Julia hatte kurz vor Dienstbeginn ihre Mailbox abgehört. Ihre Kollegin Frau Hellenberg sah sie verwundert an. „Stimmt etwas nicht?“
Julia schüttelte den Kopf. „Nein, tut mir leid, Helga. Aber das waren die Eltern von meinem Exfreund. Der scheint in Schwierigkeiten zu stecken. Er hatte in der Vergangenheit einige Probleme und ist gestern nicht nach Hause gekommen!“
Ihre Kollegin, die sie seit kurzer Zeit bei deren Vornamen „Helga“ nannte, sah sie ratlos an. „Das tut mir leid. Aber vielleicht zieht er nur ein wenig um die Häuser oder ist bei einer Freundin hängen geblieben! In seinem Alter sagt man den Eltern ja auch nicht mehr alles!“
„Ich weiß nicht so recht,“ murmelte Julia und kurz entschlossen rief sie bei Sebastians Eltern an und teilte diesen mit, dass sie auch nichts über Sebastians Verbleib wusste.
„Er ist ohne Schuhe aus dem Haus gerannt und trägt nur ein dünnes T-Shirt. Sein Auto hat er auch nicht mitgenommen. Hoffentlich tut er sich nichts an. Er hatte in der letzten Zeit einige Probleme, ist nicht mehr regelmäßig zur Arbeit gegangen und wollte unbedingt weg von hier. Er sollte in zwei Monaten in die Filiale nach Bremen wechseln und hat im Internet schon nach Wohnungen gesucht,.“ sagte Sebastians Mutter bedrückt.
„Und mein Mann und ich haben uns Sorgen gemacht. Wir wollten, dass er zum Arzt geht, am besten zu einem Therapeuten. Wir waren ein wenig grob und haben damit gedroht, ihn einweisen zu lassen. Da ist er aus der Wohnung gerannt!“
„Er kommt bestimmt bald zurück,“ wandte Julia fast ebenso bedrückt ein.
Steckte am Ende die Statue, von der sie noch immer nicht wussten, ob sie nun zurück gekehrt war oder nicht, dahinter? Oder war Sebastian wirklich, so ungern Julia diese Vermutung hegte, durchgedreht und irrte nun ohne Schuhe und nur mit einem dünnen Shirt bekleidet durch die Gegend?
Sicherlich war er doch bei Freunden unter gekommen, oder? Sie beschloss, Jonas anzurufen und erreichte ihn zum Glück am Arbeitsplatz und berichtete ihm von Sebastians Verschwinden.
Dieser wusste sich auch keinen wirklichen Rat und teilte Julias Sorgen.„Aber das ist wirklich merkwürdig. Auf der anderen Seite wollten meine Eltern mich auch mal zum Arzt schleppen. Damals, als sie mich wegen der Statuen-Sache für verrückt hielten. Gut, ohne Schuhe und nur mit Socken wäre ich nicht aus dem Haus gerannt. Aber Sebastian ist sowieso ein wenig....nun ja, sagen wir einmal, nervös. Auf der anderen Seite......“
„Es hat ja auch noch diesen toten Polizisten gegeben, einen Tag, nachdem du die Nacht vor der Kirche verbracht hast,“ wandte Julia ein.
„Und Sebastian hat sich immer in der Nähe herum getrieben und Fotos gemacht. So was mögen Dämonen doch gar nicht. Aber man hat ja keine.....Leiche gefunden. Kein weiterer Toter. Die Statue hätte ihn doch bestimmt nicht irgendwo versteckt, nachdem sie ihn....“
Jonas schwieg. Er und Julia hatten mit Entsetzen auf den Tod des Polizeibeamten reagiert und sie in dem Glauben bestärkt, dass etwas vor ging.
„Damals, bei Gerrit, haben wir uns eingeredet, dass sein Verschwinden nichts mit den Henkern und Engelmann zu tun hätte. Vielleicht hätten wir früher etwas für ihn tun können, wenn wir das nicht so abgetan hätten,“ erinnerte Jonas sich an ein anderes Ereignis, als er zu spät die richtigen Schlüsse gezogen hatte.
„Und ich geredet hätte!“, murmelte Julia schuldbewusst, aber Jonas wehrte dies ab.
„Darum geht es nicht. Wir haben damals gesehen, dass die Henker weg waren und es nicht in Verbindung mit Gerrits Verschwinden gebracht. Ob es sich jetzt mit Sebastian auch so verhält weiß ich nicht. Es stehen immerhin auch noch nicht-dämonische Möglichkeiten zur Verfügung. Aber wir sollten es nicht außer Acht lassen. Ich hoffe nur, er ist nicht.....tot!“
„Hoffentlich nicht,“ sagte Julia leise und beendete unfreiwillig das Gespräch, als zwei Schülerinnen der 7. Klasse herein kamen und Julia um ein Formular baten.
Es dämmerte bereits, als Dennis und Britta von einem Einkauf im Supermarkt nach Hause zurück kehrten.
Dennis trug seine schlafende, nun schon einen Monat alte Tochter Anna-Lena im Autositz die Treppe hinauf in die Wohnung, während Britta mit einem Paket Windeln folgte.
„Ich leg sie ins Bettchen, holst du die anderen Einkäufe, Dennis?“,bat Britta und dieser strich der Kleinen über die Wange. „Ich bin gleich wieder da!“
Britta nahm das schlafende Baby aus dem Autositz und zog ihr das Jäckchen und das Mützchen aus.
Anna-Lena saugte kurz an ihrem Schnuller und schmatzte, als Britta sie ins Babybett, das im Schlafzimmer neben ihrem und Dennis Bett stand, legte.
„Jetzt schläfst du wieder. Bestimmt willst du heute Nacht wieder zweimal deine Milch,“ seufzte Britta.
Sie hatte ihre Mutter am Vortag gefragt, wann Babys anfingen, durch zu schlafen, und diese hatte gelacht und gemeint, dass manche das erst kurz vor der Einschulung taten. Und wenn man sich gerade wieder an den Nachtschlaf gewöhnt hatte, begannen sie damit, in die Disko zu gehen und die Eltern erneut um den Schlaf zu bringen.....
„Du wirst nicht so sein! Hoffe ich wenigstens,“ murmelte Britta und streichelte der Kleinen über die Backe.
„Gleich kommt dein Papa und sagt dir bestimmt noch mal „Gute Nacht!“, dachte sie und räumte kurz darauf die Windeln im Kinderzimmer in einen Schrank.
Sie sah aus dem Fenster und ihre Augen weiteten sich. „Was....warum fährt Dennis noch mal weg? Haben wir was vergessen? Warum sagt er dann nichts?“
Britta wusste nicht, was sie davon halten sollte und irgendwie fühlte sie sich beunruhigt, als sie dem davon fahrenden Wagen hinterher sah. So ein Verhalten passte eigentlich nicht zu ihrem Mann.
„Bestimmt kommt er bald wieder,“ dachte Britta und versuchte, zur Ruhe zu kommen....
Dennis und Britta wussten nichts von den Toten, sie hatten lediglich am Rande etwas von einem Polizisten, der von Schlägern getötet worden sei, mit bekommen.
Anna-Lena hatte ihre gesamte Aufmerksamkeit gefordert.
Eine Kollegin, deren Zwillinge nun bereits bald zwanzig wurden, hatte Dennis einmal lachend erzählt, dass dies normal sei. Nur noch das neue Kind zählte und alles andere wurde nebensächlich. Sie hatte aus diesem Grunde sogar den Fall der Mauer verpasst und drei Tage später nicht gewusst, wovon ihre Cousine, die aus Dresden anrief und einen Besuch mit der ganzen Familie ankündigte, eigentlich sprach.....
Dennis parkte den Wagen auf einem Behindertenparkplatz in der Nähe der St. Andreas Kirche, stieg aus und eilte auf diese zu.
Etwas rief nach ihm......es fühlte sich so an, wie damals, als dieser Dämon ihn schon einmal töten wollte. Aber der war doch verschwunden?
Was ging hier vor? Er hatte gerade die Einkaufstüten aus dem Kofferraum holen wollen, als er den Drang verspürte, zur Kirche zu kommen....
Dennis sah sich noch einmal um und eine Frau in Uniform steckte einen Strafzettel an seinen Wagen. Aber er achtete nicht darauf, sondern stand kurz darauf vor der Kirche.
Mittlerweile war es vollkommen dunkel geworden, auch wenn die Kirchturmglocke erst acht mal schlug.
Ein Mann kam auf ihn zu und sah ihn fast schon mitleidig an. „Das tut mir leid für dich!“
„Warten....Sie...“, bat Dennis stockend und unter Aufbringung all seiner Kräfte. Der Mann schüttelte den Kopf. „Ich kann dir nicht helfen! Und ich muss fort von hier! Ich will nicht hier sein, wenn er.....du weißt schon.....“
Der Mann eilte davon und Dennis wäre ihm gerne gefolgt.
Der Vorplatz der Kirche war menschenleer, als sich über der Tür ein dunkler Schatten zeigte. Dieser nahm schnell deutlichere Konturen an und Dennis stockte der Atem, als ein lautes Lachen erklang.Spielte seine Fantasie ihm einen Streich? Lag er nicht eigentlich im Bett und seine Tochter würde ihn gleich aufwecken, wenn sie ihre nächtliche Milchmahlzeit wollte?
„Du wirst mir auch gehören! Dir wird es so ergehen wie allen, die dem Auserwählten geholfen haben! Und du hast mich damals beleidigt....“, ertönte die Stimme des Dämons und mit einem Satz sprang er hinab und stieß Dennis unsanft zu Boden.
„Du gehörst mir....“
Dennis rechnete damit, dass der Dämon ihn töten, die Seele entreißen, wollte, doch statt dessen packte dieser ihn und hob ihn in die Höhe.
Halb zog und halb trug er Dennis mit sich mit und dieser sah die Mauern der Kirche immer näher kommen.
„Was...bedeutet das?“, dachte Dennis und seine Gedanken überschlugen sich. Was würde aus Britta werden? Würde diese Statue sie auch rufen? Was war mit seiner Tochter?
In seinen Ohren dröhnte das Lachen des Dämons.....
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...