Am nächsten Tag saß Lucas in der Wohnung, die Jonas sich seit kurzem mit Julia teilte und alle blickten auf den Zeitungsartikel, der vor ihnen auf dem Küchentisch lag.
„Armer Alex! Er war ein Ekel. Aber dass man ihn umbringt, hat er nun doch nicht verdient,“ sagte Julia leise, während Jonas schweigend auf das Bild starrte.
„Mir tut vor allem Gunnar leid. Der war wirklich nett. Er hat uns in die Disko mitgenommen und uns bei Mathe geholfen. Auch wenn wir sein Bad putzen mussten, ich mochte ihn irgendwie. Er hatte es ganz bestimmt nicht verdient, ermordet zu werden. Aber war das wirklich bei allen drei der gleiche Täter?“, fragte Lucas bedrückt.
„Ich weiß es nicht,“ sagte Jonas.
„Bei Bernd und Alex könnte es so sein. Die hatten doch öfters Probleme mit der Polizei. Vielleicht haben sie sich wirklich mit den falschen Leuten angelegt und die wollten sie zusammen schlagen. Ihnen eine Lektion erteilen oder so. Aber vor Mord schrecken so Kleinkriminelle meistens doch zurück. Außerdem sind sie ja letztlich nicht an den Verletzungen gestorben , sondern an Herzversagen. Es kann wahrscheinlich wirklich sein, dass jemand vor Angst oder vor Schreck Herzprobleme bekommt. Aber bei allen beiden? Eigentlich bei drei? Das passt wieder auf eine Dämonenstatue. Und Gunnar hat sich, nach allem was du so von Andy weißt, in ganz anderen Kreisen bewegt als Alex und Bernd.“
Julia nickte. „Stimmt. Hat er nicht Jura studiert? Da hatte er wahrscheinlich eher Kontakte zu Mitstudenten von der Uni. Angehenden Anwälten, Ärzten und solchen Leuten. Ganz bestimmt nicht zu so Freizeitkleinkriminellen und Schlägern, wie Alex und sein Kumpel welche waren!“
„Höchstens als künftige Mandanten,“ murmelte Lucas. „Wenn ich daran denke, dass Andy und ich die letzten waren, die ihn noch leben gesehen haben, dann wird es mir schlecht!“
„Das ist doch verständlich! Und dir ist wirklich nichts ungewöhnliches aufgefallen? Ich weiß, du und Andy werdet nicht darauf geachtet haben, aber hat sich vielleicht jemand in der Nähe der Wohnung herum getrieben?“, erkundigte sich Jonas vorsichtig.
Im Stillen war er wütend darüber, dass sein Bruder schon wieder in eine Sache dieser Art verwickelt wurde. Hatte Lucas nicht allmählich ein wenig Ruhe verdient?
„Wahrscheinlich muss ich ihn wie Gerrit nach Raichelbach schicken, damit er zur Ruhe kommt und ein halbwegs dämonenfreiese Leben führen kann. Und selbst da treiben sie sich ja von Zeit zu Zeit rum,“ dachte er und wartete die Antwort seines Bruders ab.
Lucas dachte angestrengt nach, ehe er den Kopf schüttelte. „Nein, ich habe niemanden in der Nähe von Gunnars Wohnung bemerkt. Wir haben im Haus eine junge Frau mit einem Dackel gesehen. Andy meinte noch, die würde er hübsch finden. Die würde ein wenig so aussehen wie die neue Mitbewohnerin von deiner Ex Jessica. Er meinte, das sei eine Nachbarin von Gunnar. Aber die wird ihn ja bestimmt nicht im Park verprügelt haben. Dann sind wir noch einer Frau begegnet, die die Treppe geputzt hat. Aber die war so alt wie unsere Oma. Die wird es wohl auch nicht gewesen sein!“
„Also keine zwielichtigen Typen oder so was,“ stellte Julia fest. „Gut, dann müssen wir mal überlegen, was die drei mit einer Statue zu tun hatten.
„Oder der Statue über der St. Andreas Kirche! Sie sind alle drei innerhalb der alten Stadtmauern gestorben!“, wandte Jonas ein und die beiden anderen sahen ihn nachdenklich an.
„Also glaubst du, dass es was mit der Statue zu tun haben könnte. Aber die hast du doch schon längst besiegt! Können Dämonenstatuen denn zurück kommen?“, fragte Lucas sichtlich beunruhigt.
„Warum nicht? Die aus dem Nachbarort von Raichelbach, die aus Grünenbach, sind doch auch immer wieder zurück gekommen oder neue sind nachgewachsen. Auch noch, nachdem sie von diesem Dämonenjäger im 16. Jahrhundert enthauptet und eigentlich besiegt wurden. Aber das war was anderes. Da war eine Statue in der Wand versteckt und erst als die besiegt wurde, hörte das auf. Hoffe ich zumindest,“ sagte Jonas nachdenklich und fügte hinzu: „Gerrit hat die dann in der Wand gefunden. Er hat sie irgendwie durch die Steine schimmern sehen.“
„Ja, Gerrit und seine Fähigkeit, Dämonen aufzuspüren. Darum beneide ich ihn auch nicht,“ stellte Julia fest.
„Könnte es denn dieses mal genau so sein?“, fragte Lucas und Julia stimmte dem zu. „Immerhin war das einer der einzigen Dämonen, für den du gewissermaßen eine Art Gebrauchsanweisung bekommen hast. Wenn man das denn so nennen kann! Es wäre doch sicherlich erwähnt worden, wenn man ihn nicht nur enthaupten, sondern noch etwas, das in einer Mauer oder sonst wo versteckt wurde, zerstören müsste!“
„Das sehe ich auch so. Aber ich habe trotzdem ein komisches Gefühl bei der Sache. Es könnte natürlich wirklich ein menschlicher Täter dahinter stecken. Immerhin kann es ja auch sein, dass Andy und Lucas nicht alles über Gunnar wussten. Wer weiß, vielleicht kannte er Alex und Bernd doch von irgendwo oder sie hatten die gleichen Freunde. Das wird die Polizei dann hoffentlich raus finden. Oder aber es steckt ein anderer Dämon dahinter. Aber man sagt Frauen ja immer nach, dass ihnen ihr Gefühl oft was sagen würde. Mir geht es jetzt genauso. Das hängt irgendwie mit dieser Kirche und dem Dämon zusammen, dann war da ja auch noch dieser Sturm am Jahrestag. Außerdem gibt es noch eine andere Sache!“, teilte Jonas den anderen seine Überlegungen da und versuchte seine eigenen Gedanken zu ordnen.
Lucas nickte. „Du meinst diesen Trottel, der mich so blöd angemacht hat! Der, der meinte, dass du....“
„Dass ich widerlich sei! Genau den meine ich. Und nach dem, was du mir über ihn erzählt hast, ist das der gleiche, der mich schon angestarrt hat. Wenn dem so ist, scheint der über mich und meine Familie Bescheid zu wissen! Kein schöner Gedanke! Vielleicht ist er ja der Dämon!“, antwortete Jonas schlecht gelaunt.
„Jonas, glaubst du das wirklich? Dass das ein Dämon ist, der sich in einen Menschen verwandelt hat? Oder jemand wie du und Stefan? Bezieht sich die Bezeichnung „widerlich“ darauf?“, erkundigte sich Julia besorgt und griff nach der Hand ihres Freundes. „Und nimm dir das bitte nicht zu Herzen!“
„Mache ich nicht! Da bin ich doch ganz andere Beleidigungen gewohnt!“, sagte Jonas spöttisch und grinste Julia mit einem Mal an. „Unter anderem von dir!“
„Stimmt ja. Aber dass ein alter Mann so was sagt...“, murmelte Julia schuldbewusst. „Ich hab das doch nie so gemeint....wir waren Kinder....“
„Nach dem sollten wir uns auch umsehen! Und das wird eine lange Nacht werden! Heute ist Donnerstag Abend. Ich werde morgen wohl sehr übermüdet zur Arbeit kommen! Ich werde die Nacht nämlich vor dieser Kirche verbringen!“, sagte Jonas. Er strich Julia über die Wange und die beiden anderen sahen ihn ohne sonderliche Begeisterung an.
„Aber nicht allein, oder?“, fragte Lucas besorgt, doch sein Bruder schüttelte den Kopf. „Dieses Mal muss es sein! Wir müssen uns noch überlegen, wo ihr beiden bleibt. Am besten außerhalb der alten Stadtgrenze. Dieser Dämon, wenn es denn einer ist, scheint sehr brutal zu sein. Und bisher habe ich nur tagsüber nachgesehen, ob die Statue wieder da ist. Vielleicht erscheint sie ja nur Nachts und streift durch ihr altes Gebiet!“
„Wir bleiben im Wagen sitzen, präparieren den mit Eisenkraut und warten irgendwo, wo du uns im Notfall schnell erreichen kannst!“, sagte Julia mit einem Mal bestimmt. „Du kannst ja zum Glück schneller laufen als früher. Und wenn du mit dem nicht fertig werden solltest....“
„Warum nicht fertig werden? Jonas ist stärker als früher! Jetzt müsste das doch eigentlich besser klappen, falls es den Dämon noch gibt. Und falls es ein ganz anderer ist, dann kommt er mit dem bestimmt noch besser zurecht!“, wandte Lucas ein.
Jonas gab nach. „Na gut, aber ihr wartet irgendwo, wo ihr vor allem schnell weg fahren könnt! Und im Ernstfall macht ihr das auch! Dann seht ihr zu, dass ihr aus der Stadt verschwindet!“
„Wir wissen ja noch gar nicht, ob es überhaupt eine Dämonenstatue ist! Und ob sie wirklich was mit dem an der Kirche zu tun hat.....“, wandte Julia hoffnungsvoll ein.
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...