Jonas wusste nicht, was er von dem Gespräch mit dem älteren Herrn halten sollte. Wer war er? Warum wusste der Fremde so viel über ihn?
Hatte er wirklich keine Chance mehr, den Dämon im Kampf zu besiegen? Sicherlich, sein Schwert war bereits vor längerer Zeit zerbrochen und er kämpfte nun mit einem anderen. Konnte wirklich nur der Auserwählte diesen speziellen Dämon besiegen?
Zumindest verstand er nun, warum dieser Fremde so wütend auf ihn zu sein schien. „Weil ich mich verändert habe, kann ich nichts mehr gegen diese Statue ausrichten! Wäre ich noch ein gewöhnlicher Mensch, dann wäre es möglich! Aber ich hab mir das doch auch nicht so ausgesucht! Ich war doch nicht mal wirklich bei Bewusstsein, als es passiert ist! Und sonst wäre ich tatsächlich gestorben. Aber das scheint in den Augen des Kerls ja das kleinere Übel zu sein!“, dachte Jonas und bezahlte schlecht gelaunt seinen und den Kaffee des Fremden.
Er beschloss, zu seinem Vater und seinem Bruder zu fahren und noch einmal zu versuchen, diese dazu zu überreden, nach Raichelbach zu gehen.
Er machte sich auf den Weg zu seinem Wagen, als ein Polizeiwagen mit Blaulicht an ihm vorbei fuhr. Diesem folgte ein Krankenwagen, der ebenfalls die Sirene eingeschaltet hatte.
„Sie fahren zur St. Andreas Kirche,“ dachte Jonas erschrocken. Was wollten sie dort? Hatte der Dämon erneut zugeschlagen? Aber es war doch noch hellichter Tag.....
Jonas machte sich ebenfalls auf den Weg zur Kirche. Eine große Menschenmenge hatte sich dort versammelt und er konnte nicht erkennen, was vorgefallen war, zumal ein Polizeibeamter die Leute aufforderte, zurück zu treten.
„Hier gibt es gar nichts zu sehen,“ sagte der Polizist. „Das war lediglich ein Unfall!“
„Von wegen Unfall,“ murmelte eine alte Frau, die ein kleines Kind an der Hand hatte. „Was ist denn da los, Oma?“, fragte das kleine Mädchen neugierig. „Warum ist die Polizei da? Ist da eingebrochen worden?“
Eine andere Frau mischte sich ein. „Von wegen eingebrochen! Da ist jemand umgebracht worden! Das habe ich vorhin gehört! So eine junge Frau, die war mit ihren Freundinnen da und wollte am Aushang von der Kirche noch nachlesen, wann eine Bekannte heiratet. Die anderen sind schon vorgegangen. Und dann haben die sie laut schreien hören und sind zurück gelaufen. Da lag sie schon da, die Beine gebrochen und tot....“
„Aber wie ist das denn passiert? Das ist doch kein Unfall gewesen. In der Zeitung stand, dass es in der Gegend schon öfter Tote gegeben hat......und das am hellichten Tag! Das muss doch jemand gesehen haben! Wer war das?“, fragte die alte Frau, während das Mädchen an ihrer Hand zog. „Komm, Oma! Ich will ein Eis haben!“
„Für ein Eis ist es viel zu kalt, Celine-Maria!“, sagte die alte Dame bestimmt. „Du kannst einen Kakao haben!“
„Mag ich aber nicht! Und jetzt komm!“, drängelte das Kind und zog die Frau schließlich hinter sich her.
„Eine junge Frau wurde also ermordet! Vorhin? Aber es ist doch Tag,“ entfuhr es Jonas.
Jetzt schlug der Dämon also sogar schon bei Tage zu. War die junge Frau ein zufälliges Opfer gewesen und hatte lediglich das Pech gehabt, allein vor der Kirche zu stehen, als es geschah?
„Der Mann sagte, dass die Stadt irgendwann sicherlich menschenleer sein würde. Die Leute würden sehen, dass sie weg kommen......ich kann das verstehen! Und hoffentlich gehen sie wirklich!“, dachte Jonas bestürzt und ein anderer Mann sprach ähnliche Gedanken laut aus. „Also meine Tochter und mein künftiger Schwiegersohn wollten sich eine Wohnung in der Gegend ansehen! Aber davon werde ich denen abraten! Hier geschehen merkwürdige Dinge! Es hat doch früher schon Tote hier gegeben, da war ich noch Schüler! Eine Lotta Hügel ist hier 1978 unter komischen Umständen gestorben. Ich kannte die, die ging in meine Klasse!“
„Der meint Jessicas Tante,“ dachte Jonas und sagte laut: „Und das war nicht die einzige!“
„Nein, wirklich nicht!“, mischte sich ein weitere Frau ein. „Letztes Jahr sind hier ein paar Mädchen gestorben. Angeblich Herzversagen. Und den ehemaligen Pfarrer, Herrn Bach, hat es auch erwischt. Jetzt werden den Leuten sogar noch die Knochen gebrochen. Schrecklich ist das. Ich glaube, ich gehe hier auch nicht mehr hin, bis man weiß, was dahinter steckt!“
„Hoffentlich schnappen sie den Irren bald! Das muss doch möglich sein,“ rief ein empörter Mann laut an den Polizisten gewandt, der sich nun nicht einmal mehr anstrengte, Ruhe zu bewahren. „Wir tun, was wir können! Einen Kollegen von uns hat es doch auch erwischt!“
„Rede nicht so viel,“ zischte ein anderer Beamter ihn an und wandte sich an die Leute, während der Krankenwagen, nun ohne Blaulicht, davon fuhr.
„Hier ist alles in Ordnung! Wir klären das auf! Bitte räumen sie jetzt den Platz und gehen Sie nach Hause! Und gehen Sie nicht allein.....“
„Nein, allein sollte hier wirklich niemand gehen! Und ich muss meinen Vater und Lucas dazu bringen, von hier zu verschwinden. Job und Schule hin oder her! Es geht nicht mehr anders,“ dachte Jonas und eilte davon.
Auf Umwegen fuhr Jonas durch die Stadt. Er fürchtete, dass der Dämon ihm auf irgend eine Weise folgen und feststellen würde, wo sein Vater und sein Bruder lebten.
Wenigstens befand sich deren Wohnung nicht innerhalb der ehemaligen Stadtmauern, trotzdem stellte dies doch nur einen schwachen Schutz dar.
„Aber sie haben das Kraut in der Wohnung! Schon schlimm, wenn man sich auf ein paar Pflanzen verlassen muss,“ dachte Jonas bedrückt, als er aus dem Wagen stieg.
Kurz darauf saß er mit seinem Vater und seinem Bruder im Wohnzimmer und sah die beiden ernst an. „Ihr müsst fort von hier! Jetzt werden die Leute schon am hellichten Tag ermordet! Das ganze nimmt immer schlimmere Ausmaße an!“
Lucas wurde blass und Jonas nahm an, dass sein jüngerer Bruder am liebsten, ohne zu packen, in den nächsten Zug gestiegen wäre.
Aber Georg schüttelte den Kopf. „Ich habe dir schon mal gesagt, dass das nicht geht! Wie stellst du dir das vor? Ich habe morgen früh eine Besprechung mit dem Chef und einem wichtigen Kunden! Da kann ich nicht fehlen. Ich kann die Sache auch keinem Kollegen überlassen. Und Lucas schreibt nächste Woche eine Englisch und eine Mathearbeit! Hier geht es um seinen Schulabschluss!“
„Was nützt ihm ein Schulabschluss, wenn er von einem Dämon umgebracht wird?“, fragte Jonas und Georg sah seinen Sohn unglücklich an.
„Ich weiß wirklich nicht, was ich glauben soll! Das wird mir alles ein wenig zu viel! Ich habe damals diese CD gesehen, mit dieser Statue in Raichelbach. Aber ich glaube manches einfach nicht. Es fällt mir auf jeden Fall sehr schwer. Ich weiß, es hat Tote gegeben, unter anderem Andys Nachhilfelehrer und deinen ehemaligen Schulkameraden. Aber woher weiß ich denn, was genau dahinter steckt? Weil du es mir sagst? Weil du mir ein paar alte Unterlagen gegeben hast? Bevor ich nicht mit eigenen Augen eine Dämonenstatue sehe, fällt es mir sehr schwer, die Sache zu glauben und einfach meinen Job zu riskieren!“
„Das verstehe ich ja,“ sagte Jonas so ruhig wie möglich. „Aber es geht nicht anders! Bitte überleg es dir doch! Ich weiß nicht einmal, ob dieser Dämon noch an die alten Grenzen gebunden ist! Vielleicht kann er die inzwischen auch schon überschreiten! Und wünsch dir lieber nicht, einen von ihnen zu sehen!“
„Ich möchte auch weg hier,“ mischte sich Lucas ein, der unruhig auf dem dem Sofa hin und her rutschte. „Wolltest du nicht auch noch nach diesem alten Mann suchen? Diesem unfreundlichen Kerl?“
„Den habe ich heute gefunden. Es war kein sehr erfreuliches Gespräch. Er meinte, dass ich nichts gegen den Dämon unternehmen könnte, da ich nicht mehr länger der Auserwählte sei. Teildämonen kommen für die, wer immer sie auch sind, nicht in Frage! Lieber lassen die so einen Dämon weiter wüten. Er meinte sogar, es wäre besser gewesen, ich wäre gestorben, statt mich zu verändern. Jetzt könne ich es nicht mal mehr im nächsten Leben versuchen......“, antwortete Jonas und fühlte sich mit einem Mal sehr müde. „Jetzt würde der Dämon wahrscheinlich immer weiter wüten....“
„Moment mal, was erzählst du da von wegen Teildämon und solchen Dingen? Jonas, was hat das zu bedeuten, du wärst besser gestorben, statt zu einem Teildämon zu werden? Meinst du damals, als dieser Polizist auf dich geschossen hat?Wie meinst du das?“, erkundigte sich Georg besorgt und sah seinen Sohn ungläubig an.
Jonas zögerte einen kurzen Moment. „Vielleicht....sollte ich dir da wirklich etwas erklären.....“
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...