Kapitel 13

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Am späten Vormittag saßen Jonas und Julia einer verweinten Britta in deren Wohnzimmer gegenüber. In einem lilafarbenen Stubenwagen schlief die kleine Anna-Lena und schien sich nicht sonderlich um das zu kümmern, was um sie herum geschah.
„Ich habe, kurz bevor ihr kamt, mit meiner Mutter telefoniert. Die meinte, es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Dennis genug von der ganzen Situation habe. Wir wären noch viel zu jung für ein Baby gewesen und da sei er einfach ausgebrochen. Er würde schon zurück kommen und dann sollten wir überdenken, ob unsere Beziehung einen Sinn habe....“, schniefte Britta und Julia reichte ihr tröstend ein Taschentuch. „Ich glaube nicht, dass Dennis so was machen würde. Wir befürchten...etwas anders!“

„Was denn?“, schluchzte Britta unglücklich. „Was ist mit Dennis los? Bitte sag jetzt nicht, dass du glaubst, er würde fremd gehen! Das macht er nie im Leben!“

„Nein, nicht fremd gehen!“, sagte Jonas leise. Er war sich unsicher, ob sie Britta ins Vertrauen ziehen sollten. Auf der anderen Seite handelte es sich bei Dennis um ihren Mann und hatte sie nicht ein Recht, zu erfahren, was geschehen war?

„Was ist mit Dennis los! Bitte, du musst es mir sagen, Jonas. Ich weiß, ich war nicht immer nett zu dir. Aber ich muss wissen, was mit Dennis ist! Anna-Lena und ich brauchen ihn doch!“, sagte Britta und putzte sich die Nase.

„Wir glauben, dass es etwas mit dieser Statue zu tun hat, gegen die ich im letzten Herbst gekämpft habe. Dieser Statue, die über der Kirche stand!“, sagte Jonas und Britta wurde blass. „Aber die ist doch weg! Die hast du doch zerstört!“
„Das dachte ich auch. Aber es gibt ein paar Hinweise, dass sie zurück gekehrt sein könnte. Erinnerst du dich an den Sturm am 17. Oktober? Das war am Jahrestag. Gerrit erwähnte, dass mit dem Sturm etwas nicht stimmen würde. Er erkennt Dämonen, wenn er sie sieht. Auch dieser Sturm hatte etwas dämonisches an sich. Und es hat Tote geben, die angeblich an Herzversagen starben. Einige von ihnen haben die Statue, auch wenn sie nicht  mehr da stand, beleidigt.....“

„Aber was will sie dann von Dennis und Sebastian? Und....oh mein Gott!“, entfuhr es Britta und für einen Augenblick befürchtete Julia, ihre Freundin würde zusammen brechen, doch dann fing sie sich wieder.
„Das ist eigentlich eine sehr blöde Frage! Dennis, Sebastian, Julia und ich haben dir damals geholfen, als du ihr das erste Mal den Kopf abgeschlagen hast! Wenn sie wegen ein paar kleinen Beleidigungen schon Menschen umbringt, was wird sie dann erst mit uns....“

„Du hast recht,“ antwortete Julia erschrocken. „Vielleicht sind Sebastian und Dennis schon....aber man hat ihre Leichen ja nicht gefunden...“

„Julia, bitte! Du sprichst hier von meinem Dennis!“, schluchzte Britta verzweifelt.

Jonas hatte sich unterdessen erhoben und sah sich im Wohnzimmer um. „Du hast überall Eisenkraut, sehr gut. Dann dürfte es hier einigermaßen sicher sein! Bleib vorerst in der Wohnung, und am besten bleibt Julia bei dir! Wenn die Statue auch hinter euch her ist, müssen wir uns was überlegen!“

„Und was wirst du machen? Wenn die uns schon will, dann will sie dich doch erst recht! Und warum hat sie sich dann nicht auf dich gestürtzt, als du wie auf dem Präsentierteller die Nacht vor der Kirche verbracht hast?“, erkundigte sich Julia beunruhigt.

Jonas sah sie eindringlich an. „ Vielleicht gehört das alles zu einem grausamen Spiel, dass das Ding mit uns spielt. Ich glaube, wir haben es hier nicht mit einem normalen Dämon zu tun. Dieser ist anders.Bitte bleibt hier in der Wohnung! Ich werde jetzt in die Stadt fahren und nach einer Spur von Dennis und Sebastian suchen! Und Britta, sag mir doch mal, was für eine Wagen ihr fahrt! Und das Nummernschild. Vielleicht sehe ich ja das Auto irgendwo stehen!“

Widerwillig ließ Julia ihren Freund gehen, Auch wenn es heller Tag war gefiel ihr der Gedanke, dass Jonas in die Stadt in die Nähe der Kirche ging, ganz und gar nicht. Sie sah in Brittas verweintes Gesicht, als diese das Baby, das mittlerweile aufgewacht war, aus dem Stubenwagen hob. Sie wusste, dass sie nicht so traurig dasitzen wollte.....



Dennis erwachte und um ihn herum war alles dunkel. Wo war er? Und warum tat sein Kopf weh? 

Die Luft roch muffig und er streckte die Hand aus. Diese berührte eine kalte Mauer. Er tastete an der Wand entlang, sie bestand aus großen, steinernen Quadern.
„Wo bin ich hier?“, murmelte er und hörte nun, dass sich jemand neben ihm bewegte und aufsetzte. 

„Ist da jemand?“, erklang eine Stimme, die er von irgendwo her kannte.

„Ja, wer ist da?“, fragte Dennis und nun berührte er jemanden. Der andere schrie gequält auf. „Mein Arm...“

„Wie heißt du?“, fragte Dennis und wünschte, etwas sehen zu können. „Ich bin Dennis!“

„Dennis? Ich bin es, Sebastian!“, antwortete der andere und stöhnte. „Mein Arm ist gebrochen und tut weh. Wie lange sind wir schon hier? Und wo sind wir?“

Dennis Erleichterung, wenigstens mit einem Bekannten an diesem unheimlichen Ort zu sein, wich einer schrecklichen Erinnerung. 
„Die Statue! Sie ist zurück gekehrt. Sie hat mich gepackt und dann weiß ich irgendwie nichts mehr!“

„Mir hat er den Arm gebrochen. Und dann hat er mich hinter sich her geschleift. Ich hab dann auch irgendwann das Bewusstsein verloren. Aber wo wir jetzt sind, weiß ich nicht. Es ist hier wie in einem Grab!“
„Sag so was nicht,“ bat Dennis unsicher und dachte an Britta und seine Tochter. „Will sich die Statue an uns rächen? Weil wir Jonas letztes Jahr geholfen haben?“

„Ich weiß das nicht. Ich will das auch gar nicht wissen! Ich will raus hier!“, schrie Sebastian mit einem Mal und schlug mit seiner unverletzten Hand an die Wand. „Ich will hier raus!“

Dennis stand vorsichtig auf. Zumindest oben herum war genügend Platz und damit verschwand ein wenig die Befürchtung, dass sie sich in einem Grab befinden könnten.
„Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren,“ dachte er, während Sebastian verzweifelt zusammen sackte und noch einmal „Ich will hier raus,“ stammelte.
Dennis wurde sich bewusst, dass mit Sebastians Hilfe momentan nicht zu rechnen war. Er begann, die Wand abzutasten. Schließlich erreichte er eine Ecke und tastete diese ab. Nach kurzer Zeit wusste er, dass sie sich in einem viereckigen Raum befanden, doch eine Tür hatte er nicht entdecken können. „Hier gibt es nirgendwo einen Ausgang,“ dachte er mit wachsender Panik und streckte eine Hand in die Höhe. Etwa eine halbe Armlänge über seinem Kopf stieß Dennis an eine steinerne Decke.

„Überall ist Stein,“ murmelte er und ließ sich neben Sebastian auf den Boden gleiten. „Hier kommen wir allein nicht raus!“

„Mein Arm....“, klagte Sebastian noch einmal und Dennis bemerkte, dass der andere am ganzen Körper zitterte. Er zog seine Jacke, die er glücklicherweise noch trug, aus, und legte sie um Sebastians Schultern.



Jonas parkte seinen Wagen in der Nähe der Kirche und stieg aus. Wie oft war er in der letzten Zeit bereits dort gewesen und hatte nach dem Dämon gesucht? Nun musste er nach Dennis und Sebastian suchen, deren Verschwinden ihm zu schaffen machte. 

Doch es waren nicht die beiden Verschwundenen, die er aus einem Café kommen sah, sondern Lucas verließ in Begleitung eines Fremden das Haus.

„Wer ist das denn?“, dachte Jonas besorgt, als der Mann Lucas eine Hand auf die Schulter legte, die dieser aber abschüttelte.
Der Fremde sah seinen Bruder noch einmal an, reichte ihm dann die Hand und ging davon. Lucas blieb mit einem bedrückten Gesichtsausdruck zurück.

„Lucas! Ist alles in Ordnung? Ruft dich der Dämon?“, sagte Jonas, als er auf seinen Bruder zu eilte. Die Tatsache, dass dieser sich in der Nähe der Kirche aufhielt, beunruhigte ihn.

Aber Lucas schüttelte den Kopf. „Nein, keine Statue!“

„Wer war das denn? Dieser Mann, mit dem du gesprochen hast?“, erkundigte sich Jonas ein klein wenig beruhigter. Lucas machte nicht den Eindruck, als würde er unter einem fremden Einfluss stehen.

„Das war Frank! Frank Schröder. Er war mal mit meiner Mutter zusammen. Ich glaube, ich hab ihn mal erwähnt. Er besucht hier seine Tante und ihren Dackel.....und ich hab ihn auf dem Friedhof getroffen. Er hat mich ins Café eingeladen. Es ist ja Tag und da kann wohl nichts passieren, auch wenn es in der Nähe der Kirche ist,“ sagte Lucas und ein bedrückter Unterton schwang in seiner Stimme mit.

„Und was wollte er?“, erkundigte sich Jonas. Was hatte der ehemalige Stiefvater seines Bruders jetzt bei diesem zu suchen? Hatte der sich nicht jahrelang nicht um ihn gekümmert?
„Mit Vätern hat der arme Lucas wirklich kein Glück,“ dachte Jonas bedauernd.

Lucas zuckte die Achseln. „Er wollte nur reden. Sich entschuldigen, dass er sich nicht  mehr gemeldet hat und so. Er fährt heute Abend nach Berlin zurück und hat mich gefragt, ob ich ihn mal besuchen will. Er möchte mit mir zum Fussball gehen. Das haben wir früher schon mal gemacht. So richtig mit Fan-Kleidung und so.“

„Und, wirst du ihn besuchen?“, frage Jonas aber Lucas schüttelte den Kopf. „Ich weiß noch nicht. Zum eine ist da seine neue Familie. Die würden sich bestimmt nicht freuen, wenn ich komme. Und vielleicht....stört es euch ja!“

„Ja, es stört mich wirklich! Wir sind doch jetzt deine Familie!“, dachte Jonas mit einem Anflug von Eifersucht. Was wollte dieser Kerl nach all der Zeit von seinem kleinen Bruder, den er doch ins Herz geschlossen hatte? 

Doch dies sagte er Lucas nicht. „Es wäre nur normal, wenn du ihn besuchen wolltest. Immerhin hat er dich jahrelang groß gezogen.....“

Lucas sah zu Boden, ehe er das Thema wechselte. „Was machst du eigentlich hier?“

„Es geht um Dennis und Sebastian! Die sind beide verschwunden! Ich fürchte, der Dämon steckt dahinter. Ich suche, ob ich eine Spur von ihnen finde!“, beantwortete Jonas die Frage seines jüngeren Bruders.

„Ich helfe dir,“ bot Lucas an und deutete auf ein Auto, das auf einem Behindertenparkplatz geparkt worden war.
„Der hat ja schon drei Knöllchen! Bald schleppen die den ab!“

Jonas nickte und ging auf den Wagen zu. „Das darf ja nicht wahr sein! Das ist Dennis Wagen! Also ist er tatsächlich nach hier gefahren!“
„Oh nein,“ murmelte Lucas, als sie den Wagen erreichten.Er rüttelte an der Fahrertür und sie öffnete sich. „Da ist nicht mal abgeschlossen und der Schlüssel steckt auch noch!“

Jonas nickte. „Ich fahre den jetzt erst mal von hier weg und parke den um! Sonst schleppt man den wirklich noch ab!“
Jonas startete den Wagen und parkte ihn kurz darauf neben seinem eigenen Auto.
„Das ist also der Beweis! Dennis ist tatsächlich hier gewesen und hat den Wagen dann ziemlich schnell verlassen! Bleib du hier, Lucas! Ich werde jetzt auf die andere Seite der Kirche gehen. Ich will nicht, dass die Statue, wenn sie irgendwie dort sein sollte, auf dich aufmerksam wird. Sie soll nicht bemerken, dass du zusammen mit mir hier bist! Beim letzten Mal, als ich sie getötet habe, warst du nicht dabei. Vielleicht weiß das Ding noch nichts von dir!“

Widerwillig blieb Lucas zurück, während Jonas die Kirche umrundete und schließlich den Haupteingang erreichte.

Außer ihm befanden sich ein paar Teenager auf dem Vorplatz der Kirche, doch diese eilten davon, als ein heftiger Windstoß durch ihre Haare fuhr. 

Jonas sah auf und erstarrte. Über der Kirchentür stand, mit rot leuchtenden Augen, die Dämonenstatue und sah ihn höhnisch an.....

Dämonische Statuen - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt