Kapitel 23

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Die Stimmung war sehr gedrückt, als Gerrit und Jonas am frühen Nachmittag in sicherer Entfernung zur Kirche den Wagen parkten und ausstiegen.
„Wir werden ein Stückchen laufen müssen. Aber in der Nähe von der Kirche möchte ich den Wagen nicht abstellen. Wer weiß, inwieweit da alles beobachtet wird, von wem auch immer!“

Gerrit nickte schweigend und sah sich um. Lichterketten befanden sich in den Schaufenstern und es roch nach etwas, das er nicht wirklich einordnen konnte.

„Was ist das für ein Geruch? Es riecht....gut!“, erkundigte er sich und sah Jonas fragend an. 

Dieser lächelte kurz. „Das sind gebratene Mandeln. Siehst du dort drüben den Stand vor dem Schuhgeschäft? Jedes Jahr um die Weihnachtszeit werden die da verkauft. Der Mann kommt schon seit Jahren her. Bald müsste auch der Weihnachtsmarkt anfangen, leider findet der immer in der Nähe der St. Andreas Kirche statt. Da mache ich mir ein wenig Sorgen. All die Leute, die da hingehen.....“

„Ja, ein gefundenes Fressen für den Dämon....,“ antwortete Gerrit, schwieg aber, als sein Blick auf einen Mann fiel. Er drehte sich zu Jonas um.

„Was ist denn los, Gerrit?“, fragte dieser besorgt und sein blass gewordener Begleiter deutete auf eine Stelle. „Dort drüben.....gerade war er noch da. Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen, den ich kenne....“

„Wen denn?“, erkundigte sich Jonas beunruhigt. „Du kennst hier in der Gegend doch nicht allzu viele Leute. Höchstens Dennis oder Sebastian!“

„Die waren es aber nicht. Ich weiß auch nicht so recht, wahrscheinlich habe ich mich auch getäuscht und jetzt ist er verschwunden. Aber es war merkwürdig.....“, antwortete Gerrit.

„War es jemand, der etwas dämonisches an sich hatte?“, erkundigte sich Jonas unruhig. Gerrit schüttelte den Kopf. 
„Nein, nichts dämonisches. Vielleicht habe ich mich wirklich geirrt. Aber das glaube ich eigentlich nicht.“

„Ich auch nicht,“ antwortete Jonas mit einem Anflug von Ironie. „Ich glaube, die Sätze„Ich habe mich geirrt“, oder „Das kann gar nicht sein“ und vor allem „Das ist ein Zufall“ sollten wir schleunigst aus unserem Wortschatz streichen. Die Erfahrungen der letzten Monate zeigen doch, dass es niemals etwas ein Zufall ist und wir uns nicht so häufig irren, wenn uns etwas merkwürdig vorkommt. An wen hat dich dieser Mann denn erinnert?“

„An jemanden, den ich vor sehr langer Zeit einmal gesehen habe,“ antwortete Gerrit ein wenig ausweichend. 
„Und es war keine schöne Begegnung. Ich will eigentlich gar nicht daran denken. Wir sollten jetzt vielleicht zur Kirche gehen und dort nach dem Dämon suchen!“

Jonas nickte. „Ja, gehen wir zur Kirche. Und hinterher erzählst du mir alles über diesen Mann, den du gesehen hast. Aber wenn es sehr lange her ist, dann müsste er längst tot sein!“

Wann hatte Gerrit den Mann, den er zu erkennen glaubte, das letzte Mal gesehen? Zu seinen Lebzeiten im 16. Jahrhundert? Dann war es in der Tat unwahrscheinlich, ihn jetzt, in der Fußgängerzone, wieder zusehen. Vielleicht handelte es sich doch nur um eine Ähnlichkeit? Aber er wollte nicht so einfach darüber hinweg gehen, trotzdem wurde seine Aufmerksamkeit nun von etwas anderem abgelenkt.

Ein Plakat hing an einem Laternenpfahl  und auf diesem war ein Weihnachtsmann, der vor einem Karussell stand, abgebildet.

„Kurzfristig wurde der diesjährige Weihnachtsmarkt aus gegebenem Anlass auf einen anderen Standort verlegt. Freuen Sie sich auf Glühwein, hübsche Handschnitzereien und eine Nikolausbescherung und kommen Sie zum Parkplatz des Städtischen Baumarktes.“



„Die haben den Weihnachtsmarkt verlegt, ans andere Ende der Stadt! Das ist wirklich ungewöhnlich. Der fand sonst immer in der Nähe der St. Andreas Kirche statt!“, stellte Jonas verwundert fest und Gerrit wirkte ein erleichtert. 
„Vielleicht sind die, die dafür verantwortlich sind, auch misstrauisch geworden und haben darum beschlossen, den Markt dieses Jahr nicht bei der Kirche zu machen. Immerhin sind die Leute in letzter Zeit fast alle in der Nähe gestorben.“

„Ja, da zeigen die Verantwortlichen, die hier in der Stadt das Sagen haben, ja wirklich mal ein wenig Verstand! Das ist eigentlich das Beste, was sie machen können. Ganz ausfallen lassen wollten sie den Markt wohl doch nicht und haben ihn darum verlegt!“, erwiderte Jonas und auch bei ihm machte sich Erleichterung breit. Zumindest würden die Kinder, die jedes Jahr auf den Karussells fuhren und die fröhlichen Glühweinstandbesucher vor dem Dämon weitgehend sicher sein. Auf der anderen Seite fühlte er auch so etwas wie Wut in sich aufsteigen. Wut darüber, dass der Dämon die Leute vertrieb....

Schweigend näherten sie sich der Kirche. „Gerrit, ich werde nicht zusammen mit dir um die Kirche herum gehen! Aber ich bleibe trotzdem so weit es geht in der Nähe.  Der Dämon soll dich aber, sollte er in der Nähe sein, denken, dass du ein ganz normaler Spaziergänger bist. Geh einmal um die Kirche rum, schau dir alles unauffällig an und achte vor allem darauf, dass noch andere Leute da sind. Vor anderen schlägt der Dämon anscheinend nicht zu!“

Gerrit nickte und Jonas sah ihm besorgt nach, als er auf die Kirche zu ging. Er ließ ungefähr zwei Minuten verstreichen, dann folgte er Gerrit, der mittlerweile den Kirchenvorplatz erreicht hatte und sich dort auf eine Bank setzte und zur Kirche hinüber sah.....

Dämonische Statuen - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt