Schweigend saß Julia im Auto zwischen Lucas und Stefan, während Dennis auf dem Beifahrersitz von Georgs Auto Platz genommen hatte. Jonas saß am Steuer und konzentrierte sich auf den Verkehr auf der Autobahn.
„Den wievielten haben wir heute eigentlich?“, erkundigte sich die junge Frau nach einer kurzen Zeit. „Ich glaube, den sechsten, oder?“
„Ja, den sechsten Februar. Und wir haben sogar mal eine kurze Schneepause erwischt. Aber es soll heute Nacht noch frieren und die warten in Bayern auf Neuschnee!“, antwortete Dennis, der sich vor der Abfahrt aus Raichelbach den Wetterbericht angehört hatte.
„Nun, dass es um diese Zeit schneit ist ja auch nicht so ungewöhnlich,“ wandte Julia ein, aber wirklich überzeugend klang sie nicht.
Auch sich selbst konnte sie nicht beruhigen. „Es hängt wohl wirklich damit zusammen, dass dieser mächtige Dämon zu seinem zweiten Auftritt auf der Erde erschienen ist. Aber was soll man machen, immer noch besser, als wenn er mit Höllenfeuer käme! Mit Schnee werden wir ja noch irgendwie fertig. Aber mit Feuer?“
„Es gibt auch noch einen Höllendämon, zu dem gehört Feuer!“, stellte Jonas fest. „Davon haben wir doch in diesem Buch bei der alten Dame in der Schweiz gelesen. Ein Dämon, der mit seinem Willen Feuer entfachen kann!“
„Hört bloß auf, das ist ja unheimlich!“, beschwerte sich Lucas niedergeschlagen. „Mir reicht unser Dämon voll und ganz aus! Hoffentlich weiß er nicht, dass wir kommen!“
„Woher denn? Hast du uns vorher angemeldet?“, erkundigte sich Stefan und Julia stupste Lucas vorsichtig an und warf ihm einen mahnenden Blick zu. „Hoffentlich geht er jetzt nicht darauf ein! Sonst werfe ich die beiden noch aus dem Auto!“
Tatsächlich schwieg Lucas und begnügte sich damit, wütend aus dem Fenster zu starren.
Julia schüttelte unwillkürlich den Kopf. Sie verstand ihn ja, an seiner Stelle hätte sie sich auch unwohl gefühlt, mit jemandem, der sie entführt und misshandelt hatte, in einem Auto zu sitzen.
Im Grunde konnte sie Lucas fast schon dafür bewundern, dass er nach seinen Erlebnissen überhaupt noch dazu bereit war, mitzukommen und nun sogar noch Seite an Seite mit Stefan gegen einen Höllendämon zu kämpfen.
„Wahrscheinlich wird er sich besser schlagen als ich,“ dachte Julia und in ihrer Magengegend bereitete sich ein ungutes Gefühl aus.
„Ich kann so was doch so gut wie gar nicht. Ich habe kaum Erfahrung mit solchen Dingen wie Kampf und damals bei Engelmann konnte ich gar nicht schnell genug ausplaudern, wo Gerrit, Lucas und Jonas stecken. Da brauchten mich dieser irre Möchtegern-Schuldirektor und seine Statuen doch nur wütend anzusehen und schon hab ich geredet wie ein Wasserfall....“
Gerrit saß ebenfalls hinten bei ihnen, es wurde, obwohl der Wagen recht groß war, eng auf der Rückbank. Der Vorschlag, dass Stefan in seinem Leihwagen fahren sollte, war gefallen, aber offenbar fürchtete er, dass nach diesem gefahndet wurde und so hatten sie ihn bei Frau Huber in der Garage untergebracht.
Auch Gerrit blickte schweigend aus dem Fenster und beteiligte sich nicht an den Streitereien und spitzen Bemerkungen, die von Zeit zu Zeit zwischen Lucas und Stefan hin und her wanderten. Er schien, so wie Julia auch, in seinen eigenen Gedanken versunken zu sein.
„Er weiß es immer noch nicht....er weiß nicht, dass ich diejenige war, die....sollte ich es ihm vielleicht noch sagen, bevor....,“ dachte sie, beschloss dann aber, dass sie ihm nichts von ihrem Verrat damals beichten würde.
Vor allem jetzt schien der Zeitpunkt denkbar ungünstig zu sein.
„Wenn ich es ihm jetzt erzähle, wird es ihn sicherlich durcheinander bringen und ihm auch nur unnötig weh tun. Und er muss sich auf den Dämon konzentrieren. Dieser Augenblick ist der falscheste überhaupt!“
Aber nicht nur wegen Gerrit machte sie sich große Sorgen, sie hatte auch Angst um Jonas. Auch er begab sich in sehr große Gefahr und sie fragte sich, nicht zum ersten Mal, ob sie immer solche Ängste um ihn würde ausstehen müssen. Würden sie jemals eine ruhige Zeit miteinander erleben, in der sie einfach nur ein junges Paar, das sich eine Zukunft aufbaute, sein konnten?
Michaela ging unruhig in ihrem Wohnzimmer auf und ab. Stefans Besuch vor ein paar Tagen hatte sie aufgewühlt und zutiefst erschüttert.
Würde er wirklich zur Polizei gehen und sich endlich dem, was er getan hatte, stellen? Aber warum erfand er diese Dämonengeschichte? War er krank? Verrückt? Es musste etwas in der Art sein.
„Er will nur nicht zugeben, dass er es war, der Monika gestoßen hat! Aber warum erfindet er dann so einen Unsinn? Dann könnte er doch auch wirklich bei der Behauptung bleiben, sie sei einfach gestolpert, als sie sich erschrak, weil diese Statue von ihrem Sockel fiel. So eine Ausrede würde ich mir zumindest ausdenken und nicht so einen Schwachsinn!“
Michaela zerknüllte das hellblaue Stofftierchen, das sie für ihr Baby gekauft hatte und ließ es dann wieder auf den Sessel fallen.
Sie starrte auf ihren bereits so schwanger aussehenden Bauch. „Warum kannst du nicht einen anderen Vater haben?“, murmelte sie leise. „Irgend einen netten Kerl. Von mir aus auch einen fiesen One-Night-Stand, von dem ich nicht mal die Telefonnummer hab. Aber um Himmels Willen nicht Stefan!“
Sie ließ sich in den Sessel fallen und nahm den Teddy wieder in die Hand. Dann schüttelte sie den Kopf.
„Warum du keinen anderen Vater hast? Nun, du bist wohl der letzte, dem ich das vorwerfen kann! Ich bin schließlich diejenige, die sich mit ihm eingelassen hat!“
Sie wusste, dass ihr Baby ein unschuldiges Kind war, dem sie keine Vorhaltungen machen durfte. Es wäre falsch gewesen, es aufgrund seines Vaters abzulehnen und flüchtig hoffte sie, dass es Stefan nicht zu ähnlich sehen und keine Charaktereigenschaften von ihm erben würde. Das würde es einfacher für sie machen, dem Baby eine gute Mutter zu sein, denn dies wollte sie, da sie es trotz allem schon sehr lieb gewonnen hatte.
„Du kannst nichts dafür,“ sagte sie nun mit sanfter Stimme und legte den Teddybären auf den Bauch. „Du armes Würmchen kannst wirklich nichts dafür....“
Ihr kam der Gedanke, dass es auch leichter für sie und ihr Kind werden würde, wenn Stefan sich wirklich der Polizei stellte.
Wenn er einen Rest von Anstand bewies, dann würde sie ihn nicht ausschließlich als den Mörder ihrer Schwester in Erinnerung behalten. Und auch ihrem Kind würde die Erkenntnis, dass sein Vater nicht nur schlecht gewesen war, zugute kommen. Ihr und ihrem Kind!
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...