Frau Igel, die Mathelehrerin der 10. Klasse saß an ihrem Platz im leeren Lehrerzimmer und blätterte ein paar Hefte durch.
„Da sind sie ja! Ich hab die zu Hause schon überall gesucht! Die Nachschreibearbeiten von Meike und Mirko....die Sache hat mir wirklich keine Ruhe gelassen!“
Sie hatte sich endlich dazu durchringen können, die letzten Mathearbeiten ihrer Schüler zu korrigieren und ärgerte sich über sich selber.
„Wir müssen so eine Art Notzeugnis ausstellen! Ein Zeugnis, in das die Noten einfließen, die bis zum Beginn dieser Zwangsferien zustande gekommen sind!“
Sie gähnte, am nächsten Tag würde sie sich gemeinsam mit ihren Kollegen in einem Kölner Hotel, in dem sie einen Tagungsraum gebucht hatten, zur Notenkonfernz einfinden. Auch andere Lehrer von anderen Schulen der Stadt waren diesen Weg bereits gegangen.
„Die Schüler brauchen ihre Zeugnisse....wir werden sie alle irgendwo hin bestellen, damit sie die da in Empfang nehmen können...und hoffentlich können wir den Unterricht bald mal wieder aufnehmen!“, dachte die Mathematiklehrerin müde und stopfte die beiden Hefte in ihre Umhängetasche, als sich die Tür zum Lehrerzimmer öffnete und sie erschrocken nach der kleinen Dose mit Reizgas, die sie in ihrer Hosentasche mit sich trug, suchte.
Jedoch es handelte sich zu ihrer Erleichterung um Frau Ribbel, die Erdkundelehrerin. Schlecht gelaunt und ohne die Kollegin zu grüßen begann sie, in ihrem Schreibtisch zu wühlen.
„Guten Abend, Frau Ribbel!“, sagte Frau Igel betont höflich, aber die missmutige Erdkundelehrerin würdigte sie kaum eines Blickes.
„Muss mir noch mein Notizbuch suchen....wer von den Schülern die Hausaufgaben nicht regelmäßig gemacht hat...das fließt in die Note mit ein....“
Frau Igel seufzte, was hatte sie von dieser Kollegin auch erwartet? Sie kannte Frau Ribbel nun schon seit fast zwanzig Jahren und noch niemals hatte sie diese lächeln sehen. Einzig und allein mit Herrn Engelmann, dem ehemaligen Direktor, hatte Frau Ribbel sich sehr gut verstanden und sie war enttäuscht gewesen, als einige der strengen Regeln, die dieser eingeführt hatte, durch die neue Direktorin aufgehoben wurden.
Frau Ribbel wandte sich nun zum Gehen. „Ich hab keine Lust, morgen nach Köln zu fahren! Und dann kriegt man das so kurzfristig gesagt, dass doch noch eine Notenkonferenz statt finden! Erst um acht haben die mich heute Abend angerufen! Und ich hab jetzt die Arbeit und kann mein Buch holen! Eigentlich wollte ich heute zum Kegeln gehen!“
„Ach, Sie kegeln?“, erkundigte sich Frau Igel verwundert. Sie konnte sich ihre Kollegin nicht in Gesellschaft eines lustigen Kegelvereins vorstellen, trotzdem erkundigte sie sich. „Spielen Sie in einem Verein?“
„Nein! Ich kegel immer allein! Und dann meistens am Montag, da hab ich die Bahn für mich allein und werde nicht durch lästige Leute dabei gestört!“, antwortete Frau Ribbel unfreundlich und deutete auf den Lichtschalter. „Machen Sie das Licht aus? Oder muss ich das machen?“
„Ich mache das gleich schon,“ seufzte Frau Igel und verwarf ihren Gedanken, gemeinsam mit der unfreundlichen Erdkundelehrerin zum Parkplatz zu gehen. Zwar graute ihr bei dem Gedanken, den dunklen Weg allein gehen zu müssen, aber dies war immer noch besser, als die schlechte Laune der Kollegin ertragen zu müssen.
Die Mathematiklehrerin schaltete das Licht im Lehrerzimmer aus und verschloss die Tür, ehe auch sie sich auf den Weg zum Parkplatz machte.
Jedoch gerade als sie das Schulgebäude verlassen wollte hörte sie Schritte. Es klang, als würde Stein auf Stein auftreten und instinktiv blieb sie stehen und hielt, von ihr selbst unbemerkt sogar den Atem an.
Dann hörte sie einen Aufschrei und etwas fiel zu Boden. Verunsichert ging die Lehrerin einige Schritte zurück und zog es vor, sich ins Treppenhaus der Schule zurück zu ziehen.
Auch von dort hörte sie die Schritte, die sich langsam entfernten. „Was....war das nur?“, dachte sie und griff nach ihrem Handy. Sie überlegte, ob sie die Polizei anrufen sollte, jedoch was hätte sie den Beamten erzählen sollen?
„Dieser Schrei! War das Frau Ribbel? Was ist da passiert?“, dachte die Mathelehrerin voller Angst und entschloss sich schließlich doch, das Schulgebäude zu verlassen oder zumindest einen Blick hinaus zu wagen.
Als sie die Tür öffnete sah sie ein dunkle Gestalt, die fast schon langsam, ohne ihr Tempo zu beschleunigen davon ging. Dumpf klangen die Schritte auf dem mit Schnee bedeckten Boden.....
Frau Igel wagte nicht, sich zu rühren. Diese Gestalt durfte sie nicht sehen, dessen war sie sich sicher....
Aber mehr noch erschreckte es sie, dass ihre Kollegin Frau Ribbel leblos vor ihr auf dem Boden lag, das Gesicht vor Angst verzerrt.....
„Frau Ribbel?“, fragte die Mathelehrerin leise, als sie sich neben der Kollegin auf den Boden hockte. „Frau Ribbel?“
Sie rüttelte an der Schulter der Erdkundelehrerin, jedoch diese rührte sich nicht mehr. Frau Igel hielt ihr Handy immer noch in Händen und rief die Polizei.....
Eine Stunde später trafen die Beamten erst ein, obwohl sich die nächste Polizeiwache nicht weit entfernt befand. Frau Igel war in dieser Zeit ins Lehrerzimmer zurück gekehrt und hatte dort die Tür von innen verschlossen, zu sehr fürchtete sie eine Rückkehr des Mörders. Frau Ribbel war nicht von allein gestorben, da war sie sich ganz sicher....
„Entschuldigen Sie bitte, Frau Igel....aber wir hatte noch vier weitere Todesfälle....,“ sagte ein Beamter, während ein Kollege ihm einen Klaps versetzte und den Kopf schüttelte. „Es ist alles in Ordnung. Wir sind im Augenblick nur etwas unterbesetzt, weil einige Kollegen krank fei....ich meine Resturlaub....“
„Ach, seid doch alle beide ruhig!“, sagte eine Polizeibeamtin mit einem müden Lächeln. „Wem machen wir eigentlich noch etwas vor? Die Kollegen kommen nicht mehr, weil sie Angst haben. Viele haben ihre Versetzung beantragt und machen krank, bis sie von hier weg kommen. Und die, die noch kommen, sind hoffnungslos überlastet. Dann direkt vier Tote dieser Art heute Nacht...ein Ehepaar, ein Mann, der mit seinem Hund Gassi ging und ein junges Mädchen, das im Streit mit seinen Eltern aus dem Haus lief....lauter traurige Fälle....und jetzt die Dame hier....“
Ein Beamter lief auf die drei Polizisten, deren Gespräch Frau Igel angstvoll belauscht hatte, zu.
„Es hat noch einen weiteren Toten gegeben. Zwei Häuserblocks weiter....einen jungen Mann, der aus dem Urlaub zurück kam und gerade seine Koffer rein brachte....es sieht so aus, als hätte jemand von der Kirche aus einen Rundgang durch die gesamte Stadt gemacht....Sechs Tote in einer Nacht....“
Frau Igel hatte genug gehört. „Ich hab Ihnen die Beschreibung von diesem Mann ja schon gegeben. Er sah eher aus wie eine....merkwürdige Figur und er hatte etwas auf dem Kopf, das wie Hörner aussah. Aber ich hab ihn ja nur von hinten gesehen. Erinnerte ein wenig an Ritter aus dem Mittelalter....oder eine Statue....wie die, die früher über der Kirche stand!“
Die Polizeibeamten nickten sich wissend zu. „Es greift um sich....er erweitert seinen Radius! Es ist unheimlich, auch wenn ich nicht an unheimliche Sachen glaube. Das muss ein menschlicher, normaler Serientäter sein...aber...“, sagte einer von ihnen und schüttelte dann den Kopf. „Ich möchte doch lieber zur Autobahnpolizei.....“
DU LIEST GERADE
Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...