentlich zu?",wandte sich Pino plötzlich an Paddy. Erst jetzt hatte er bemerkt wie er am Tisch saß.
„Hmm.",gab dieser von sich, machte jedoch keine Anstalten seine Körperhaltung zu ändern. Pino rollte mit den Augen, was die anderen Jungs lachen ließ, bevor er weiter redete.
Es war jedes Jahr das gleiche, trotzdem hörten sie interessiert zu, was Paddy absolut nicht nachvollziehen konnte. Seine Band Collegen wollten sich wahrscheinlich einfach nur bei Pino einschleimen. Nicht mehr und nicht weniger. Zumindest sah Paddy sonst keine Erklärung für ihre alljährliche Interesse.
„Bist du fertig?",harkte Paddy nach, als Pino eine längere Pause setzte.
„Werden Sie ungeduldig, Herr Kelly?",spaßte Pino bloß, weshalb Paddy kurz zu ihm aufblickte, seine Augen jedoch sofort wieder zukniff, weil es deutlich zu hell war. Christian lachte, bevor er einen Schluck seines Kaffees trank, während Paddy seine Augen rieb und schmunzeln musste.
„Ungeduldig nicht, aber es ist jedes Jahr das selbe. Wir sind ein eingespieltes Team und wissen wie es auf Tour läuft. Lass uns endlich von der Leine.",konterte Paddy nun ernst und richtete sich auf, um einen Schluck seines Wassers zu trinken.

„Und ganz wichtig, schreibt mir, falls Paddy's Psyche schlapp machen sollte.",fügte Pino unbeirrt hinzu und erntete daraufhin bloß ein seufzen von Paddy.
„Beschwer dich nicht. Ich möchte nur das beste für dich.",entgegnete er darauf und blickte zu Paddy, der seinen Manager ebenfalls anschaute.
„Was erwartest du? Selbst wenn bekommt mich niemand von der Bühne. Ich habe genug Erfahrung.",erwiderte Paddy gelassen.
„Und genau das ist das schlimme. Dieses typische gute Miene zum bösen Spiel getue.",mischte Christian sich ein, weshalb Paddy zu seinem Kumpel blickte.
„Was wollt ihr von mir hören? Mir geht es gut, also können wir das Thema bitte einfach lassen?",harkte Paddy gereizt nach. Es kehrte Ruhe ein. Niemand hatte gerade dem Mut ihm zu widersprechen, was Paddy sehr begrüßte und aufstand, um in sein Schlafzimmer zu gehen. Stumm und mit einem angespannten Ausdruck auf dem Gesicht packte er seine restlichen Klamotten ein und zog den Reißverschluss seiner Tasche zu.
Jimmy hatte Bowie bereits abgeholt und auch mit Bella war alles geklärt. Paddy hatte sich gestern Abend von ihr verabschiedet. Die beiden hatten gemeinsam beschlossen, dass es das beste wäre, wenn Bella hier bleiben würde. Sie war in guten Händen und obwohl den beiden der Abschied schwer fiel wussten sie, dass es das richtige war. Zumal sie sich sicher waren diese zwei Wochen zu überstehen. Danach hatte Paddy wieder etwas mehr Luft was die Termine anging.

„Hey, das eben war nicht so gemeint.",behauptet Christian leise, der den Raum zögernd betrat. Paddy saß auf der Bettkante und schaute gedankenverloren auf seine Tasche, bevor er zu Christian hinauf blickte.
„Doch, war es. Ich kenne dich.",konterte er. Christian wandte den Blick von Paddy ab, spürte jedoch deutlich dessen Blick auf sich, weshalb er mit den Schulter zuckte.
„Es ist doch wahr. Damals wie heute. Du lässt dir da oben nichts anmerken und wenn, dann ziemlich selten.",fügte er seiner Geste hinzu und blickte erst wieder zu Paddy hinab, als dieser einen Moment nicht antwortete.
„Was soll ich machen? Mich auf die Bühne stellen und den Fans von meinen privaten Problemen erzählen? Die Fans sagen immer, dass ein Konzert wie eine Art Flucht für sie wäre. Flucht vor dem Alltag, den Problemen und der Last, die auf ihren Schultern ruht. Für mich ist es genau dasselbe, also lasst mir wenigstens diese Flucht aus dem Ganzen. Und soll ich ehrlich sein?"
Christian nickte, unfähig etwas zu sagen. Er war irgendwie gerührt von Paddy's Worten.
„Mir geht es gut. Du weißt, dass ich, zumindest wenn wir alleine sind, ehrlich zu dir wäre. Bella ist in guten Händen, mit Joelle ist alles geklärt und meiner Schwester geht es besser. Ich kann mich also momentan wirklich nicht beklagen und verstehe nicht, warum ich so etwas vorgeworfen bekomme, obwohl es absolut nicht der Wahrheit entspricht.",fügte Paddy hinzu und richtete seinen Blick nun wieder auf die Tasche, nach der er im nächsten Moment griff, aufstand und sie schulterte. Christian wollte etwas sagen, doch Paddy verließ den Raum, weshalb er ihm folgte.
„Ich möchte keine Entschuldigung für deine Worte. Dein Verständnis reicht mir.",sagte Paddy, während er die Treppen hinunter stieg und seine Jacke schnappte.

Die anderen Jungs waren bereits in den Tourbus gestiegen, was Paddy ihnen nun gleich tat. Sofort stieg er die Treppen nach oben, um seine Tasche auf eine Matratze der kleinen Schlafkabinen zu legen. Kurz ließ er sich ebenfalls auf der Matratze nieder und schloss seine Augen, um tief durchzuatmen. Er mochte die Zeit auf Tour, trotzdem erinnerte ihm die Zeit im Tourbus immer unweigerlich an die alten Kelly Family Zeiten. Erst durch das Klingeln seines Handys wurde er wieder aus seinen Gedanken gerissen. Es war Jimmy.

„Warum sagst du mir nicht Bescheid wie es Tricia geht, wenn du schon bei ihr warst!",fuhr Jimmy seinen kleinen Bruder sofort an, welcher bloß leise lachen musste.
„Vielleicht, weil du mich sofort angefahren hast, bevor ich dazu etwas sagen konnte.",erwiderte Paddy gelassen und hörte der Ruhe auf der anderen Seite schmunzelnd zu.
„Stimm, sorry.",gab Jimmy kleinlaut zurück.
„Aber Tricia hat gefragt, ob wir uns in zwei Tagen alle bei ihr treffen können. Angelo hat als erstes gefragt, ob du auch kommst. Er meinte, er würde nicht kommen, wenn du da wärst."
Paddy seufzte. Er hatte mit seiner Meinung wirklich einen Stein ins Rollen gebracht, der dazu niemals beabsichtigt war.
„Ich bin sowieso nicht da, also kann Angelo gerne kommen. Kannst du ihm wenigstens ausrichten, dass ich mich gerne in Ruhe mit ihm aussprechen würde? Er hat mich blockiert und ich erreiche ihn nicht.",bat Paddy seinen älteren Bruder.
„Ich versuche es.",versprach Jimmy.
„Weißt du eigentlich, dass ihr zwei euch in zwei komplett unterschiedliche Richtungen entwickelt habt? Völlig normal, dass da Meinungsverschiedenheiten entstehen."
„Meinungsverschiedenheiten schön und gut. Trotzdem hätte ich mich zurückhalten sollen und Angelo nicht so ausrasten müssen.",gab Paddy zu und blickte zu der Treppe, auf der Kallas nach oben lief. Der Bus war bereits losgefahren.
„Du kennst ihn. Wenn es um seine eigene heile Familienwelt geht, sollte da lieber niemand dazwischen reden."
„Ich verstehe es aber einfach nicht. Er muss doch aus der ganzen Sache etwas gelernt haben.",erwiderte Paddy und lehnte seinen Kopf an die Leiter, die in das Hochbett führte.
Kallas schaute kurz zu Paddy, um zu schauen, ob es schlimm wäre das Gespräch mitzubekommen. Da Paddy ihn aber ebenfalls angeblickt und trotzdem weiter geredet hatte, ging Kallas zu seinem Bett und wühlte kurz in seiner Tasche, um sein Ladekabel zu holen und wieder nach unten zu gehen.
„Er war damals einfach noch nicht so weit. Angelo hat nicht verstanden, was plötzlich mit dir los war und warum du so warst. Für ihn war es eine Masche der Aufmerksamkeit. Ich glaube er hat es bis heute nicht begriffen, aber er muss wohl selbst auf die Schnauze fallen. Vielleicht läuft es ja auch bei ihm. Wer weiß."

Kurz redeten die Brüder noch weiter, bevor sie sich verabschiedeten und Paddy zu den Jungs nach unten ging. Eigentlich war der Bus ein Träumchen. Oben befanden sich die Betten, sowie ein kleines Bad mit Dusche und allem, was man für längere Reisen brauchte. Unten zierte eine kleine Küche den Eingangsbereich, ebenso wie eine kleine Eckbank, an der man mit vier Personen sitzen konnte. Ebenso war unten ein Aufenthaltsraum mit Fernseher zu finden und nicht zu vergessen die Fahrerkabine. Paddy's Fahrer steuerte den Bus. Würde Paddy nur ein kleines wenig lieber Zeit hier drinnen verbringen, würde er diesen kleinen Luxus wahrscheinlich auch genießen können. Er war jedoch der erste, der über sein Hotelzimmer herfiel, wenn sie in der Stadt ankamen.

„Erde an Paddy?",riss Hendrik ihn aus seinen Gedanken, weshalb Paddy leicht zusammenzuckte und zu ihm blickte.
„Wir wollen auf die Tour anstoßen.",erklärte Hendrik und drückte Paddy ein Bier in die Hand, welches dieser kurz musterte. Ein kleines Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, bevor er die Flasche erhob.
„Auf eine gute Zeit, tolle Konzerte und noch tollere Erinnerungen!",verkündete Paddy lächelnd, woraufhin die Jungs anstießen und einen Schluck aus der Flasche tranken. Auch Paddy ließ sich nun entspannter auf dem Sessel nieder.
Er wusste, dass er momentan absolut keinen Anhaltspunkt dazu hatte, diese Tour mit der damaligen Zeit der Kelly Family zu vergleichen. Er tat sein eigenes Ding, war sein eigener Chef und musste vor allem nicht Tag und Nacht mit seinen Geschwistern in einem Bus leben.

Ein noch größeres Lächeln überkam seine Lippen. Paddy war wirklich froh, dass er diesen Sprung zu seiner Solo Karriere geschafft hatte und so seine Fans begeisterte. Ebenso wie er froh war, seine Band an seiner Seite zu haben. Er nahm sich vor die Tour in vollen Zügen zu genießen und den Mist der letzten Wochen und Monate hinter sich zu lassen.

Wenn Musik mein Herz erfülltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt