Kapitel 15

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Jonas verabschiedete sich einen Tag später von Britta und Julia, die, gemeinsam mit der kleinen Anna-Lena, in Julias Wagen nach Raichelbach aufbrachen.
Der Wagen war mit Eisenkraut präpariert worden und Julia versprach, bis zu ihrer Ankunft in Raichelbach mehrfach anzurufen. Die Nacht hatten sie sicherheitshalber in Jonas Wohnung verbracht.

Glücklicherweise hatte die kleine Anna-Lena ruhig geschlafen und sich lediglich einmal gemeldet, als sie nach einer Mahlzeit verlangte.
„Endlich schläft sie durch. Dennis und ich haben uns das so gewünscht. Und jetzt erlebt er es gar nicht,“ hatte Britta traurig gesagt.

Nun saß das Baby auf dem Rücksitz des Autos im Kindersitz und schien als einzige nicht von der traurigen Stimmung der anderen betroffen zu sein.

„Hoffentlich geht alles gut! Hoffentlich kann der Dämon sie nicht trotzdem, auch aus Raichelbach, zu sich rufen! Zum Glück hat Frau Huber mittlerweile in allen Zimmern Eisenkraut stehen,“ dachte Jonas sichtlich besorgt, als er seine Freundin zum Abschied umarmte.

„Pass auf dich auf,“ sagte sie leise. „Und bitte mach nichts Gefährliches!“

„Du weißt, dass ich dir das nicht versprechen kann, Julia. Aber ich werde nichts Leichtsinniges machen. Momentan hält der Dämon die Karten in der Hand und wir müssen uns jeden Schritt sehr genau überlegen!“, antwortete Jonas.

Julia sorge sich ein wenig um ihren Arbeitsplatz. Sie hatte dort einen Trauerfall in der Familie vorgetäuscht und daher, zusätzlich zu ihrem Resturlaub, noch einen Tag Sonderurlaub erhalten. Deswegen plagte sie nun ein schlechtes Gewissen.

„Sie wird sich wahrscheinlich krank schreiben lassen müssen, wenn ihre Urlaubstage abgelaufen sind. Ich glaube nicht, dass diese.....Angelegenheit bis dahin erledigt ist,“ dachte Jonas und hörte erleichtert den Klingelton seines Handys. 
„Ja, ihr beiden fahrt gerade auf die Autobahn? Sehr gut! Macht am besten nur wenig Pausen und fahrt so schnell wir möglich zu Frau Huber. Sie weiß ja Bescheid!“

Frau Huber hatte sich sofort bereit erklärt, Julia, Britta und deren Baby vorübergehend in ihrem Gasthof unterzubringen. Jonas wollte für die Unterkunft bezahlen, doch davon wollte die Gastwirtin nichts wissen.
„Ein Glück, dass es Leute wie Frau Huber gibt! Sie weiß über die Dämonen Bescheid und bei ihr finden wir immer wieder Zuflucht, wenn es brenzelig ist,“ dachte Jonas erleichtert.

Er bedauerte es, dass er Lucas, vor allem aber seinen Vater, nicht dazu hatte überreden können, ebenfalls nach Raichelbach zu fahren.

Georg hatte davon nichts wissen wollen, auch nicht, nachdem Jonas ihm, gemeinsam mit Britta und Julia, am Vorabend in allen Einzelheiten von der Rückkehr des Dämons berichtet hatte. 
Georg glaubte mittlerweile an Dämonen oder schloss deren Existenz zumindest nicht mehr aus. Aber wirklich zu Gesicht bekommen hatte er bislang schließlich keinen von ihnen.

Er hatte den Vorschlag, nach Raichelbach zu „flüchten“ abgelehnt, da Lucas zur Schule gehen musste. 
Dieser könne es sich nicht leisten, noch einmal, wie am Anfang des Jahres, eine unbestimmte Zeit zu fehlen. Georg selbst standen in der nächsten Zeit einige wichtige Termine mit Firmenkunden bevor. Urlaub zu nehmen war nicht möglich....

„Er macht sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz und um Lucas Schulabschluss. Das ist ja auch verständlich. Aber was nützt ihm sein Job und Lucas sein Abschluss, wenn ein Dämon ihnen die Seele heraus reißt? Ich kann wirklich nur hoffen, dass die Statue nichts von den beiden weiß und es nicht auf sie abgesehen hat.....,“ dachte Jonas besorgt.

Immerhin hatte Jonas seinen Vater davon überzeugen können, eine Topf mit einer Eisenkrautpflanze im Auto auf den Beifahrersitz zu stellen. In der Wohnung wuchsen diese Pflanzen, dank Lucas bereits.

Während Britta und ihr Baby in seinem und Julias Bett schliefen, hatten Jonas und seine Freundin am Vorabend noch einmal die alten Unterlagen über den Dämon der St. Andreas Kirche durchgelesen und nach einem Hinweis auf die Rückkehr des Dämons gesucht.

Doch leider gab es keinen. Magnus, der Mönch, war von seinem Kloster beauftragt worden, den Auserwählten zu suchen. Diesen sollte er an seinem Muttermal erkennen und er hatte ihn in Simon gefunden.
Diesem Simon hatte Magnus dann das Schwert, das ein paar Jahrzehnte zuvor einem früheren Klosterbruder angeblich von einem Engel überreicht worden war, überlassen. 
Simon hatte den Dämon fast besiegt, war dann aber getötet worden, um Jahrhunderte später in Gestalt von Jonas zurück zu kehren und den Dämon endgültig zu besiegen.

Von einer Rückkehr des Dämons, während eines heftigen Sturms am Jahrestag, hatten sie keinen Hinweis in den Unterlagen gefunden.....




Am frühen Nachmittag erreichten Britta und Julia Raichelbach. Frau Huber begrüßte die beiden jungen Frauen. 
„Ich habe oben zwei Zimmer vorbereitet, eins für deine Freundin und das Baby! Das war gar kein Problem, ich habe öfters Gäste mit Kleinkindern hier und daher auch Betten für Kinder im Haus!“

Dankbar brachten Britta und Julia ihr Gepäck in die Zimmer, während Frau Huber sich über die kleine Anna-Lena, die in ihrem Autositz, den Britta auf einen der Tische in der Gaststube gestellt hatte, beugte.
„Du Süße, du! Bist du noch klein! Süße....“, sagte sie und gab einige Schmatzlaute von sich. 

Anna-Lena sah die Wirtin mit großen Augen an und schien die Aufmerksamkeit zu genießen.

Nun hob die Frau die Kleine aus dem Autositz. „Da bekommst du ja ganz doll Rücken-Aua! Die Tante nimmt dich mal auf den Arm.....oder geh mal zu Gerrit!“

Frau Huber drückte die Kleine Gerrit, der den Raum betrat, in den Arm, während sie bei einem Gast die Bestellung aufnahm.
Gerrit schaukelte die Kleine ein wenig auf dem Arm, hielt sich aber mit, seiner Ansicht nach merkwürdigen, Lauten zurück. 

Schließlich kehrten Britta und Julia in den Gastraum zurück und Britta nahm ihre Tochter wieder entgegen. 
Dann reichte sie Gerrit die Hand. „Dich hätte ich fast nicht mehr erkannt,“ gab sie zu. „Du hast dich verändert seit damals....“
„Hoffentlich,“ antwortete Gerrit und strich über Anna-Lenas Wange. „Die ist ja wirklich niedlich! Und sie hat so süße warme Sachen an....“

„Natürlich! Babys kann man nicht warm genug halten!“, sagte Britta streng. „Glaubst du vielleicht, ich ließe die Kleine frieren?“

Gerrit nickte. „Ja, da hast du recht. Man sollte sie wirklich warm halten.....sie erinnert mich ein bisschen an meinen Bruder, als er in dem Alter war. Aber der hatte nicht so niedliche Sachen.“

Tatsächlich hatte es in Gerrits Familie, außer seinen Geschwistern Maria und Andreas, noch zwei weitere Kinder gegeben, die aber nicht das erste Lebensjahr erreicht hatten. Kalte Winter und wenig Nahrung hatten dazu geführt, dass es ihnen nicht so gut erging wie der kleinen Anna-Lena. 

„In der heutigen Zeit hätten sie wahrscheinlich überlebt,“ dachte Gerrit bedrückt und verließ den Raum, um Julia zu helfen, das weitere Gepäck hinauf zu tragen.

Auf dem Weg hinauf erkundigte sich Gerrit nach dem Dämon. „Und er ist wirklich zurück gekehrt? Obwohl Jonas ihm den Kopf abgeschlagen hat? Er hat mir die Geschichte von dem Dämon damals mal erzählt. Aber er hätte nie damit gerechnet, dass der zurück kommt.“

Julia nickte. „Ja, er ist wieder da. Jonas hat ihn gesehen, als er über der Kirchentür stand. Aber das Ding zeigt sich nicht jedem, als andere Leute dazu kamen, ist er wieder verschwunden!“

„Das ist wirklich unheimlich,“ sagte Gerrit, dem ein Gedanke kam. „Könnte es so sein wie bei diesen Statuen aus Grünenbach? Um mit denen fertig zu werden mussten wir ja erst mal eine kleine Statue zerstören. Die stand in der Mauer!“

Julia nickte zögernd.„Ich weiß! Daran haben wir auch schon gedacht. Aber Jonas ist gestern Abend die ganzen alten Aufzeichnungen noch mal durch gegangen. Diese alte Geschichte von Simon, der versucht hat, gegen den Dämon zu kämpfen. Magnus, der Mönch, der ihm damals den Schwertkampf beigebracht hat, erwähnte nur, dass man den Dämon enthaupten muss. Sicherlich hätte er Simon doch darauf hingewiesen, wenn er noch etwas anderes hätte machen müssen. Ich verstehe das einfach nicht!“

„Ich auch nicht,“ gab Gerrit zu, ehe ihm ein anderer Gedanke kam. „Was ist denn, wenn dieser Magnus auch nicht alles wusste? Wenn er selbst nicht alle nötigen Informationen hatte und sie darum auch nicht an Jonas, ich meine Simon, weiter geben konnte?“

Dämonische Statuen - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt