Am nächsten Montag betrat Frau Igel kopfschüttelnd den Klassenraum. In ihrer Hand hielt sie eine Zeitung.
„Was lesen Sie denn da? Das neueste über Britney Spears? Hat sie einen neuen Freund?“ rief Nadja neugierig, aber die Lehrerin warf ihr einen missbilligenden Blick zu.
„Nein, ich lese nichts über Hollywood-Stars. Es geht um ein viel ernsteres Thema! In der Stadt sind einige schlimme Dinge geschehen und unsere Frau Direktor meinte, dass wir dies durchaus einmal im Unterricht besprechen könnten! Schließlich betrifft es uns alle. Es hat in der letzten Woche drei Tote gegeben! Einer davon war früher ein Schüler an dieser Schule, er hatte sogar Unterricht bei mir. Sein Name war Alexander und er hat 2003 seinen Realschulabschluss gemacht!“
Die Lehrerin warf Lucas einen Blick zu. „Dein Bruder Jochen müsste ihn noch kennen!“
„Sie meinen Jonas,“ korrigierte Lucas die Lehrerin und diese nickte entschuldigend. „Es tut mir leid. Ich bringe die Namen nach einer Weile immer durcheinander. Als ich das Foto von Alexander heute morgen in der Zeitung sah kam mir zuerst der Name Anton in den Sinn. Dabei hatte ich glaube ich niemals einen Anton als Schüler. Und so kann es auch schon mal passieren, dass ich Jonas und Jochen verwechsle.“
„Aber meinen Namen werden Sie sich doch merken, oder?“,fragte Lutger und Frau Igel schüttelte den Kopf.
„Nein, eher nicht. Ich glaube, zwei Monate nach Schulabschluss werde ich mich an dich nur noch als „Ähm, wie hieß er noch mal,“ erinnern.“
Die Schüler lachten, doch die Lehrerin wurde mit einem Mal wieder ernst. „Jetzt haben wir genug Spaß gemacht. Das Thema ist schließlich ernst. Ich war wirklich sehr traurig, als ich von Alex las. Ich erinnere mich noch an ihn, das letzte Mal habe ich ihn bei einem Klassentreffen im letzten Dezember gesehen!“
Lucas Blick fiel auf die Zeitung. Auf der Titelseite waren Fotos der drei Toten abgebildet und mit einem Mal drohte sich sein Magen um zu drehen. Er sprang auf und riss der verdutzten Lehrerin die Zeitung aus der Hand und breitete sie auf seinem und Andys Tisch aus.
„Das ist doch nicht nur Alex! Sondern auch noch einer seiner Kumpels. Die haben uns vor der Disko neulich so blöd angequatscht! Da warst du doch auch dabei, Andy! Und das ist....“
„Gunnar! Gunnar ist tot?“, fragte Andy und wurde mit einem Mal leichenblass. „Aber wie kann das sein? Was hat Gunnar mit diesen beiden Idioten zu tun?“
„Andy, bitte!“, ermahnte Frau Igel ihren Schüler und griff nach der Zeitung. „Aber ihr scheint sie ja alle drei zu kennen!“
Lucas nickte. „Ja, dieser eine hier, Bernd, war ein Freund von Alex. Die haben wir, zusammen mit Jonas, mal vor der Disko getroffen. Und Gunnar hat Andy und mir am letzten Samstag noch Nachhilfe in Mathe gegeben!“
Frau Igel sah ihre beiden Schüler mitleidig an. „Das tut mir wirklich leid! Ich wusste nicht, dass euch das so nahe gehen würde! Unsere Direktorin hielt es aber für wichtig, mit euch über die Ereignisse in der Stadt zu sprechen! Es steht auch in diesem Artikel, dass beide ziemlich übel zugerichtet worden sind. Wie genau, wurde der Presse nicht mitgeteilt, ich nehme an, man will nichts preisgeben, was nur der Täter, wenn es denn ein und derselbe ist, wissen kann!“
Lucas zuckte zusammen. Sein erster Gedanke war gewesen, dass es sich um eine Dämonenstatue handeln könnte. Doch die drei Toten waren übel zugerichtet worden. Dies passte eigentlich nicht zu einer Statue.
Außerdem war nicht für jeden Toten auf dieser Welt ein Dämon verantwortlich!
„Dann geht man davon aus, dass ein Mensch sie.....“, begann er, hielt aber inne, Lutger und Nadja ihn grinsend ansahen.
„Nein, das war wahrscheinlich ein Vampir! Steht da, dass man ihnen das Blut ausgesaugt hat?“
Frau Igel sah den Schüler fast schon wütend an. „Ich denke nicht, dass das der richtige Augenblick für schlechte Scherze ist, Lutger! Über solche Dinge macht man keine Witze. In dem Artikel steht, dass man die Opfer übel zugerichtet aufgefunden hat. Diesen Gunnar fand man im Stadtpark, Bernd vor seiner Haustür im Gotenweg und den armen Andy vor der St. Andreas Kirche.....“
„Vor der Kirche! Aber die anderen hat man nicht da gefunden. Und man hat sie vorher misshandelt. Das machen Dämonen nicht! Aber es ist irgendwie so sonderbar!“, dachte Lucas.
Die Erwähnung der St. Andreas Kirche hatte ihn zusammen zucken lassen. Dort hatte sein Bruder doch seinen ersten Dämon getötet.
Und war Stefan nicht vor einigen Jahren vor einem Kampf mit diesem Dämon zurück geschreckt? Aber Jonas hatte ihn schließlich besiegt. Er war der einzige gewesen, der dies gekonnt hatte.....
„Sind die Toten denn an den Misshandlungen gestorben?“, erkundigte sich Lucas vorsichtig.
Frau Igel schüttelte den Kopf. „Die haben sicherlich ihren Teil dazu beigetragen und es steht hier, dass einige der Verletzungen hätten tödlich wirken können. Aber gestorben sind die armen Opfer dann an Herzversagen!“
„In dem Alter? Krass!“, ließ sich Jennifer vernehmen. „Ich dachte immer, so was passiert nur Rentnern!“
Frau Igel schüttelte energisch den Kopf. „Krass“ ist wohl kaum der richtige Ausdruck! Und auch junge Menschen können Herzinfarkte bekommen oder an Herzversagen sterben! Das kommt immer wieder einmal vor. Sogar bei durch trainierten Sportlern! Vielleicht hat der Schock über den Angriff dazu geführt, dass die drei starben! Und jetzt komme ich zu einem weiteren Anliegen unserer Direktorin, das ich voll und ganz unterstützte.“
„Was denn?“, erkundigte sich Sabrina und sah sich ängstlich um, als fürchte sie, den möglichen Mörder unter den Klassenkameraden zu finden.
Frau Igel sah die Schüler ernst an. „Die Direktorin und auch ich bitten darum, dass ihr so lange, bis diese Angelegenheit nicht aufgeklärt ist, also bis fest steht, wer dahinter steckt, Abends nicht mehr aus dem Haus geht! Vor allem nicht allein. Bitte legt auch den Schulweg gemeinsam zurück und bittet eure Eltern, Fahrgemeinschaften zu bilden, wenn es morgens, im Dunkeln, zur Schule geht!“
„Aber was ist mit Samstags? Da gehe ich immer raus,“ maulte Jennifer und Nadja stimmte ihr zu. „Samstags gilt das doch nicht, oder? Ich meine, auch ein Mörder hat doch mal Wochenende!“
„Mensch, bist du blöd!“, ließ sich mit einem Mal Sabrina vernehmen und Nadjas Mundwinkel klappten herunter.
Hilfe suchend sah sie zu Frau Igel, die auf die Zeitung tippte. „Bernd und Gunnar sind an einem Samstag gestorben, Alex an einem Dienstag!“
„Also hat der Mörder kein Wochenende,“ stellte Lutger fest und sah Nadja grinsend an. „Du gehst am besten mit mir und ich pass auf dich auf!“
Lucas achtete nicht mehr auf die Gespräche der Lehrerin und seiner Schulkameraden. Er warf einen besorgten Blick auf Andy, der sichtlich erschüttert wirkte.
„Wenn Gunnar Samstag gestorben ist, dann waren wir ja die letzten, die ihn gesehen haben! Es sei denn, er hat danach noch jemanden getroffen. Aber er war doch ganz normal! Er wollte in die Disko gehen! Das hat er doch gesagt. Ins Mallorca. Und jetzt ist er tot!“
„Man hat ihn wahrscheinlich auf dem Weg dahin überfallen,“ sagte Lucas leise und fügte hinzu: „Armer Gunnar!“
„Ich glaube, jetzt muss ich Jonas und Julia doch stören!“, dachte Lucas bedrückt. „Ich weiß nicht, ob mehr dahinter steckt. Es ist auch so schon schlimm genug. Aber ich finde, Jonas sollte es wissen. Es ist so.....seltsam! Die Sache mit dem Herzversagen, und dass alle drei das gehabt haben sollen ist komisch. Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll! Hoffentlich keine Dämonenstatue!“
Lucas kam eine andere Idee. Vielleicht sollte er selbst nach der Schule in die Stadt gehen und sehen, ob es irgendwo eine Statue gab, die irgendwo zwischen Gotenstraße, der St. Andreas Kirche und dem Stadtpark stand......
Er würde sich unauffällig umsehen, um keinen Dämon auf sich aufmerksam zu machen und noch vor Einbruch der Dämmerung nach Hause zurück kehren.
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...