Kapitel 65

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In den frühen Morgenstunden des 7. Februars 2009, einem Samstag, machten sich Jonas und die anderen auf den Weg in die Stadt, in der sie den Höllendämon bekämpfen wollten. Je näher sie der Stadt kamen, desto geringer wurde der Verkehr und schließlich befanden sie sich allein auf einer Landstraße, als sie in die Stadt hinein fuhren.

Glücklicherweise war kein weiterer Schnee mehr gefallen, aber die Luft war schneidend kalt und sie alle hatten sich so warm wie möglich angezogen.
Trotzdem hatten sie darauf geachtet, ihre Kleidung möglichst bequem zu gestalten, damit diese nicht beim Kampf hinderlich war.

„Fehlt noch, dass wir über unsere eigenen Schuhe stolpern oder uns in unseren Jacken verheddern! Wenn es daran scheitert, dann...,“ dachte Jonas, auch, um der Situation wenigstens noch ein wenig Gelassenheit abzuringen.
Aber dies wollte ihm beim besten Willen nicht gelingen, als er den Wagen etwa drei Straßen entfernt von der St. Andreas Kirche parkte.

Die Straßen waren menschenleer, eine Bäckerei und eine Metzgerei sowie ein Blumenladen waren geschlossen und nicht einmal mehr allzu viele Autos standen am Straßenrand. Jeder, der konnte, schien die Stadt, auch außerhalb der alten Stadtmauern, verlassen zu haben.

„Wenn das so weiter geht, dann ist das in Kürze eine Geisterstadt,“ stellte Lucas leise fest und Stefan nickte zustimmend.
„Ja, und wenn wir heute hops gehen, dann ist Deutschland bald ein Geisterland! Oder Europa ein Geistereuropa!“

Jonas verkniff sich einen Kommentar, wie immer wusste er nicht, ob es sich bei Stefans Aussagen um eine Form seines schwarzen Humors oder aber um seine tatsächliche Meinung handelte. Aber lag er mit seiner Bemerkung wirklich so sehr daneben?

Der Dämon würde sich nicht damit zufrieden geben, auf Dauer innerhalb der alten Stadtgrenzen und in den umliegenden Straßen und Häusern der Stadt zu wüten, zumal diese mittlerweile fast gänzlich menschenleer waren.
Nein, früher oder später würde er tatsächlich den gesamten Umkreis tyrannisieren, und hatte es nicht im Grunde schon begonnen? Er konnte sich seine Opfer heran rufen und umso wichtiger war es heute, an diesem kalten Morgen, endlich über ihn zu siegen.

Sie stiegen aus dem Wagen und begannen, die Waffen zu verteilen. Stefan hielt sein eigenes Schwert in den Händen, während Jonas einen Dolch und sein Schwert an sich nahm. Er reichte Lucas den zweiten Dolch, während er an Dennis und Julia die beiden Schwerter, die ihnen Frau Bergbaum überlassen hatte, reichte.

„Allzu viel kann ich nicht damit anfangen,“ stellte Dennis fest und Stefan sah ihn spöttisch an.
„Das ist doch ganz einfach! Du holst einfach aus und haust damit zu! Aber bitte nicht in meine Richtung! Ich will noch ein wenig unter den Lebenden weilen....“

„Tu dir keinen Zwang an, Dennis!“, sagte Lucas mit einem bösen Blick auf Stefan, aber Dennis, sein Bruder und auch der von ihm gehasste Dämonenjäger verkniffen sich einen Kommentar.

Schließlich sah auch Lucas ein, dass nun der falsche Zeitpunkt für einen Streit war.

Statt dessen strich er über seinen Dolch. Diesen hatte er bereits häufiger benutzt und er kam mit dieser Waffe eigentlich recht gut zurecht, auch wenn es erforderte, dass er nahe an den Dämon würde heran gehen müssen.
„Zum Glück weiß Georg....mein Vater, das nicht,“ dachte Lucas. „Der hätte mich sonst wahrscheinlich nicht  mit fahren lassen. Wir haben ihm gesagt, dass ich beim Auto warten würde.....hat er zum Glück, mit Mühe, geschluckt!“

Niemand würde beim Auto warten. Sie waren fest entschlossen, nicht zu fliehen. Sie wollten den Kampf an diesem Tag für sich entscheiden.

Gerrit stand ein wenig abseits von den anderen, auch er hielt sein Schwert in der Hand. Er hoffte, dass diese Waffe wirklich diejenige war, die dem Höllendämon den Garaus machen würde. Was war, wenn der alte Mann und diese Göttin sie belogen hatten? Aber davon ging er im Grunde nicht aus.

Jonas wandte sich nun an Gerrit. „Bist du soweit? Wir müssen los....“

Gerrit nickte und deutete auf die Straße. „Hier ist der Dämon nirgendwo, weder sichtbar noch unsichtbar. Bestimmt befindet er sich wieder an seinem Lieblingsplatz über der Kirche!“

„Ja, dort wird er wahrscheinlich sein. Hoffen wir, dass er  wirklich nicht mit unserem möglichen Auftauchen rechnet, sondern erst dann erscheint oder uns angreift, wenn wir da sind, wo wir sein wollen und jeder seine Position bezogen hat,“ antwortete Jonas und zog Gerrit an seine Seite, ehe er sich zu den anderen umdrehte.
„Wir gehen voran und Gerrit sieht nach, ob er den Dämon irgendwo sieht. Dann müssen wir so schnell wie möglich in Deckung gehen!“

„Wir gehen aber doch auf Umwegen zur Kirche, oder? Also wir werden uns so in diese Sackgasse neben dem Mallorca schleichen, dass er es nicht mitbekommt....“, erkundigte sich Julia und versuchte, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.

„Das werden wir! Dann werde ich ihn dazu bringen, dass er mir genau dahin nach läuft!“, sagte Jonas und Stefan, der die kleine Gruppe von hinten absicherte, nickte zustimmend.
„Dann stelle ich mich, nachdem ich aus meinem Versteck aus dem Eingang von diesem Schuhladen komme, direkt dorthin, wo er wieder hinaus müsste. Und greife ihn von hinten an!“

Stefan lachte kurz auf. „Wie unfair! Hab ich dir schon mal gesagt, dass du dazu gelernt hast, Jonas? Immerhin bist du nicht so blöd und schickst Gerrit dahin, damit er es in einem fairen Zweikampf, wo wir anderen uns raus halten, regelt!“

„Sehr witzig!“, antwortete Jonas nur und nickte Gerrit beruhigend zu. „Stefan wird diesem Dämon eine Abreibung verpassen. Wir anderen werden auch tun, was wir können. Und dann bist du an der Reihe.....“

„Ich weiß,“ murmelte Gerrit bedrückt. „Hoffentlich kriege ich das hin. Ich meine, Engelmann sagte mal, ich sei ein kleiner Feigling....“

„Seit wann hören wir auf Leute wie Engelmann?“, fragte Jonas freundlich. „Denk nicht an ihn. Oder aber, denkt gerade an ihn. Stell dir einfach vor, wie sehr er sich ärgern würde, wenn er wüsste, was du hier treibst! Oder noch besser, stell dir einfach vor, der Dämon wäre Engelmann!“

Gerrit schluckte schwer und Jonas hoffte, keinen Fehler begangen zu haben.

Was war, wenn Gerrit sich wirklich im entscheidenden Augenblick an eine schlimme Situation mit Engelmann erinnern würde? Es gab da sicherlich mehr als genug. Was war, wenn dies ihn im wichtigsten Moment daran hinderte, das Richtige zu tun? Wenn die Erinnerungen ihn lähmten?

„Ich werde das irgendwie schaffen,“ sagte Gerrit leise und ging einen Schritt voran. „Hoffen wir, dass wir niemandem über den Weg laufen. Wäre schwer zu erklären, was wir hier mit den Waffen machen!“

„Die Rolläden sind alle runter gelassen, hier ist niemand mehr,“ sagte Julia und versuchte, das Schwert nicht zu krampfhaft fest zu halten.

Im Ernstfall würde es ihr auch nicht allzu viel nutzen, da ging es ihr wie Dennis. Sie ärgerte sich darüber, sich nicht bereits früher ein wenig Unterricht von Jonas geben zu lassen.

Aber sie fühlte sich mit dem Schwert in der Hand einfach nicht wohl und wusste, dass sie niemals diejenige sein würde, die gegen Dämonen in den Kampf zog.
„Dieses eine Mal nur, dann nie wieder. Ich fürchte, das werde ich künftig wirklich Jonas überlassen müssen....“

Dämonische Statuen - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt